Roulette des Herzens
kümmere mich um Jenner, falls er hier ist.« Die letzten vier Worte hatte er in einem so ironischen Ton gesagt, dass es klar war, er sei überzeugt, Mr. Worthy habe nur eine List angewandt, um Miss Fielding vor ihm zu retten.
»Soll ich veranlassen, dass eine Kutsche für …« Barry hielt inne, nicht gewillt, Miss Fieldings Namen auszusprechen.
»Ja«, antwortete Derek gepresst. »Verschwinden Sie, Worthy.«
Barry machte die Tür zu.
Sara schien nicht fähig zu sein, ihr Zittern zu unterdrücken. Sie schlang Mr. Craven die Arme um die Schultern und schmiegte das Gesicht an seinen Hals. Nie zuvor hatte sie die Qualen unerfüllter Begierde erlebt. Das tat weh.
Solche Schmerzen hatte sie noch nie gehabt, und Linderung schien es nicht zu geben. Wenngleich sie erwartete, Mr. Craven werde grausam sein, war er zunächst freundlich, hielt sie leicht an sich gedrückt und streichelte ihr den Rücken. »Frustrierter Köter«, sagte er und lachte humorlos. »Noch einige Minuten, und dann sind Sie in Ordnung.«
Wild wand sie sich. »Ich bekomme keine Luft.«
Er umklammerte ihre Hüften und drückte den Mund auf ihre Schläfe. »Seien Sie still«, flüsterte er. »Still!« Sobald ihr Zittern nachließ, änderte sich seine Stimmung. Abrupt stieß er Miss Fielding von sich. »Bedecken Sie sich.« Er setzte sich auf und griff sich mit beiden Händen an den Kopf. »Sobald Sie zum Verlassen des Clubs bereit sind, wird Worthy Sie zur Kutsche bringen.«
Sara richtete sich das Kleid und zog das Oberteil hoch. Aus dem Augenwinkel sah Derek ihr zu, bis sie ihre Brüste bedeckt hatte. Dann stand er auf, machte die Hosen zu und strich den Frackrock glatt. Er ging zum Spiegel, der über dem kleinen Marmorkamin hing, korrigierte den Sitz des Krawattentuchs und strich sich durch das zerraufte Haar. Wenngleich das Ergebnis nicht so tadellos war wie der vorherige Zustand, sah er doch präsentabel aus. Sara hingegen wusste, dass sie einen äußerst unordentlichen Eindruck machte. Ihr Kleid war zerknautscht, und das Haar fiel ihr in krausen Wellen auf den Rücken. Sie war den Tränen nahe. Irgendwie gelang es ihr, nicht zu weinen und in ruhigem Ton zu sagen: »Vielleicht bringen wir beide es fertig, diesen Abend zu vergessen.«
»Diese Absicht habe ich«, erwiderte Derek grimmig. »Aber das, was ich vorhin geäußert habe, bleibt gültig.
Kommen Sie nie zurück, Miss Fielding.« Er ging zur Tür, blieb vor Worthy, der im Korridor wartete, stehen und, sagte wütend: »Hätte ich jemand anderen vor mir, würde ich Sie feuern, nachdem ich Sie windelweich geprügelt hätte.« Ohne einen Blick zurückzuwerfen, verließ er den Raum.
Sara griff nach der Maske und setzte sie auf. Die Tür war zu, aber sie wusste, dass Mr. Worthy auf sie wartete.
Langsam stand sie auf und richtete sich erneut das Kleid. Sie presste die Hand auf den Mund, um nicht laut aufzuschluchzen. Selbstmitleid erfüllte sie, doch noch stärker war das Haßgefühl auf den Mann, der sie zurückgewiesen hatte. »Kommen Sie nie zurück«, sagte sie und lief vor Wut rot an. Nie hatte sie einen, so brennenden Zorn empfunden. Noch vor wenigen Wochen hätte sie gedacht, niemals zu so etwas fähig zu sein.
Plötzlich kam ihr in den Sinn, dass Lady Wolverton gesagt hatte, Mr. Craven habe schon Affären mit Dutzenden von Frauen gehabt. Sobald die Gefahr bestünde, dass er sich innerlich an eine Frau binden könne, habe er die betreffende Person verlassen und sich eine andere genommen.
Vielleicht hielt er in diesem Moment Ausschau nach einer anderen Frau, die seinen Vorstellungen, wie immer sie sein mochten, mehr entsprach. Der Gedanke brachte Saras Blut zum Kochen; »Nun, Mr. Craven, wenn Sie mich nicht wollen, suche ich mir jemanden, der mich haben will«, sagte sie laut und mit bebender Stimme. »Zum Teufel mit Ihnen, und auch mit Mr. Kingswood! Ich bin keine Heilige und kein Engel, und ich will keine anständige Frau mehr sein. Ich will tun, was mir gefällt, und niemand wird mich daran hindern.« Wütend blickte sie zur Tür.
Sobald sie den Raum verließ, würde Mr. Worthy ihr eine Kutsche holen. Kein Einwand würde ihn dazu bringen, ihr den weiteren Aufenthalt im Club zu gestatten.
Stirnrunzelnd schaute sie sich um. Die Form des Raums, die vier holzgetäfelten Wände mit den abgestumpften Ecken, war ihr vertraut und erinnerte sie an ein anderes Zimmer in der oberen Etage, in dem ein Bücherschrank stand, durch den man in einen der Geheimgänge gelangte. In diesem
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