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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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ihn lieb gewann. Derselbe verschaffte ihm in Paris andere Bekanntschaften, die ihm nützlich waren und ihm die Salzlieferung in Wallis verschafften, welche ihm eine Jahreseinnahme von zwanzigtausend Franken einbrachte. Mit seinem bisherigen nicht unbedeutenden Glücke bei den Männern war es nun vorbei, dafür wurde aber das bei den Frauen desto größer; er brauchte nur zu wählen und machte, was er wollte. [Fußnote: Var. ... er brauchte nur zu wählen, er wählte alles und machte, etc.] Was noch seltener und deshalb um so ehrenvoller für ihn war, das war der Umstand, daß er, obgleich er in allen Ständen freundschaftliche Verhältnisse unterhielt, überall geliebt und von aller Welt gesucht war, ohne je von jemandem beneidet oder gehaßt zu werden, und ich bin überzeugt, daß er gestorben ist, ohne einen einzigen Feind in seinem Leben gehabt zu haben. Glücklicher Mensch! Er besuchte jedes Jahr die Bäder von Aix, wo die gute Gesellschaft der benachbarten Länder zusammenkommt. Da er mit dem ganzen savoyischen Adel in Verkehr stand, kam er von Aix nach Chambery, um den Grafen von Bellegarde und seinen Vater, den Marquis von Antremont, zu besuchen, bei welchem ihn Mama kennen lernte und mich darauf mit ihm bekannt machte. Diese Bekanntschaft, die anfangs schien erfolglos bleiben zu sollen und eine langjährige Unterbrechung erlitt, erneuerte sich bei einer Gelegenheit, die ich noch erwähnen werde, und wurde ein echter Freundschaftsbund. Das genügt, um mir die Berechtigung zu geben, von einem Freunde zu sprechen, mit welchem ich so eng verbunden gewesen bin; allein selbst wenn ich für sein Gedächtnis kein persönliches Interesse hätte, so war er doch ein so liebenswürdiger und von der Natur mit so glücklichen Anlagen ausgestatteter Mann, daß ich ihm zur Ehre des menschlichen Geschlechts stets ein freundliches Andenken bewahren werde. Gleichwohl hatte auch dieser so treffliche Mann wie alle andern seine Fehler, wie man weiter unten sehen wird; aber hätte er sie nicht gehabt, wäre er vielleicht weniger liebenswürdig gewesen. Um ihn so fesselnd zu machen, wie er es nur sein konnte, mußte man ihm etwas zu verzeihen haben.
    Auch eine andere Verbindung aus der nämlichen Zeit hat noch immer Bestand und schmeichelt mir fort und fort mit der Hoffnung auf ein zeitliches Glück. Herr von Conzié, ein savoyischer Edelmann, damals jung und liebenswürdig, verfiel auf den Gedanken, Musik zu lernen oder vielmehr die Bekanntschaft des Musiklehrers zu machen. Neben Geist und Geschmack für die schönen Wissenschaften besaß Herr von Conzié eine Sanftmuth des Charakters, die ihn sehr anziehend machte, und ich selbst war es wiederum für solche Leute, an denen ich sie wahrnahm. Der Freundschaftsbund war bald geschlossen. [Fußnote: Ich habe ihn seitdem wiedergesehen, und völlig verändert gefunden. O, welch ein großer Zauberer ist der Herr von Choiseul! Keiner meiner alten Bekannten hat seiner Umgestaltungskraft entgehen können.] Die Keime von Literatur und Philosophie, die in meinem Kopfe aufzuschießen begannen und nur auf ein wenig Pflege und Nacheiferung warteten, um sich völlig zu entwickeln, fanden sie bei ihm. Für die Musik hatte Herr von Conzié wenig Anlage. Für mich war das ein Glück; die Unterrichtsstunden verliefen unter ganz anderen Dingen als unter Solfeggiren. Wir frühstückten, wir plauderten, wir lasen einige neue Erscheinungen der Presse und sprachen kein Wort von Musik. Der Briefwechsel Voltaire's mit dem Kronprinzen von Preußen erregte damals Aufsehen; wir unterhielten uns häufig von diesen beiden berühmten Männern, von denen der eine seit kurzem auf dem Throne, [Fußnote: Friedrich der Große kam bekanntlich erst 1740 auf den Thron. Anm. des Uebers.] schon im voraus seine künftige Größe errathen ließ, und der andere, so verrufen, wie jetzt bewundert, uns das Unglück, welches ihn zu verfolgen schien und das man so oft als das Loos großer Geister wahrnehmen kann, aufrichtig beklagen ließ. Der Kronprinz von Preußen war in seiner Jugend nicht sehr glücklich gewesen, und Voltaire schien dazu geschaffen, es nie zu sein. Das Interesse, das wir an dem einen wie dem andern nahmen, erstreckte sich auf alles, was sich auf sie bezog. Nichts von allem, was Voltaire schrieb, entging uns. Das Gefallen, das ich an dieser Lectüre fand, flößte mir den Wunsch ein, fein und gewählt schreiben zu lernen, und ich bestrebte mich, die glänzende Darstellung dieses Schriftstellers, von dem ich

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