Roulette des Herzens
Park gewesen war.
Im Haus war es still, als sie Lisette in den Ostflügel folgte, wo die privaten Gemächer der Gastgeber lagen. Um neun Uhr war es für die Gäste noch zu früh zum Aufstehen. Nur die Dienstboten waren schon auf den Beinen, putzten Staub, leerten Nachtgeschirre, trugen Armladungen von Feuerholz, säuberten Kamine und machten Feuer.
Lisette führte Miss Fielding in einen kleinen Salon, der in weißen und blauen Tönen gehalten und mit eleganten Möbeln im Sheraton Stil eingerichtet war. Sie lächelte sie aufmunternd an und zog sich zurück. Sara betrat den leeren Raum und ging zu dem halbmondförmigen, an der Wand stehenden Tisch. Darauf standen etliche Tierfiguren aus geschnittener Jade, Elfenbein und Lapislazuli. Sie nahm einen kleinen Jadeelefanten hoch und betrachtete ihn eingehend. Sie zuckte zusammen, als sie jemanden hinter sich hörte.
»Wie geht es dir heute Morgen?« fragte Derek.
Sie stellte die Figur hin und drehte sich langsam um. »Ich habe Lady Wolverton erwartet.«
Er sah aus, als hätte er die ganze Nacht kein Auge zugetan. Sara bezweifelte, dass er die Sachen gewechselt hatte, da sie zerknautscht und verknittert waren. Sein schwarzes Haar war vollkommen in Unordnung, als hätte er es sich in der Nacht hundertmal zerrauft. »So, wie die Dinge liegen, kann Lily nicht viel tun, um dir zu helfen. Aber ich kann dir helfen.«
Sara war perplex. »Ich brauche niemandes Hilfe. Ich reise heute Morgen ab, und … Was hast du da in der Hand?«
Sie starrte das Blatt Papier an, auf dem Mr. Cravens Handschrift zu sehen war.
»Das ist eine Liste.« Plötzlich ging er geschäftsmäßig auf Miss Fielding zu und schob die geschnitzten Figuren beiseite. Er legte das Papier auf den Tisch, strich es glatt und bedeutete Sara, es sich anzusehen. »Das sind die Namen der zwanzig begehrtesten Junggesellen des Landes, und zwar in der Reihenfolge, wie sie zu bevorzugen sind. Sollte keiner dir genehm sein, verlängern wir die Aufstellung, wenngleich diese Männer vom Alter und Wesen her die geeignetsten sind.«
»Was?« Ungläubig starrte Sara Derek an. »Du willst mich verheiraten?« Verdutzt lachte sie auf. »Warum, in aller Welt, sollte einer dieser Herren um meine Hand anhalten?«
»Such dir einen Mann aus. Ich besorge ihn dir.«
»Wie?«
»Es gibt keinen Mann im Land, der mir nicht den einen oder anderen Gefallen schuldet.«
»Es ist nicht nötig, Derek … Das ist absurd …«
»Du hast keine andere Wahl«, unterbrach er brüsk.
»O doch!« widersprach Sara heftig. »Ich kann mich dazu entscheiden, überhaupt nicht zu heiraten, und nach Greenwood Corners zurückkehren, wo ich hingehöre.« Sie wich zurück, als Derek versuchte, ihr die Liste in die Hand zu drucken. »Ich will mir diese Namen nicht ansehen. Ich kenne keinen dieser Männer. Ich will keinen Fremden heiraten, nur um dem Anstand Genüge zu tun. Mein Ruf bedeutet mir oder sonst jemandem wirklich nicht so viel.«
»Die Nachricht von diesem Zwischenfall wird in dein Dorf gelangen. Du weißt, was die Leute über dich sagen werden.«
»Mir ist es gleich, was sie über mich reden werden. Ich kenne die Wahrheit, und das wird mich aufrecht erhalten.«
»Selbst dann, wenn dein kostbarer Mr. Kingswood dich hochnäsig ansehen wird, weil du eine ruinierte Frau bist?«
Die Frage ließ sie zusammenzucken. Sie malte sich aus, wie er und seine Mutter sie unter dem Mantel christlicher Tugend mit verächtlichem Mitleid behandeln würden. Dennoch nickte sie entschlossen. »Ich werde jede Last tragen, die Gott der Herr mir aufzubürden gedenkt. Ich bin stärker, als du denkst, Derek.«
»Du musst nicht stark sein. Heirate! Lass deinen Mann dein Schutzschild sein. Jeder dieser hier auf der Liste stehenden Männer hat die Mittel, dir und deinen Eltern ein Leben in Luxus zu ermöglichen.«
»Luxus ist mir gleich. Ich kann mir immer noch meine Prinzipien leisten. Ich lasse mich nicht an irgendeinen unwilligen Verehrer verschachern, nur um meinen guten Namen zu retten.
»Niemand kann sich ständig Prinzipien leisten.«
Angesichts Dereks unübersehbar wachsender Ungeduld wurde Sara noch ruhiger. »Ich kann es. Und ich könnte nie einen Mann heiraten, den ich nicht liebe.«
Derek knirschte mit den Zähnen. »Jeder kann das!«
»Ich bin nicht jeder!«
Er unterdrückte eine unschmeichelhafte Bemerkung und rang um Selbstbeherrschung. »Willst du die Liste nicht wenigstens einmal ansehen?« fragte er verbissen.
Sara ging zu ihm und blickte auf
Weitere Kostenlose Bücher