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Roxelane

Titel: Roxelane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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ihrer
    Höhe gefunden. Es war Gefahr im Verzug, und in der Gefahr hatte sie noch niemals versagt.
    Mit zwei Dienerinnen als Zofen war Roxelane ins Bad gesteckt und dadurch Zeit gewonnen worden, die maulenden Mädchen derart beim Anziehen zu treiben, daß die junge Gesellschaft bald in den Eßraum und dann an den Stickrahmen, in den Park und wohin auch immer hatte geschickt werden können.
    Und nun war die Gouvernante mit Roxelane allein.
    Die herrlichen Brautgewänder in Mattrosa und Weiß lagen mit dem Schmuck und der Feredescha auf einem Sofa. Roxelane selbst saß nur in ihrer Hose und einem weiten Hausmantel vor ihrem Spiegel. Dede Semid aber kämmte sie.
    Sie werde selbst die Hanum bedienen, hatte Frau Dede gesagt und durch den unmißverständlichen Nachdruck auf dem Wort Hanum den Abstand der übrigen Mädchen von Roxelane betont. Sie war nicht gewillt, Vertraulichkeiten zu dulden, und wenn sie bis zum äußersten gehen und das eine oder andere ihrer Mädchen hätte bestrafen müssen, was keine Gouvernante gern tat, weil man ja nie wissen konnte, ob die Gezüchtigte nicht später doch noch in Gunst kommen würde. Aber von Roxelanes Titel ließ Dede Semid sich nichts abhandeln! Denn wie die Umstände auch gewesen waren, so hatte die junge Herrin doch einmal eine Nacht in der Gesellschaft des regierenden Sultans zugebracht, und niemals konnte sie zu Lebzeiten des Kaisers an einen andern Mann mehr vermählt werden.
    Das hing mit der Stellung der Osmanenkaiser als Kalifen und Nachfolger des Propheten zusammen. Denn was dem Propheten recht gewesen war, mußte jetzt dem Kaiser billig sein. Der Prophet aber hatte seinen eigenen Frauen im Falle der Scheidung die Wiederverheiratung verboten.
    Dem vielerfahrenen Mann war es eben sehr um die Hingabe seiner Gattinnen zu tun gewesen, und nach diesem Gesetz hatte es für keine seiner Damen außer auf ihn eine Hoffnung mehr gegeben.
    Für Dede Semid umschwebten daher Roxelane geradezu kultische Weihen, und mit dieser Vorstellung verband die Gouvernante dem
    Islam zum Trotz noch immer dieselben Gefühle, die sie als Kind für die Heiligen der römisch-katholischen Kirche gehegt hatte.
    Und nun kämmte sie ihrer Heiligen das Haar.
    Wie ein Tier mit einem selbständigen Leben empfand sie diese dichte Flut, die ihr, indes der Kamm sie knisternd pflügte, erregend durch die Hände glitt.
    Ganz unvenezianisch war dieses Rot. Zu den rothaarigen Frauen Venedigs hatte sich Dede Semid mit ihren schwarzen Flechten gar nicht so sehr in Gegensatz gefühlt wie zu Roxelane mit diesem sprühenden Rot, das gewalttätig und unmittelbar wie eine Urschöpfung dem Haupte des Mädchens entquoll.
    Dede Semid liebte Roxelane, und sie liebte Roxelanes Haar.
    „Herrin ..begann sie.
    Roxelane aber runzelte die Brauen.
    „Nennen Sie mich nicht so!“ befahl sie mehr, als sie bat.
    Doch damit stieß sie bei Dede Semid auf eisernen Widerstand.
    „Sie sind, was Sie sind“, sagte die Dame, „und das müssen Sie auch bleiben. Was also wollen Sie hier? Bei den Guedlicki?“
    „Und wo sollte ich sonst wohl sein?“
    „Im Köschk der Hebetullah!“ sagte Dede Semid, ohne zu zögern. „Im Köschk auf dem Mond!“ lachte Roxelane.
    „Es gehört Ihnen, das Hebetullah Köschk!“ beharrte die andere. „Wie finden sie meinen Hals?“ fragte Roxelane aber nur.
    Dede Semid fand ihn untadelig.
    „Sehen Sie“, meinte das junge Mädchen leichthin, „gerade so möchte ich ihn noch eine Weile behalten. Mir gefallen Seidenschnüre nicht sehr, die sich darumlegen könnten. Das Erdrosseln hinterläßt immer so häßliche Streifen.“
    „Und der Padischah?“
    Die Gouvernante wäre keine Frau gewesen, wenn sie nicht darauf gebrannt hätte, zu erfahren, was bei Roxelanes Begegnung mit Soliman geschehen sei.
    Doch Roxelane wurde von einer unzerstörbaren Schamhaftigkeit gehemmt. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die der Freundin ihre Bettgeheimnisse verraten. Sie lieferte Soliman nicht aus, auch nicht an
    Dede Semid. Und ohne es mit ihren siebzehn Jahren zu wollen oder auch nur zu ahnen, begann sie mit diesem Schweigen eine wirkliche Herrin zu sein.
    „Der Padischah . . .?“ wiederholte sie. „Er ist fort. Mit seiner Jacht. Sie vergessen die Truppenrevue, meine Liebe!“
    Roxelanes Gesicht verlor auch in diesem Augenblick seine Heiterkeit nicht, trotzdem ihr wieder wie vorhin war, als sie am höchsten vergitterten Fenster des Köschk Hebetullah gestanden hatte, um zu sehen, wie die kaiserliche Galeere das Goldene

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