Roulette des Herzens
anziehend finden. Was haben Sie soeben gesagt? Sie sind ›flachgelegt‹ worden? Ist das ein Begriff aus der Boxersprache? Waren Sie früher Boxer?«
Wichtigtuerisch blähte der Mann die Brust. »Selbst jetzt könnte ich noch jedem Klopper eins auf die. Rübe geben.
Man strömte herbei, um mich bei einem Kampf zu erleben, in Sussex, Newmarket, Lancashire.« Stolz wies er auf seine Nase. »Sie wurde mir dreimal gebrochen. Fast jeder Knochen in meinem Gesicht war kaputt. Einmal hat man mir beinahe das Gehirn aus dem Schädel geschlagen.«
»Wie faszinierend!« rief Sara aus. »Ich habe nie einen Boxer kennengelernt und war nie bei einem Boxkampf.«
»Ich nehme Sie zu einem mit.« Er drosch durch die Luft. »Es geht nichts über einen guten Kampf, besonders dann, wenn man im Claret schwimmt.« Angesichts der verständnislosen Miene der Frau erläuterte er grinsend: »Wenn man Im Blut schwimmt.«
Angewidert schüttelte sie sich. »Ich kann kein Blut sehen.«
»Aber der Anblick von Blut macht die ganze Sache doch erst aufregend. Im Verlauf eines Kampfes habe ich es eimerweise verloren. Eine Rückhand, und sssch …« Der Mann tat so, als spritze ihm das Blut aus der Nase. »Man verdient mehr, wenn man blutet. Ja, das Boxen hat mich zu einem reichen Mann, gemacht.«
»Und welche Tätigkeit üben Sie jetzt aus?«
Er zwinkerte verschlagen. »Ich habe eine Spielhölle in der Bolton Row.«
Sara hustete und stellte das Glas ab. »Sie haben einen Spielclub?«
Der Mann ergriff ihre Hand und küsste ihr den Handrücken. »Ivo Jenner. Zu Ihren Diensten, Ma’am.«
Sie hob die Maske an und starrte ihn ungläubig an. Das verschmitzte, Funkeln in seinen Augen schwand und wurde, als er ihr Gesicht sah, durch einen überraschten Ausdruck ersetzt. »Was für eine Schönheit Sie sind«, murmelte er.
Plötzlich brach sie in Lachen aus. »Mr. Ivo Jenner? Sie sind überhaupt nicht so, wie ich Sie mir vorgestellt habe.
Sie sind eigentlich ziemlich charmant.«
»Ja, ich charmiere Ihnen heute Abend noch die Höschen vom Leib, falls sich mir auch nur die kleinste Möglichkeit dazu bietet.« Er näherte, sich der Frau und füllte ihr das Glas nach.
»Sie sind ein Schurke, Mr. Jenner.«
»Ja, das bin ich«, gab er bereitwillig zu.
Sie ignorierte den Wein, lehnte sich an die Wand und kreuzte die Arme vor der Brust. »Ich denke, Sie täten gut daran, Mr. Jenner, so schnell wie möglich zu verschwinden. Mr. Craven sucht nach Ihnen. Warum sind Sie heute Abend hergekommen? Ich nehme an, um Unheil zu stiften, nicht wahr?«
»Ich dächte nicht daran!« Die Unterstellung schien Mr. Jenner arg gekränkt zu haben.
»Ich habe von den Angestellten gehört, dass Sie dauernd versuchen, Spitzel hier unterzubringen und die Polizei rufen, die dann während des Hauptbetriebes eine Razzia macht. Gerüchten zufolge haben Sie im letzten Jahr sogar dafür gesorgt, dass in der Küche ein Brand ausbrach.«
»Verdammte Lügen!« Mr. Jenners Blick schweifte über die halbentblößten Brüste der Frau. »Es gab keinen Beweis, dass ich etwas mit dem Feuer zu tun hatte.«
Argwöhnisch schaute Sara ihn an. »Manche Leute mutmaßen sogar, dass Sie Männer angeheuert haben, die Mr. Craven im Elendsviertel angegriffen und ihm das Gesicht zerschnitten haben.«
»Nein«, widersprach Ivo indigniert. »Das war ich nicht. Jeder weiß von Mr. Cravens Vorliebe für stinkvornehme Weiber. Es war eine Frau, die ihm das angetan hat.« Ivo schnaubte verächtlich. »Zieh eine Katze am Schwanz, und sie kratzt dich. Genau das ist mit Mr. Cravens Gesicht passiert.« Er lächelte unverschämt. »Vielleicht waren Sie das, ja?«
»Ich war es nicht«, antwortete Sara verärgert. »Zum einen habe ich keinen Tropfen blauen Blutes in mir, und das macht mich für Mr. Craven vollkommen uninteressant.«
»Das macht Sie mir noch sympathischer, Liebchen.«
»Zum anderen würde ich nie daran denken, das Gesicht eines Mannes zerschneiden zu lassen, nur weil er mich nicht will«, fuhr sie unbeirrt fort. »Und ich würde nicht hinter jemandem herjagen, der mir den Laufpass gegeben hat. Dazu bin ich viel zu stolz.«
»Das ist gut so.« Ivo, Jenner lachte verhalten. »Sie sind ein flottes Frauenzimmer. Vergessen Sie Mr. Craven.
Lassen Sie mich Sie an einen besseren Ort bringen, in meinen Club. Die Täubchen dort sind zwar nicht so hübsch wie hier, aber man spielt um hohe Einsätze, und zu trinken gibt es alles, was das Herz begehrt. Und außerdem ist da kein Derek
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