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Roverandom

Roverandom

Titel: Roverandom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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sein erster Zauberspruch aufwendiger gewesen wäre, als ihn irgendein alberner kleiner Hund verdiente! Als ob es nicht genügte, jemandem das Fell zu gerben.
    Auf jeden Fall brauche ich nicht darüber zu grübeln, was zu tun ist«, fuhr Psamathos fort. »Es gibt nur eine Möglichkeit. Du musst ihn aufsuchen und ihn um Verzeihung bitten. Aber das kann ich dir versichern! Das werde ich ihm nicht vergessen, bis das Meer zweimal so salzig und halb so nass ist. Macht ihr zwei jetzt mal einen Spaziergang und seid in einer halben Stunde zurück, wenn meine Laune besser ist.«
    Möwe und Rover gingen am Ufer entlang und die Klippe hinauf, Möwe langsam fliegend und Rover traurig dahintrottend. Vor dem Haus des Vaters des kleinen Jungen hielten sie inne; Rover ging sogar durch das Tor und setzte sich in ein Blumenbeet unter dem Fenster des Jungen. Es war noch sehr früh, doch er bellte und bellte hoffnungsvoll. Entweder lagen die kleinen Jungen noch in festem Schlaf oder sie waren fort, denn niemand kam ans Fenster. Das glaubte Rover zumindest. Er hatte vergessen, dass die Dinge auf der Erde anders waren als auf dem Hinterhof des Mondes und dass er wegen Artaxerxes’ Zauberbann immer noch klein war und nicht so laut bellen konnte.
    Nach einer kleinen Weile brachte ihn Möwe niedergeschlagen zur Bucht zurück. Dort erwartete ihn eine völlig neue Überraschung. Psamathos unterhielt sich mit einemWalfisch! Einem sehr großen Walfisch, Uin genannt, dem ältesten der Grönlandwale. Dem kleinen Rover kam er wie ein Berg vor, wie er mit seinem großen Kopf in einem tiefen Tümpel am Wasserrand lag.
    »Tut mir leid, ich konnte im Augenblick nichts Kleines kriegen«, sagte Psamathos. »Aber er ist sehr bequem.«
    »Komm rein«, sagte der Walfisch.
    »Wiedersehen! Geh rein!«, sagte die Seemöwe.
    »Geh rein«, sagte Psamathos, »und beeile dich! Und wenn du drin bist, beiß oder kratze nicht herum; du könntest Uin zum Husten bringen, und das würdest du unangenehm finden.«
    Das war fast so schlimm wie die Aufforderung, in das Loch im Keller des Mannes im Mond zu springen, sodass Möwe und Psamathos ihn hineinschieben mussten. Und sie stießen ihn auch ohne Umstände hinein; und die Kiefer des Walfisches schlossen sich knackend.
    Drinnen war es wirklich sehr dunkel, und es roch nach Fisch. Rover saß da und zitterte; und während er dasaß (er wagte nicht einmal, sich an den Ohren zu kratzen), hörte er oder meinte zu hören, wie der Schwanz des Walfisches im Wasser schwirrte und peitschte; und er spürte oder meinte zu spüren, wie der Walfisch immer tiefer hinabtauchte zum Grund der Tiefen Blauen See.
    Doch als der Walfisch zum Stillstand kam und sein Maul wieder weit aufsperrte (mit Entzücken: Wale ziehen gern mit weit geöffneten Kiefern ihre Bahn, damit eine große Flut an Futter hereingeschwemmt wird, aber Uin war ein rücksichtsvolles Tier) und Rover hinauslugte, war das Meer tief, ja unermesslich tief, aber überhaupt nicht blau. Es herrschte bloß ein mattes grünes Licht; und Rover schritthervor, um einen geschlängelten weißen Sandpfad zwischen einem düsteren und phantastischen Urwald einzuschlagen.
    »Immer geradeaus! Du hast nicht weit zu gehen«, sagte Uin.
    Rover ging geradeaus, so gerade, wie der Pfad es zuließ, und bald sah er vor sich das Tor eines großen Palastes, der aus rosa und weißem Stein gemacht schien, den ein mattes Licht durchschien; und durch die zahlreichen Fenster leuchteten klar grüne und blaue Lichter. Rings um die Mauern wuchsen riesige Meerbäume, höher als die Kuppeln des Palastes, die sich ungeheuer wölbten, im dunklen Wasser schimmernd. Die großen Gummistämme der Bäume bogen sich und schwankten wie Gräser, und der Schatten ihrer endlosen Zweige wimmelte von Goldfischen und Silberfischen und Rotfischen und Blaufischen und Fischen, die wie Vögel phosphoreszierten. Aber die Fische sangen nicht. Die Nixen sangen im Inneren des Palastes. Und wie sie sangen! Und alle Meeresfeen sangen im Chor, und die Musik strömte durch die Fenster, als Hunderte Seemusikanten mit Hörnern und Pfeifen und Muscheln Musik machten.
    See-Kobolde grinsten ihn aus der Dunkelheit unter den Bäumen an, und Rover eilte vorwärts, so schnell er konnte – er fand, dass tief unten im Wasser seine Schritte langsam und schwerfällig waren. Und warum ertrank er nicht? Ich weiß es nicht, doch ich nehme an, dass Psamathos Psamathides darüber ein wenig nachgedacht hatte (er weiß viel mehr über das Meer, als die

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