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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Leide gethan hat, nicht zu entehren, und ich, ich bestätige mit einer wahrhaft höllischen Schamlosigkeit meine Erklärung und behaupte ihr ins Gesicht, sie habe mir das Band gegeben. Das arme Mädchen brach in Thränen aus und sagte zu mir nur: »Ach, Rousseau, ich hielt dich für einen guten Menschen. Du machst mich sehr unglücklich, aber ich möchte nicht an deiner Stelle sein.« Dies war alles. Sie fuhr fort, sich mit eben so großer Einfachheit wie Festigkeit zu vertheidigen, aber ohne sich die geringste Schmähung gegen mich zu erlauben. Diese Mäßigung meinem bestimmten Tone gegenüber gab ihr Unrecht. Es schien gegen die Natur zu streiten, daß man auf der einen Seite eine so teuflische Unverschämtheit und auf der andern eine so engelgleiche Sanftmuth annehmen sollte. Man schien nicht zur völligen Entscheidung zu kommen, aber das Vorurtheil war für mich. In der Unruhe, in der man sich damals befand, nahm man sich nicht die Zeit, die Sache gründlich zu untersuchen, und der Graf de la Rocca beschränkte sich darauf, uns beide zu entlassen und zu sagen, daß das Gewissen des Schuldigen den Unschuldigen hinreichend rächen würde. Seine Voraussagung war nicht grundlos; sie erfüllt sich einen Tag wie den andern an mir. Es ist mir unbekannt, was aus diesem Opfer meiner Verleumdung wurde; aber wahrscheinlich hat sie danach nicht leicht wieder ein gutes Unterkommen gefunden. Es haftete eine in jeder Beziehung ihre Ehre schädigende Beschuldigung an ihr. Der Diebstahl betraf nur eine Kleinigkeit, aber es war immer ein Diebstahl, und was noch schlimmer, zur Verführung eines jungen Menschen begangen; dazu ließen die Lüge und der Starrsinn nichts von einer Person hoffen, in der so viele Fehler vereinigt waren. Ich betrachte das Elend und die Verlassenheit nicht einmal als die größte Gefahr, der ich sie ausgesetzt habe. Wer weiß, wohin die Mutlosigkeit, in die ihre mißhandelte Unschuld sie stürzen mußte, sie bei ihrem Alter hat bringen können? Ach, wenn die Reue darüber, daß ich sie unglücklich gemacht haben kann, schon unerträglich ist, dann möge man sich erst die vorstellen, daß ich sie vielleicht schlechter gemacht habe, als ich bin.
    Diese bittere Erinnerung peinigt mich bisweilen und regt mich bis zu dem Grade auf, daß ich in Stunden der Schlaflosigkeit dieses arme Mädchen an mein Bett treten sehe, um mir mein Verbrechen vorzuwerfen, als wäre es erst gestern begangen. So lange ich ruhig lebte, hat es mich weniger gequält, aber inmitten eines stürmischen Lebens raubt es mir den süßen Trost der verfolgten Unschuld; es läßt mich tief empfinden, was ich in einem meiner Werke behauptet habe, daß die Reue während eines glücklichen Lebens nachläßt und im Unglück heftiger wird. Indessen habe ich mich nie dazu entschließen können, mein Herz durch ein Geständnis an einen Freund zu erleichtern. Bei der engsten Vertraulichkeit habe ich niemandem, nicht einmal der Frau von Warens, dieses Bekenntnis abgelegt. Alles, wozu ich mich habe überwinden können, ist das Eingeständnis gewesen, daß ich mir eine Schlechtigkeit vorzuwerfen hätte, aber nie habe ich gesagt, worin sie bestände. Diese Last ruht also noch bis auf den heutigen Tag ohne Erleichterung auf meinem Gewissen, und ich kann sagen, daß der Wunsch, sie einigermaßen von mir abzuwälzen, viel zu meinem Entschlüsse beigetragen hat, meine Bekenntnisse zu schreiben.
    Bei dem eben abgelegten habe ich die Wahrheit rund heraus gesagt, und man wird sicherlich nicht finden, daß ich hierbei die Schwärze meiner Schandthat beschönigt habe. Allein ich würde den Zweck dieses Buches nicht erfüllen, wenn ich nicht zugleich meine innere Gesinnung erklärte, und wenn ich Scheu trüge, mich bei dem zu entschuldigen, was die volle Wahrheit ist. Nie war ich von einer wirklich boshaften Gesinnung freier als in jenem grausamen Augenblick, und so sonderbar es auch klingt, so ist es doch wahr, daß, als ich dieses unglückliche Mädchen anklagte, die Schuld in meiner Freundschaft für dasselbe lag. Meine Gedanken weilten bei ihm; ich schob die Schuld auf den ersten Gegenstand, der mir vorschwebte. Ich klagte es an, das, was ich thun wollte, gethan und mir das Band gegeben zu haben, weil meine Absicht war, es ihm zu geben. Als ich es darauf erscheinen sah, that es mir unendlich leid, aber die Anwesenheit so vieler Leute gewann die Oberhand über meine Reue. Vor der Strafe hatte ich wenig Furcht, ich fürchtete nur die Schande, aber ich fürchtete

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