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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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»kleinen Geigern« darüber Rücksprache, die sich erboten, mir zwar nicht meine Oper, aber freien Eintritt zu geben, den ich nicht mehr benutzen konnte. Als ich sah, daß ich von keiner Seite her auf Gerechtigkeit zu hoffen hatte, kümmerte ich mich nicht mehr um diese Angelegenheit, und ohne auf meine Gründe zu antworten oder sie nur anzuhören, fuhr die Direction der Oper fort über den »Dorfwahrsager«, der unstreitig nur mir allein gehörte, [Fußnote: Er gehört ihr in Folge eines neuen Uebereinkommens, welches sie ganz vor kurzem mit mir abgeschlossen hat.] zu verfügen und aus ihm ihren Nutzen zu ziehen.
    Seitdem ich das Joch meiner Tyrannen abgeschüttelt hatte, führte ich ein ziemlich gleichmäßiges und friedliches Leben; des Reizes allzu leidenschaftlicher Liebesverhältnisse beraubt, war ich auch von dem Gewichte ihrer Fesseln frei. Ueberdrüssig der gönnerhaften Freunde, die durchaus über mein Schicksal verfügen und mich ihren angeblichen Wohlthaten wider meinen Willen unterwerfen wollten, war ich entschlossen, mich von nun an mit den Verbindungen des einfachsten Wohlwollens zu begnügen, die ohne die Freiheit zu beengen, die Annehmlichkeit des Lebens bilden und sich auf vollkommene Gleichheit gründen. Derartige hatte ich in so großer Menge, als ich bedurfte, um mich an den Lichtseiten des geselligen Verkehres zu erfreuen, ohne seine Abhängigkeit zu erdulden und sobald ich einen Versuch mit dieser Lebensweise gemacht hatte, fühlte ich, daß sie es war, die meinem Alter zusagte, um meine Tage, fern von Sturm, Zänkereien und Verfeindungen, in denen ich schon halb versunken gewesen, in Ruhe zu beschließen.
    Während, meines Aufenthaltes in der Eremitage und seit meiner Übersiedelung nach Montmorency hatte ich in meiner Nachbarschaft einige Bekanntschaften gemacht, die mir angenehm waren und keinen Zwang auferlegten. An ihrer Spitze befand sich der junge Loyseau von Mauléon, der damals zum ersten Male als Advocat auftrat und nicht ahnte, eine wie hervorragende Stellung ihm in seinem Berufe zu Theil werden würde. Ich zweifelte nicht wie er daran. Ich deutete ihm bald die glänzende Laufbahn an, die man ihn heut verfolgen sieht. Ich sagte ihm voraus, wenn er in der Wahl seiner Processe streng verführe und stets nur als der Vertheidiger der Gerechtigkeit und der Tugend aufträte, so würde sein Genie, durch dieses stolze Gefühl erhoben, dem der größten Redner gleichkommen. Er hat meinen Rath befolgt und seine Wirkung wahrgenommen. Seine Vertheidigung des Herrn von Portes ist eines Demosthenes würdig. Er brachte alle Jahre seine Ferien in dem eine Viertelstunde von der Eremitage in der Lehnsherrschaft von Mauléon gelegenen Dorfe Saint-Brice zu, welches seiner Mutter gehörte und wo einst der große Bossuet gewohnt hatte. Wahrlich ein Lehn, bei dem eine Aufeinanderfolge solcher Herren es dem Adel schwer machen würde, sich ihnen gegenüber zu behaupten.
    In demselben Dorfe Saint-Brice hatte ich den Buchhändler Guerin, einen geistreichen, wissenschaftlich gebildeten und liebenswürdigen Mann, der seine Standesgenossen weit überragte. Er verschaffte mir auch die Bekanntschaft mit Jean Réaulme, einem Amsterdamer Buchhändler, seinem Correspondenten und Freunde, der später den »Emil« druckte.
    Noch näher als Saint-Brice hatte ich Herrn Maltor, Pfarrer von Grosley, mehr zum Staatsmann und Minister als zum Dorfpfarrer geschaffen, dem man, wenn das Talent die Stellung bestimmte, mindestens die Leitung einer Diöcese übertragen hätte. Er war Secretär des Grafen Du Luc gewesen und hatte Jean Baptiste Rousseau sehr genau gekannt. In gleichem Grade voller Achtung für das Andenken dieses berühmten Verbannten wie voller Abscheu vor dem des Schurken Saurin, der alle Achtung verloren hatte, wußte er von beiden viele merkwürdige Anekdoten, die Seguy in die noch handschriftliche Lebensgeschichte des ersteren nicht aufgenommen hatte, und er gab mir die Versicherung, daß sich der Graf Du Luc nicht nur nicht je über ihn zu beklagen gehabt, sondern ihm sogar bis zum Ende seines Lebens die wärmste Freundschaft bewahrt hätte. Herr Maltor, dem Herr von Bintimille nach dem Tode seines Patrons diese ziemlich gute Pfründe gegeben hatte, war ehemals in vielen öffentlichen Angelegenheiten verwendet worden, deren er sich trotz seines Alters noch klar erinnerte und über die er sehr gut zu reden verstand. Sein eben so belehrendes wie unterhaltendes Gespräch verrieth keineswegs einen Dorfpfarrer; er

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