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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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bereits entworfenen Plan zu meinen »politischen Einrichtungen«, von denen ich bald werde zu reden haben, ich ging mit dem Gedanken um, eine »Geschichte des Wallis« zu schreiben und sann über einen Entwurf zu einem Trauerspiel in Prosa nach, dessen Stoff, der nichts Geringeres als Lucrezia war, mich mit der Hoffnung erfüllte, die Spötter niederzuschmettern, obgleich ich diese Unglückliche noch auftreten zu lassen wagte, wenn sie es auf keiner französischen Bühne mehr darf. Zur nämlichen Zeit versuchte ich mich am Tacitus und übersetzte das erste Buch seiner Geschichte, welches man unter meinen Papieren finden wird.
    Nach einem viermonatlichen Aufenthalte in Genf kehrte ich im October nach Paris zurück und nahm den Weg absichtlich nicht über Lyon, um nicht mit Gauffecourt zusammenzutreffen. Da ich mir vorgenommen hatte, erst im nächsten Frühjahre zurückzukehren, so nahm ich während des Winters meine gewohnte Lebensweise und meine Beschäftigungen wieder auf. Die hauptsächlichste bestand darin, die Correcturbogen meiner »Abhandlung über die Ungleichheit« durchzusehen, die ich in Holland bei dem Verlagsbuchhändler Rey, dessen Bekanntschaft ich in Genf gemacht hatte, drucken ließ. Da dieses Werk der Republik gewidmet war, und diese Widmung dem Rathe vielleicht nicht gefiel, so wollte ich vor meiner Rückkehr nach Genf erst die Wirkung, die sie dort hervorbringen würde, abwarten. Diese Wirkung war mir nicht günstig, und diese Widmung, welche mir die reinste Vaterlandsliebe eingegeben, hatte lediglich den Erfolg, mir im Rathe Feinde und in der Bürgerschaft Eifersüchtige zuzuziehen. Herr Chouet, der damalige erste Syndikus, schrieb mir einen höflichen, aber kalten Brief, den man in dem Hefte A Nr. 3 meiner Sammlungen finden wird. Von Privatleuten, unter andern von Deluc und Jalabert, erhielt ich einige anerkennende Schreiben, und das war alles; ich bemerkte nicht, daß mir irgend ein Genfer wahren Dank für den Herzenseifer wußte, den man aus diesem Werk herausfühlte. Diese Gleichgültigkeit erregte bei allen, die sie wahrnahmen, Anstoß. Ich erinnere mich, daß, als ich eines Tages zu Clichy bei Frau Dupin mit Crommelin, dem Residenten der Republik, und Herrn von Mairan zu Mittag speiste, letzterer während der Tafel laut äußerte, daß mir der Senat für dieses Werk ein Geschenk und öffentliche Ehrenbezeigungen schuldig wäre, und daß er sich entehrte, wenn er es daran fehlen ließe. Crommelin, der ein kleiner boshafter und erbärmlich gemeiner Mann war, wagte in meiner Gegenwart nichts zu erwidern, schnitt aber ein schreckliches Gesicht, über das Frau Dupin in Lachen ausbrach. Der einzige Vortheil, den mir dieses Werk verschaffte, war außer der Befriedigung meines eigenen Herzens der Titel Bürger, der mir von meinen Freunden und darauf nach ihrem Beispiele von jedermann beigelegt wurde und den ich später wieder verlor, weil ich ihn zu wohl verdient hatte. [Fußnote: Da er auf diesen Titel nach der Verurtheilung des Emil zu Genf verzichtete, so will er damit ohne Zweifel sagen, daß er ihn verlor, weil man ihn durch ein rücksichtsloses Einschreiten gegen ihn gezwungen hatte, ihn abzulegen.]
    Dieser üble Erfolg würde mich indessen nicht abgehalten haben, meine Übersiedelung nach Genf vorzunehmen, wären nicht Beweggründe hinzugetreten, die größere Macht auf mein Herz ausübten. Herr von Epinay, der bei seinem Schlosse La Chevrette einen Flügel, welcher demselben fehlte, anbauen ließ, machte zu seiner Vollendung einen ungeheuern Aufwand. Als wir eines Tages mit Frau von Epinay zur Besichtigung dieser Arbeiten ausgegangen waren, dehnten wir unsern Spaziergang eine Viertelstunde weiter aus, bis zum Reservoir der Wasserkünste des Parks, der an den Wald von Montmorency grenzte. Hier lag ein hübscher Gemüsegarten mit einem sehr verfallenen Gartenhäuschen, das man die Eremitage nannte. Dieser einsame und sehr liebliche Ort hatte, als ich ihn vor meiner Reise nach Genf zum ersten Male gesehen, einen ungemein freundlichen Eindruck auf mich gemacht. In meiner freudigen Erregung war mir der Ausruf entschlüpft: »Ach, gnädige Frau, welche entzückende Wohnung! Ein Zufluchtsort, wie für mich geschaffen!« Frau von Epinay schien nicht sonderlich auf meine Worte zu achten; aber bei dieser zweiten Reise war ich völlig überrascht, an Stelle der alten Hütte ein neues, sehr gut eingerichtetes Häuschen zu finden, welches für einen Haushalt von drei Personen ausreichende Räumlichkeiten

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