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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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und der Anwesenden, die ich mich nicht zu bemerken stellte, gewann ich die beiden Partien, die wir machten. Mit ehrfurchtsvollem, aber ernstem Tone sagte ich nach Beendigung derselben zu ihm: »Gnädigster Herr, ich ehre Ew. Durchlaucht zu sehr, um Sie im Schach nicht immer zu besiegen.« Dieser große Fürst, so voller Geist und Einsichten und so würdig, nicht der Gegenstand von Schmeicheleien zu sein, fühlte, wie ich wenigstens glaube, in der That, daß ich allein ihn als Mann behandelte, und ich habe alle Ursache zu glauben, daß er mir dafür in Wahrheit Dank gewußt hat.
    Und hätte er mir dafür keinen Dank gewußt, so würde ich mir die Absicht, ihn in keinem Stücke zu täuschen, doch nicht vorwerfen, und ich habe mir auch sicherlich nicht vorzuwerfen, daß ich seine Güte in meinem Herzen nicht erwidert hätte, wohl aber, daß ich sie mitunter unfreundlich erwidert, während er selbst in die Art, sie mir zu erweisen, eine grenzenlose Freundlichkeit legte. Einige Tage darauf sandte er mir einen Korb mit Wildpret, den ich annahm, wie es sich ziemte. Einige Zeit später sandte er mir einen andern, und einer seiner Forstbeamten schrieb auf seinen Befehl, daß das Wild von der Jagd Seiner Hoheit herstammte und von seiner eigenen Hand erlegt wäre. Ich nahm es noch einmal an, schrieb jedoch an Frau von Boufflers, ich würde keines mehr annehmen. Dieser Brief erhielt allgemeinen Tadel und verdiente ihn. Die Ablehnung eines Geschenkes, aus Wildpret bestehend, von einem Prinzen von Geblüt, der die Sendung noch dazu in so verbindlicher Weise vornehmen läßt, verräth weniger das Zartgefühl eines stolzen Mannes, der seine Unabhängigkeit bewahren will, als die Grobheit eines Mannes ohne Erziehung, der sich überhebt. Ich habe diesen Brief in meiner Sammlung nie wieder gelesen, ohne zu erröthen und mir vorzuwerfen, ihn geschrieben zu haben. Ich schreibe aber meine Bekenntnisse ja nicht, um meine Albernheiten zu verschweigen, und diese empört mich selbst zu sehr, als daß es mir gestattet wäre, sie zu verheimlichen.
    Wenig fehlte daran, so hätte ich auch noch die Thorheit begangen, sein Nebenbuhler zu werden, denn damals war Frau von Boufflers noch seine Geliebte, und ich wußte nichts davon. Sie besuchte mich mit dem Chevalier von Lorenzi ziemlich häufig. Sie war noch schön und jung; sie glaubte durch römischen Geist zu glänzen, und ich war stets romantisch; das waren ziemlich nahe Berührungspunkte. Ich war nahe daran, in Feuer zu gerathen; ich glaube, sie merkte es; der Chevalier gewahrte es ebenfalls, wenigstens sprach er davon mit mir und zwar in einer mich nicht entmuthigenden Weise. Aber für dieses Mal war ich klug, und in einem Alter von fünfzig Jahren war es an der Zeit. Voll von der Lehre, die ich in meinem Briefe an d'Alembert so eben den Graubärten gegeben hatte, schämte ich mich, sie selber so schlecht zu befolgen. Uebrigens hätte ich ja, da ich erfuhr, was ich bis dahin nicht gewußt hatte, rasend sein müssen, hätte ich in so hohen Kreisen als Nebenbuhler auftreten wollen. Kurz ich fühlte, von meiner Leidenschaft für Frau von Houdetot vielleicht auch noch nicht völlig geheilt, daß nichts sie mehr in meinem Herzen ersetzen könnte, und sagte der Liebe für meine übrige Lebenszeit Lebewohl. In dem Augenblicke, wo ich dieses schreibe, hat eine junge Frau, die ihre Absichten hatte, sehr gefährliche Buhlerkünste gegen mich aufgeboten und mir höchst beunruhigende Blicke zugeworfen, aber wenn sie anscheinend meine zwölf Lustren vergessen hat, so bin ich ihrer eingedenk geblieben. Nachdem ich mich aus dieser Lage gezogen, fürchte ich nicht mehr zu fallen und bürge für den Rest meiner Tage für mich.
    Da Frau von Boufflers die Gemütsbewegung, die sie in mir erregt, wahrgenommen hatte, so konnte sie auch wahrnehmen, daß ich sie besiegt hatte. Ich bin weder so närrisch noch so eitel, um zu glauben, daß ich ihr in meinem Alter hätte Neigung einflößen können, aber nach gewissen Aeußerungen, die sie Theresen gegenüber machte, glaubte ich Neugier in ihr erweckt zu haben. Ist dies der Fall und hat sie mir nicht vergeben, daß ich diese Neugier nicht befriedigt habe, so muß man gestehen, daß ich wahrlich dazu geboren wurde, das Opfer meiner Schwächen zu werden, weil mir nicht nur die siegreiche Liebe verhängnisvoll wurde, sondern die besiegte noch weit mehr.
    Hier endigt die Briefsammlung, die mir in diesen zwei Büchern als Leitfaden gedient hat. Jetzt folge ich nur noch meinen

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