Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
auf und stützte die Hände auf die Hüften. »Was soll das bitte schön? Gibt’s diese Woche einen Preis, wenn man eine alte, wehrlose Frau entführt, oder was?« Sie würde ihre Gefangenschaft doch nicht tatenlos hinnehmen! Die Digbys hatten sich immer mit Händen und Füßen gewehrt, wenn ihnen Unrecht geschah, auch wenn sie am kürzeren Hebel saßen.
»Alles, was wir von Ihnen wollen«, sagte der Mann, »ist, dass Sie Ihre Arbeitgeber anrufen und sagen, dass Sie gesund und munter in Miami sitzen.«
Mrs Digby verschränkte die Arme vor der Brust.
»Und warum sollte ich das tun, wenn es gar nicht stimmt?«
»Nun ja«, sagte der nette Mann und lächelte sie an. »Warum sagen Sie es nicht einfach trotzdem?«
»Weil ich dann eine Lügnerin wäre, und das bin ich aus Prinzip nicht!« Mrs Digby schürzte trotzig die Lippen.
»Tja«, fuhr der Mann geduldig fort, »dann überkreuzen Sie einfach Zeige- und Mittelfinger hinter Ihrem Rücken und stellen sich vor, dass Sie eine sind.«
Mrs Digby seufzte gequält. »Und was sollte ich bitte schön in Miami tun?«
»Vielleicht Blackjack spielen? Oder haben Sie nicht eventuell Freunde dort?«
»Und was ist, wenn ich sage, dass ich gar nicht in Miami bin, sondern in einer Lagerhalle, und mit vorgehaltener Waffe bedroht werde – was machen Sie dann?«
»Dann«, sagte nun der andere Mann, der mit den großen Pranken und den silbernen Ringen, die ein bisschen wie ein Schlagring aussahen, »dann werden Sie sich vermutlich wünschen, Sie wären doch in Miami und würden Blackjack spielen …«
»Okay, okay, hab’s kapiert, Dicker.« Mrs Digby griff zum Hörer und hoffte, dass Ruby heute zufällig die Schule schwänzte – wenn Ruby ihre Stimme hörte, würde sie sofort merken, dass etwas nicht stimmte. Ruby war ein helles Köpfchen. Mrs Digby wählte die Nummer der Redforts, doch niemand nahm ab.
»Hinterlassen Sie eine Nachricht!«, zischte der Typ.
Mrs Digby starrte seinen silbernen Schlagring an und kam zu dem Schluss, dass sie besser tun sollte, was ihr gesagt wurde.
»Sie werden es sowieso nicht glauben!«, fauchte sie, nachdem sie eine Nachricht aufgesprochen hatte. »Ihr könnt mich lange zwingen, irgendwelchen Quatsch auf den AB zu sprechen, aber die Redforts kennen mich in- und auswendig. Sie werden es sofort merken, dass ich dazu gezwungen wurde. Die Sache stinkt zum Himmel, denn sie wissen, dass ich keinen Vetter namens Ernie habe, bei dem ich angeblich bin! Eines kann ich euch sagen: Das wird euch noch leid tun, ihr Schurken! Eine arme, wehrlose Frau entführen …« Mrs Digby platzte fast vor Wut, doch ihre Entführer lachten nur.
»Warten Sie mal nicht zu lange, bis Sie sich retten lassen, Sie arme, wehrlose Frau – bevor Ihr Verfallsdatum überschritten ist!«
20. Kapitel
Nicht sehr wahrscheinlich, aber durchaus möglich
Als Ruby auf dem Rad in ihre Straße einbog, fiel ihr ein Lieferwagen von Sushi-Land auf, der auf der anderen Straßenseite parkte. An der Haustür wurde sie von Floh mit einem freudigen Bellen begrüßt, und als sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinauflief, bekam sie ein paar Gesprächsfetzen ihrer Eltern mit, die in der Küche saßen.
»Wie nett, dass Mrs Digby sich endlich gemeldet hat, nicht wahr, Schatz?«
»Ja«, sagte Brant zustimmend. »Ich wusste gar nicht, dass sie einen Cousin namens Ernie hat.«
»Ich auch nicht – aber das beweist wieder einmal, dass man einen Menschen sein ganzes Leben lang kennen kann und doch nicht alles über ihn weiß. Trotzdem, ich bin froh, dass sie eine schöne Zeit hat – so eine kleine Auszeit tut ihr bestimmt gut.« Sabina griff nach ihrer Illustrierten. »Aber ich freue mich, wenn sie wieder da ist.«
»Ja, ich kann es kaum erwarten, es Ruby zu sagen. Sie wird sich wie ein Schneekönig freuen«, sagte Brant.
»Was Ruby sagen?«, fragte Ruby. Sie ließ ihren Rucksack auf den Boden fallen und ging zum Kühlschrank.
»Dass Mrs Digby angerufen hat!«, sagte ihr Vater.
Um ein Haar hätte Ruby die Tüte mit der Bananenmilch fallen lassen. »Echt? Ihr habt mit ihr gesprochen? Wo ist sie?«
»Sie war nur auf dem AB. Und stell dir vor: Sie ist in Miami, genau wie dein Vater vermutet hatte«, erklärte Sabina voller Stolz.
»Oh, das muss ich mir anhören«, sagte Ruby und wollte in den Flur laufen.
Ihre Mutter biss sich auf die Lippe. »Tut mir leid, Schatz, aber dein Vater hat es schon gelöscht.«
»Sorry, Ruby«, sagte ihr Vater mit einem verlegenen Schulterzucken. »Du weißt ja, wie
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