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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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einmal die Hand küßte. Die Umstände verliehen dieser unbedeutenden Gunst allerdings ihren Werth. Wir waren allein; ich athmete nur mühsam, sie hatte die Augen gesenkt. Statt nach Worten zu suchen, erdreistete sich mein Mund sich auf ihre Hand zu drücken, die sie, nachdem ich sie geküßt hatte, sanft zurückzog, wobei sie mich mit einer Miene anblickte, in welcher sich kein Zorn zu erkennen gab. Ich weiß nicht, was ich fähig gewesen wäre, ihr zu sagen; ihre Freundin trat herein und in diesem Augenblicke erschien sie mir häßlich.
    Endlich dachten sie daran, daß wir mit der Rückkehr in die Stadt nicht bis zum Einbruch der Nacht warten dürften. Es blieb uns nur noch gerade so viel Zeit, um bei Tage heimzukommen und wir beeilten unsern Aufbruch, nachdem wir uns in derselben Weise, wie wir gekommen waren, vertheilt hatten. Hätte ich das Herz gehabt, würde ich diese Ordnung umgestoßen haben, denn Fräulein Galley's Blick hatte mein Herz heftig erregt; allein ich wagte nichts zu sagen, und ihr verbot es die Sitte, diesen Vorschlag zu machen. Unterwegs bedauerten wir, daß der Tag schon zu Ende wäre; allein weit davon entfernt, uns über seine Kürze zu beklagen, waren wir darüber einig, daß wir das Geheimnis besessen hatten, ihn durch alle die Belustigungen, mit denen wir ihn auszufüllen verstanden, lang zu machen.
    Ich verließ sie fast an der nämlichen Stelle, wo sie meiner habhaft geworden waren. Mit welchem Bedauern wir von einander schieden! Mit welcher Lust wir übereinkamen, uns wiederzusehen! Zwölf mit einander verlebte Stunden kamen uns wie Jahrhunderte herzlicher Freundschaft vor. Die süße Erinnerung an diesen Tag wurde den liebenswürdigen Mädchen durch nichts verbittert; die zärtliche Verbindung, die sich unter uns dreien gebildet, hatte höheren Werth als sinnliche Freuden und hätte in Verbindung mit ihnen keinen Bestand haben können; wir liebten uns ohne Heimlichkeit und Verschämtheit und wollten uns immer so lieben. Die Sittenunschuld hat ihren hohen Genuß, der sich mit jedem andern messen kann, weil er nie aufhört und beständig empfunden wird. Ich wenigstens weiß, daß die Erinnerung an einen so schönen Tag mich mehr rührt, mich mehr bezaubert, in meinem Herzen häufiger erwacht, als das Andenken an irgend einen andern Genuß, der sich mir je in meinem Leben dargeboten hat. Ich war mir nicht völlig darüber klar, was ich eigentlich mit diesen reizenden Mädchen im Schilde führte, aber sie hatten mich beide ungemein angezogen. Ich will nicht sagen, daß ich, wenn es allein auf mich angekommen wäre, mein Herz unter sie gleich getheilt hätte; ich war mir bewußt, daß ich die eine, wenn auch nur gering, bevorzugte. Ich hätte es als mein Glück betrachtet, Fräulein von Graffenried zur Geliebten zu haben; aber bei völlig freier Wahl würde sie mir, wie ich glaube, als Vertraute lieber gewesen sein. Wie dem auch sein möge, als ich von ihnen schied, schien es mir, daß ich ohne die eine wie die andere nicht mehr leben könnte. Wer hätte mir wohl gesagt, daß ich sie in meinem Leben nicht wiedersehen und unsere Eintagsliebe damit ein Ende haben würde!
    Wer dies liest, wird nicht verfehlen, über meine galanten Abenteuer zu lachen, wenn er gewahr wird, daß selbst die am meisten vorgerückten nach vielen Vorbereitungen mit einem Handkuß endigen. Und doch thut der Leser sehr Unrecht daran. Ich habe bei einer solchen in einem Handkuß schließenden Liebelei fürwahr mehr Wonne empfunden, als er je bei der seinigen, die wenigstens damit begonnen hat.
    Venture, der die vorige Nacht sehr spät zu Bett gegangen war, kam kurz nach mir zurück. Diesmal war mir seine Heimkunft nicht so angenehm wie sonst, und ich hütete mich, ihm zu sagen, wie ich meinen Tag verlebt hatte. Die Fräulein hatten sehr wegwerfend von ihm gesprochen und hatten mir mißvergnügt darüber geschienen, mich in so schlechten Händen zu wissen. Das that ihm Abbruch bei mir, und überdies konnte alles, was meine Gedanken von ihnen ablenkte, mir nur unlieb sein. Indessen rief er mich bald zu uns selber zurück, indem er meine Lage zur Sprache brachte. Sie war zu mißlich, um von Dauer sein zu können. Obgleich ich äußerst sparsam lebte, war meine Börse doch schon fast vollends erschöpft; es fehlte mir an Einnahmequellen. Keine Nachrichten von Mama! Ich wußte nicht, was anfangen, und mein Herz wurde bei dem Gedanken, den Freund des Fräulein Galley bis auf den Bettel heruntergekommen zu sehen, schwer

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