Rousseau's Bekenntnisse
und sie ohne meine Einwilligung, die ich sicherlich nicht gebe, niemandem zeigen werde. Allein dieses Exemplar ist vielleicht nicht das einzige in Paris. Ich, mein Herr, wünsche, daß dieser Brief dort nicht gedruckt werde, und werde mein Bestes dazu thun; sollte ich es jedoch nicht zu hindern vermögen und ich mir bei rechtzeitiger Kenntnis zuerst die Veröffentlichung sichern können, dann würde ich nicht Anstand nehmen, den Druck selbst zu besorgen. Dies scheint mir gerecht und natürlich.
»Was Ihre Antwort auf diesen Brief anlangt, so ist sie niemandem mitgetheilt worden, und Sie können sich darauf verlassen, daß sie nicht gedruckt werden wird ohne Ihre Erlaubnis, [Fußnote: Dies gilt natürlich nur für seine wie meine Lebenszeit, und sicherlich würden die berechtigtsten Anforderungen, namentlich bei einem Manne, der sie alle mit Füßen tritt, nicht mehr verlangen können.] um die ich Sie wahrhaftig nicht unbescheidener Weise ersuchen werde, da ich sehr wohl weiß, daß das, was ein Mann dem andern schreibt, nicht für das Publikum geschrieben ist. Wenn Sie jedoch einen zur Veröffentlichung bestimmten Brief an mich richten wollen, so verspreche ich Ihnen, daß er dem meinigen getreulich beigefügt werden soll und ich nicht ein einziges Wort darauf erwidern werde.
»Ich liebe Sie nicht, mein Herr; Sie haben mir die Leiden bereitet, die für mich die empfindlichsten sein mußten, mir, Ihrem Schüler und begeisterten Anhänger. Zum Lohn für die Zuflucht, die Sie in Genf gefunden, haben Sie es verdorben; zum Lohn für die Lobeserhebungen, die ich Ihnen unter meinen Mitbürgern verschwenderisch gespendet, haben Sie sie mir entfremdet; Sie sind es, der mir den Aufenthalt in meiner Heimat unerträglich macht, Sie, um dessen willen ich auf fremder Erde sterben muß, beraubt aller Tröstungen der Sterbenden und zur letzten Ehre auf den Schindanger geworfen, während Ihnen alle Ehren, auf die ein Mensch hoffen darf, in meiner Heimat das Geleite geben werden. Kurz ich hasse Sie, da Sie es gewollt haben; aber ich hasse Sie als ein Mann, der noch würdiger ist, Sie zu lieben, wenn Sie es gewollt hätten. Von allen Gefühlen, die mein Herz für Sie durchdrungen haben, bleibt mir nur die Bewunderung, die man Ihrem schönen Genie nicht verweigern kann, und die Liebe zu Ihren Schriften. Wenn ich in Ihnen nur Ihre Talente ehren kann, so liegt die Schuld nicht an mir. Ich werde es nie an der Ihnen gebührenden Achtung fehlen lassen, noch an dem Benehmen, welches diese Achtung erfordert. Leben Sie wohl, mein Herr!« [Fußnote: Man wird bemerken, daß ich seit fast sieben Jahren, vor denen dieser Brief geschrieben ist, weder davon zu einer lebenden Seele gesprochen, noch ihn ihr gezeigt habe. Eben so verhielt es sich mit den beiden Briefen, die mich Herr Hume im letzten Sommer an ihn zu schreiben zwang, bis er den Lärm erhob, den jeder kennt. Das Böse, das ich von meinen Feinden zu sagen habe, sage ich Ihnen im Geheimen selbst; was das Gute anlangt, sage ich es, wenn es etwas giebt, öffentlich und aufrichtig.]
Mitten unter diesen kleinen literarischen Zänkereien, die mich mehr und mehr in meinem Entschlusse bestärkten, empfing ich die größte Ehre, die mir die schriftstellerische Thätigkeit eingebracht und mich am angenehmsten berührt hat, durch den Besuch, den mir der Prinz von Conti zweimal zu machen geruhte, den einen im kleinen Schlosse und den andern in Mont-Louis. Beide Male wählte er sogar die Zeit, in der Frau von Luxembourg nicht in Montmorency war, um es noch klarer zu zeigen, daß er nur um meiner willen käme. Ich habe nie daran gezweifelt, daß ich der Frau von Luxembourg und der Frau von Boufflers die ersten Freundlichkeiten dieses Fürsten verdankte; allein ich zweifle auch nicht, daß ich diejenigen, mit denen er mich zu ehren seitdem nicht aufgehört hat, seinen eigenen Gefühlen und mir selbst verdanke! [Fußnote: Man bemerke die Beharrlichkeit dieses blinden und albernen Vertrauens inmitten aller der Behandlung, die mich eines Bessern hätte belehren sollen. Erst nach meiner Rückkehr nach Paris im Jahre 1770 hat es aufgehört.]
Da meine Wohnung in Mont-Louis sehr beschränkt und die Lage des Thurmes reizend war, so führte ich dorthin den Prinzen, der, um das Maß seiner Gnade voll zu machen, mir die Ehre anthun wollte, mit mir eine Partie Schach zu spielen. Ich wußte, daß er den Chevalier von Lorenzi, der besser als ich spielte, besiegte. Indessen trotz der Winke und Zeichen des Chevalier
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