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Roulette des Herzens

Roulette des Herzens

Titel: Roulette des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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nicht.«
    »Grabräuber, Leichenfledderer. Ich grub auf Friedhöfen die Töten aus und verkaufte sie an Medizinstudenten.« Ein seltsames Lächeln erschien auf seinen Lippen. »Sie sind überrascht, nicht wahr, und abgestoßen?«
    »Ich…« Sara versuchte, die Gedanken zu ordnen. »Ich kann nicht sagen, dass ich das sehr angenehm finde.«
    »Nein, das Geschäft war weit davon entfernt, angenehm zu sein. Aber ich bin ein guter Dieb, Miss Fielding. Jem pflegte zu sagen, ich könne dem Teufel das Zwinkern aus den Augen klauen. Ich war ein guter Leichenräuber, tüchtig und verlässlich. Im Schnitt habe ich drei pro Nacht gestohlen.«
    »Drei Was?«
    »Drei Tote. Chirurgen und Medizinstudenten haben nur das Recht, die Leichen von Schwerverbrechern zu verwenden. Aber es gibt nie genug davon. Also haben meine Abnehmer mich dafür bezahlt, dass ich auf in der Nähe von Krankenhäusern und Irrenanstalten gelegene Friedhöfe ging und ihnen die frischesten Leichen brachte, die ich finden konnte. Die Knochenschuster nannten sie immer Exemplare.«
    »Wie lange haben Sie das gemacht?« fragte Sara und schüttelte sich entsetzt.
    »Fast zwei Jahre, bis ich so auszusehen begann wie die Leichen, die ich klaute, bleich, ausgemergelt, wie der wandelnde Tod. Ich schlief tagsüber und ging nur nachts aus dem Haus. Ich habe nie bei Vollmond gearbeitet. Das wäre mir zu hell gewesen. Es bestand stets die Gefahr, von den Friedhofswächtern erschossen zu werden, die solchen Geschäften natürlich nicht gewogen waren. Wenn ich nicht zur Arbeit gehen konnte, saß ich in einer Ecke irgendeiner Spelunke, soff so viel, wie mein Magen fassen konnte, und versuchte zu vergessen, was ich gemacht hatte. Ich war abergläubisch und begann zu glauben, verfolgt zu werden, weil ich so vielen Toten die ewige Ruhe gestört hatte.«
    Mr. Craven hatte in einem derart unbeteiligten Ton gesprochen, als rede er über etwas, das nichts mit ihm zu tun hatte. Sara fiel auf, dass er ein hochrotes Gesicht hatte, vielleicht vor Verlegenheit, aus Selbstekel oder Wut. Sie konnte nur raten, was in ihm vorging. Warum gestand er ihr derart persönliche, unaussprechliche Dinge?
    »Ich glaube, ich war innerlich tot«, fuhr er fort, »oder zumindest nur noch ein halber Mensch. Es war das Geld, was mich zum Weitermachen trieb, bis ich einen Alptraum erlebte der dem Ganzen ein, Ende machte. Danach habe ich meinen Fuß nie wieder auf einen Friedhof gesetzt.«
    »Erzählen Sie mir den Grund«, sagte Sara leise. Mr. Craven schüttelte jedoch, den Kopf.
    »Nach meiner, Zeit als Leichenräuber habe ich mich anderen gewinnträchtigen Möglichkeiten zugewandt« und alle waren beinahe ebenso unappetitlich. Aber eben auch nur beinahe. Nichts ist so schlimm wie das, was ich getan habe, nicht einmal ein Mord.«
    Derek schwieg. Der Mond verschwand hinter Wolken. Der Himmel hatte eine grauviolette Farbe. Früher mochte das die Art Nacht gewesen sein, in der Mr. Craven losgezogen war, um Friedhöfe zu entweihen. Sara starrte ihn an.
    Sein Haar schimmerte im Lampenlicht wie Ebenholz. Sie merkte, wie heftig ihr Herz klopfte, und dass sie feuchte Hände, bekommen hatte. Kalter Schweiß rann ihr über den Rücken und sickerte ihr aus den Achselhöhlen. Mr. Craven hatte recht. Die Dinge, die er getan hatte, stießen sie ab. Und zweifellos hatte er ihr noch nicht alles erzählt.
    Sie befand sich in einem Widerstreit der Gefühle. Sie versuchte, Mr. Craven zu verstehen, vor allem jedoch, sich nicht vor ihm zu ängstigen. Wie furchtbar naiv sie gewesen war! Sie hätte nie gedacht, dass er solch fürchterlicher Dinge fähig sein könne. Die Angehörigen der Toten mussten gelitten haben, und es hätte sich ebenso gut um ihre Verwandten, ihre Familie handeln können. Wäre ihr, ein Mann wie er beschrieben worden, hätte sie gesagt, er wäre nicht mehr zu retten.
    Aber er war nicht restlos schlecht. Aus Sorge um ihre Sicherheit hatte er sie gesucht. Er hatte sich geweigert, sie im Club auszunutzen, obwohl nichts ihn hätte aufhalten können, es sei denn, die Reste seines Gewissens. Als sie geweint hatte, war er freundlich und sanft gewesen. Konsterniert schüttelte sie den Kopf und wusste nicht mehr, was sie denken solle.
    Er hatte das Gesicht abgewandt, doch seine ganze Haltung war eindeutig herausfordernd. Es schien, als warte er darauf, dass Sara ihn verdammte. Ehe sie richtig begriffen hatte, was sie tat, streckte sie die Hand nach seinem lockigen Nackenhaar aus. Bei der Berührung durch ihre

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