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Rubinsteins Versteigerung

Rubinsteins Versteigerung

Titel: Rubinsteins Versteigerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Seligmann
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Beispiel die Landschaft hier im Tölzer Tal. Die kühlen Wälder, die sanften Berge, der klare blaue Himmel. Verflucht noch mal, was geht mich der klare blaue Himmel an? Ich will vögeln und kann nicht! Reb Jid, was nicht geht, geht nicht. Du wirst wohl oder übel Bestätigung auf anderen Gebieten suchen müssen. Aber wo? In welchem Beruf? Geschichte hat dir doch schon seit je Spaß gemacht. Hier hattest du auch immer gute Ergebnisse, ohne einen Finger zu rühren. Soll ich etwa als vertrockneter Gelehrter enden? Bloß das nicht. Aber was sonst? Zum Kaufmann fehlt mir – leider – das Talent. Zum Gammler die physische Robustheit. Also was tun? Nur keine Panik, Reb Jid! Niemand zwingt dich, jetzt über deine Zukunft zu entscheiden. Genieße erst mal die Ruhe hier – was anderes bleibt dir im Moment sowieso nicht übrig.
     
    Was hältst du von einem gemütlichen Nachmittagsschläfchen, Reb Jid? Wie ein Rentner. Na und? Ich schlafe nun mal gerne nach dem Essen. Soll ich wie eine Tarantel ununterbrochen nervös herumschwirren, nur weil ich nicht vögeln kann?
     
    Es gibt kaum etwas Schöneres, als in einem frisch bezogenen kühlen Bett zu liegen und sich einen runterzuholen. Zuvor ein leichtes kribbelndes Ziehen in den Arm- und Beinmuskeln, dann, während des Wichsens, steigert sichdie Spannung immer stärker, konzentriert sich zunehmend im Schmock, um sich schließlich in mehreren kurzen Ausbrüchen zu entladen. Danach, während man noch ein Pochen in den Schläfen spürt, strömt angenehme Wärme in alle Glieder – Entspannung. Die Stimmung hellt sich auf. Auch heute.
    Was haderst du so, Rubinstein? Dein Schmock funktioniert doch. Das hat er soeben wieder eindeutig bewiesen – ebenso wie bei zahllosen Wichsereien zuvor. Die arme Frau Tiefenmoser wird beim Waschen des Bettlakens genauso zum Zeugen deiner Potenz werden wie Esel, die sich andauernd über deine »Bettbesudeleien« beschwert. Wenn dein Schwanz in Ordnung ist, dann spinnt dein Kopf. Aus lauter Angst vorm Bumsen – aus Angst, beim Vögeln zu versagen. Deshalb lief bei der Nutte nichts, ebenso wenig wie bei der Taucher oder jetzt bei Suse.
    Scheißangst. Ich kann mich doch nicht ewig von dieser Angst unterkriegen lassen! Was kann dir schon passieren, selbst wenn du im Bett versagst? Nichts! Erst recht nicht bei Suse. Hat sie dich etwa am Sonntag fühlen lassen, dass du ein Schlappschwanz bist? Im Gegenteil! Sie hat dir sofort gesagt, wie gern sie sich mit dir unterhält. UNTERHÄLT! Sie unterhält sich gern mit mir, und ich will sie vögeln. Aber nicht mit Gewalt, Reb Jid! Sonst wird nichts draus – schon gar nicht zu Hause. Da siehst du ständig Esel durchs Zimmer schleichen und »Blumen gießen«, egal, ob sie daheim ist oder nicht. Du musst Suse aus München rauslocken. Am besten, du machst mit ihr einen Ausflug. Wenn sie schon bereit ist, mit dir nach Griechenland zu fahren, weshalb soll sie nicht eine Wochenendfahrt mitdir unternehmen? Fred wird dir mit Freuden seine Karre leihen.
    Keine Sorge, Rubinstein. Du wirst dein Leben nicht im Dienst der Wissenschaft aushauchen und vorläufig auch nicht als israelischer Zelot. Erst mal wirst du es dir hier gemütlich machen, danach wird sich alles schon irgendwie finden.

DIE SCHICKSE
    »Nicht, dass der Besuch bei deiner Mutter genauso ’ne Veräppelung ist wie damals mit ›deiner‹ Schwester.« Suses Stimme ist ungewöhnlich hell, sie muss das Fahrgeräusch übertönen.
    »Ausnahmsweise nicht. Wir fahren wirklich zu Esel.«
    »Wie bitte nennst du deine Mutter?«
    »Esel. Du hast richtig gehört.«
    »Du bist eine unmögliche Type. Nennt seine Mutter Esel. Und er selbst fühlt sich als Schildkröte. Oh, nein!«
    Die Frau hat blendende Laune. Sie weiß gar nicht, was auf sie wartet – und auf mich. Weshalb bin ich nur auf die Idee gekommen, Esel zu besuchen? Weil Suse so am einfachsten aus München herauszulocken war. Besuch bei der Mutter klingt besonders vertrauenerweckend. Aber gerade Esel? Du weißt haargenau, dass sie ein Affentheater inszenieren wird, sobald du mit einer Schickse bei ihr aufkreuzt. Ich muss das Mädel vorbereiten, sonst gibt’s eine Katastrophe. »Hoffentlich bist du von meiner Mutter nicht enttäuscht.«
    »Was redest du denn jetzt wieder für einen Unsinn?«
    »Ernsthaft. Meine Mutter ist wirklich ein wenig kompliziert. Sie hat im Krieg fast alle Familienangehörigen verloren. Sie wurden von den Nazis ausgerottet. Und deshalb ist ihr Verhältnis zu den Deutschen ein wenig

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