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Roulette des Herzens

Roulette des Herzens

Titel: Roulette des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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schaudern, und sie erzählte Mr. Craven, was Mr. Jenner über die Randalierer geäußert hatte. Nicht überrascht hörte er ihr zu. »Wie können Menschen sich so benehmen?« fragte sie. »Wie können sie Hinrichtungen als Unterhaltung empfinden? Das begreife ich nicht.«
    »Als Junge bin auch ich zu Hinrichtungen gegangen.«
    Sie war entgeistert. »Sie haben zugesehen, wie jemand aufgehängt wurde, ausgepeitscht und verstümmelt? Aber das haben Sie doch nicht genossen! Sie können es nicht genossen haben!«
    Unbeirrt hielt er ihrem Blick stand. »Jetzt macht es mir kein Vergnügen mehr, jemanden sterben zu sehen. Früher hat mich das jedoch ziemlich fasziniert.«
    Das Geständnis beunruhigte sie, doch rasch hielt sie sich vor, dass er als Kind in der Unterwelt gelebt hatte, in Bordellen und Puffs aufgewachsen war, in den Straßen des Elendsviertels. Dennoch fiel es ihr schwer, ihn sich dabei vorzustellen, wie er vor Begeisterung aufschrie, wenn jemand durch den Strick starb. »Was dachten Sie, wenn Sie Verbrecher hängen sahen?«
    »Ich schätzte mich glücklich. Wenigstens baumelte nicht ich am Galgen. Ich war hungrig und besaß nicht einmal einen Strohsack. Aber wenigstens hatte ich die Henkersschlinge nicht um den Hals.«
    »Und deswegen hatten Sie das Gefühl, in einer besseren Lage zu sein?«
    »Ich war nicht in einer Lage, Miss Fielding. Ich habe gekämpft, betrogen und gestohlen, damit ich essen und Gin trinken und manchmal Weiber haben konnte.«
    Sie errötete leicht. »Warum haben Sie keine anständige Arbeit angenommen? Sie haben manchmal gearbeitet. Mr. Worthy hat mir das erzählt.«
    »Gearbeitet? Ja. Aber anständige Arbeit?« Derek schüttelte den Kopf und schnaubte verbittert. »Es ist besser, wenn Sie nichts darüber wissen.«
    Sara schwieg einen Moment. »Doch, ich möchte das gern wissen«, sagte sie plötzlich.
    »Mehr Material für Ihre Recherchen?«
    »Nein, damit hat es nicht das Geringste zu tun.« Impulsiv berührte sie ihn am Arm.
    »Bitte! Glauben Sie mir, dass ich Ihr Vertrauen nie missbrauchen werde.«
    Er starrte die Stelle auf dem Frackärmel an, wo Miss Fielding ihn berührt hatte, kreuzte die langen Beine und hielt den Blick zu Boden gerichtet. Sein schwarzes Haar fiel ihm in die Stirn. »Ich war Kaminkehrerjunge, bis ich zu groß geworden bin. Manche der Kamine waren nur zwei ödet drei Backsteine breit. Für einen Jungen von sechs Jahren war ich sehr klein, doch eines Tages konnte ich mich nicht mehr durch den Schornstein zwängen.« Ein erinnerungäträchtiges Lächeln umspielte unvermittelt seine Lippen. »Sie wissen nicht, was die Hölle ist, bis Sie in einem Schornstein steckengeblieben singt.«
    »Nie hat man Sie herausgeholt?« fragte Sara erschüttert.
    »Man hat ein Bündel Heu unter mir angezündet. Es hat mir den halben Hintern verbrannt, während ich den Schornstein hochkletterte.« Derek lachte kurz auf. »Danach habe ich im Hafen gearbeitet, Kisten und Behälter beladen. Manchmal habe ich Fische geschuppt und ausgenommen, oder ich mistete Ställe aus und fuhr den Mist zum Kai. Ich habe nie gewusst, was eine Badewanne ist.« Er ließ den Blick über Miss Fielding gleiten und grinste angesichts ihrer Miene. »Ich stank so, dass selbst Fliegen mir nicht mehr in die Nähe kommen wollten.«
    »Oje!« sagte sie schwach.
    »Manchmal betätigte ich mich als Hehler, stahl Waren, vom Kai und verkaufte sie unter der Hand an betrügerische Kaufleute. Ich unterschied mich nicht sehr von den anderen Gassenjungen im Elendsviertel. Wir alle taten, was zum Überleben notwendig war. Aber es gab einen, der Jem heiß, Er war ein knochiger Junge mit einem Affengesicht. Eines Tages bemerkte ich, dass es ihm besser ging als allen anderen Burschen. Er hatte eine dicke Jacke, genug Essen, um sich den Bauch vollzustopfen, und sogar ab und zu ein Mädchen am Arm. Ich bin zu ihm gegangen und habe ihn gefragt, woher er sein Geld hätte.« Dereks Miene änderte sich und wurde hart. »Er hat es mir erzählt. Auf seinen Rat hin beschloss ich, mich auch am Auferstehungsgeschäft zu beteiligen.«
    »Sie sind einer Kirche beigetreten?« fragte Sarg verdutzt Derek sah sie verblüfft an und bog sich dann vor Lachen.
    Als sie ihn fragte, was los sei, krümmte er sich und rang nach Luft. »Nein, nein.« Nachdem er sich mit dem Jackenärmel die Lachtränen vom Gesicht gewischt hatte, konnte er sich schließlich wieder einigermaßen beherrschen. »Ich war Knochengräben.«
    »Das verstehe ich

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