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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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drückend; aber bei der Biegung einer gewissen Allee sahen ihn Leute, deren er nicht gewärtig war, sein Tuch sofort in die Tasche stecken und ein Buch herausziehen. Diese wiederholentlich gemachte Beobachtung wurde bald in ganz Paris bekannt und fast eben so schnell vergessen. Ich hatte sie selbst vergessen: eine mich persönlich betreffende Thatsache rief sie m meiner Erinnerung wieder wach. Ich lag sterbenskrank in meinem Bette in der Straße Grenelle. Er war auf dem Lande. Eines Morgens kam er ganz athemlos, mich zu besuchen, wobei er betheuerte, daß er so eben angekommen wäre. Einen Augenblick später erfuhr ich, daß er schon den Tag vorher angekommen war und man ihn noch an demselben Tage im Theater gesehen hatte.
    Tausend ähnliche Vorfälle fielen mir wieder ein; aber eine Beobachtung, welche ich erstaunt war, so spät zu machen, berührte mich schmerzlicher als dies alles. Ich hatte alle meine Freunde ohne Ausnahme mit Grimm bekannt gemacht; sie waren alle die seinigen geworden. Ich vermochte mich so wenig von ihm zu trennen, daß ich mir kaum den Zutritt zu einem Hause hätte erhalten mögen, in dem er keinen gehabt hätte. Nur Frau von Créqui weigerte sich ihn zuzulassen, und auch ich hörte seit dieser Zeit fast auf, sie zu besuchen. Grimm erwarb sich seinerseits sowohl durch eigenes Entgegenkommen wie durch den Grafen von Friese andere Freunde. Von allen diesen Freunden ist nie ein einziger der meinige geworden; nie hat er mir ein Wort gesagt, um mich aufzufordern, wenigstens ihre Bekanntschaft zu machen; und von allen denen, mit denen ich mitunter bei ihm zusammengetroffen bin, hat mir nie ein einziger das geringste Wohlwollen erwiesen, nicht einmal der Graf von Friese, bei dem er wohnte und mit dem es mir folglich sehr angenehm gewesen wäre, in ein leidliches Verhältnis zu treten, und eben so wenig der Graf von Schomberg, sein Verwandter, mit dem Grimm eine noch innigere Freundschaft unterhielt.
    Noch mehr: meine eigenen Freunde, die ich auch zu den seinigen machte und die mir alle vor dieser Bekanntschaft zärtlich zugethan waren, machten nach derselben eine wahrnehmbare Schwenkung gegen mich. Er hat mir nie einen der seinigen zugeführt; ich habe ihn mit all den meinigen befreundet, und er hat sie mir schließlich alle geraubt. Wenn das die Wirkungen der Freundschaft sind, was werden dann erst die des Hasses sein?
    Selbst Diderot machte mich im Anfange mehrmals darauf aufmerksam, daß Grimm, dem ich so großes Vertrauen schenkte, nicht mein Freund wäre. Späterhin, als er selbst aufgehört hatte, der meinige zu sein, führte er eine andere Sprache.
    Bei der Art der Verfügung über meine Kinder bedurfte ich niemandes Beihilfe. Ich machte indessen meine Freunde damit bekannt, lediglich um sie damit bekannt zu machen, damit ich in ihren Augen nicht besser erschien als ich war. Diese Freunde waren ihrer drei: Diderot, Grimm, Frau von Epinay; Duclos, meines Vertrauens am würdigsten, war der einzige, dem ich es nicht schenkte. Er erfuhr trotzdem meine Handlungsweise. Durch wen? Ich weiß es nicht. Es läßt sich nicht gut annehmen, daß diese Treulosigkeit von Frau von Epinay ausgegangen sein sollte, die wußte, daß, wenn ich Gleiches mit Gleichem vergelten wollte, (wenn ich dessen überhaupt fähig gewesen wäre), ich mich grausam hätte rächen können. Es bleibt demnach nur Grimm und Diderot übrig, die damals in so vielen Dingen, namentlich wenn es wider mich ging, eng verbündet waren, daß sie, wie es mehr als wahrscheinlich ist, dieses Verbrechen gemeinschaftlich begangen haben. Ich möchte darauf wetten, daß Duclos, dem ich mein Geheimnis nicht anvertraut habe und der folglich nicht gebunden war, der einzige ist, der es mir bewahrt hat.
    Bei ihrem Vorhaben, mir Therese und ihre Mutter zu nehmen, hatten sich Grimm und Diderot Mühe gegeben, ihn zum Eingehen auf ihren Plan zu bewegen; er weigerte sich beständig mit Verachtung. Erst später erfuhr ich von ihm alles, was in dieser Hinsicht zwischen ihnen vorgefallen war; aber schon damals erfuhr ich von Therese genug, um daraus zu ersehen, daß es sich bei dem allen um einen geheimen Plan handelte, und daß man, wenn auch nicht gegen meinen Willen, so doch ohne mein Wissen über mich verfügen wollte, oder daß man sich dieser beiden Personen als Werkzeuge zu einer geheimen Absicht bedienen wollte. Dies alles war sicherlich kein Zeichen von Redlichkeit. Duclos' Widerstand beweist es unwiderleglich. Möge es glauben, wer da wolle, daß es

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