Roulette des Herzens
so scheußlich schmeckte. Zaghaft nippte sie noch einmal am Glas und dann noch mal.
Als sie Mr. Craven das Glas zurückgeben wollte, wehrte er ab. »Nein, trinken Sie weiter.«
Lily zog einen Sessel zum Bett und setzte sich. Sie nahm das juwelenbesetzte Stirnband ab und rieb sich geistesabwesend die Schläfen. Angesichts Miss Fieldings beunruhigtem Blick rang sie sich zu einem trockenen Lächeln durch. »Nun, jetzt haben Sie Ihren ersten Skandal. Keine Angst, Derek und ich sind alte Hasen, was so etwas betrifft. Wir werden uns um alles kümmern.«
Sara nickte unsicher und hob das Glas an die Lippen. Je mehr sie trank, desto leichter fiel es ihr den Whisky hinunterzuschlucken. Schließlich wurde ihr sehr warm, und sie fühlte sich ein wenig schwindlig. Erschöpft schloss sie die Augen und nickte ein.
Mr. Craven und Lady Wolverton begannen sich zu unterhalten und machten beiläufige Bemerkungen über den Ball, die Gäste und das Wetter.
Er dämpfte die Stimme und merkte, dass bei Miss Fielding der Whisky seine Wirkung tat. Die Lider waren ihr zugefallen, und sie atmete tief und gleichmäßig. Ihr Haar lag ausgebreitet auf dem Kopfkissen, und ihre langen Wimpern lagen auf den Wangen. Sicher, dass sie schlief, streichelte er ihr die Handfläche mit einer Fingerspitze und staunte über ihre weiche Haut.
Einigermaßen erstaunt beobachtete Lily ihn. »Du liebst sie. Bis zu diesem Augenblick hätte ich nicht wirklich gedacht, dass dir so etwas widerfahren könnte.«
Er schwieg, nicht imstande, die Wahrheit zuzugeben.
»Miss Fielding ist in ernsten Schwierigkeiten«, fuhr Lily fort.
»Nein, ich bin rechtzeitig hergekommen. Der Hundsfott hat ihr nicht weh getan.«
»Denk nach, Derek«, sagte Lily gedämpft und eindringlich. »Es ist nicht von Bedeutung, ob Granville sie wirklich vergewaltigt hat oder nicht. Niemand wird sie jetzt noch haben wollen. Niemand wird glauben, dass sie nicht geschändet wurde. Die Gerüchte werden sie bis in ihr Dorf verfolgen. Die Leute werden klatschen und sie bis an das Ende ihres Lebens quälen. Mütter werden ihre Kinder von Miss Fieldings schlechtem Einfluss fernhalten. Sie wird eine Ausgestoßene sein. Du hast keine Ahnung, wie rückständig diese Leute sind. Ich bin auf dem Land großgeworden und weiß, wie es dort zugeht. Falls ein Mann sich herablassen sollte, Miss Fielding zu heiraten, wird er sie wie ein getragenes Kleidungsstück betrachten. Sie wird ihm für den Rest ihres Lebens dankbar sein und die Art von Behandlung ertragen müssen, die er ihr gegenüber für richtig hält. Gott, hätte ich sie doch nie eingeladen!«
»Ja, hättest du nicht!« warf Derek kalt ein.
»Nun, woher sollte ich wissen, dass Granville es sich in den Kopf setzen würde, so etwas zu tun?«
Derek schluckte schwer und sah Lady Wolverton nicht mehr so vorwurfsvoll an. Er schaute die neben ihm Schlafende an und wickelte sich eine ihrer seidigen Locken um den Finger. »Sag, mir, was jetzt zu tun ist.«
»Um Miss Fielding wieder respektabel zu machen?« Hilflos zuckte Lily mit den Schultern. »Wir suchen jemanden für sie, der sie heiratet, je früher, desto besser.« Sie warf Derek einen boshaften Blick zu. »Fallen dir passende Kandidaten ein?«
Sara wurde früh wach und starrte verständnislos an die ihr fremde Zimmerdecke. Sie brauchte etliche Minuten, bis sie sich erinnerte, wo sie sich befand. Sie rieb sich die Augen und stöhnte kläglich, da sie fürchterliche Kopfschmerzen hatte. Ihr war ziemlich übel. Behutsam verließ sie das Bett und griff nach ihrem grauen Kleid.
Nachdem sie sich gewaschen, angezogen und das Haar im Nacken zu einem Knoten geschlungen hatte, läutete sie.
Lisette erschien, mit einem mitleidigen Ausdruck im Gesicht, der offenkundig machte, dass sie über den vergangenen Abend Bescheid wusste.
Blass und beherrscht lächelte Sara flüchtig. »Ich brauche Ihre Hilfe, Lisette, damit ich meine Sachen packen kann.«
Sie wies auf ihre Kleidungsstücke. »Ich fahre so schnell wie möglich nach Hause.«
Die Zofe begann zu schwatzen, wies auf die Zimmertür und erwähnte Lady Wolverton.
»Sie wünscht, mich zu sehen?« fragte Sara erstaunt.
Lisette strengte sich an und antwortete in Englisch: »Ja, bitte, Mademoiselle.«
»Gewiss«, erwiderte Sara, obwohl sie nicht den Wunsch hatte, sich an diesem Morgen mit Ihrer Ladyschaft oder sonst jemandem zu unterhalten. Am liebsten wäre sie sang- und klanglos verschwunden und hätte zu vergessen versucht, dass sie je in Raiford
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