Ruby Redfort: Gefährlicher als Gold (German Edition)
niemand etwas merken würde, wenn er nicht zur Schule ging – nur dieses eine Mal!
»Und wo gehen wir hin?«, erkundigte er sich nervös.
»Wir machen nur einen kleinen Ausflug zu Tony’s Haarsalon, um zu sehen, ob wir dort irgendwas erfahren.«
»Und was ist mit dir? Werden sie dich bei Spektrum nicht vermissen?«
»Daran hab ich natürlich gedacht«, sagte Ruby. »Ich habe Blacker angerufen und ihm erzählt, ich müsse etwas ausknobeln – und das ginge besser bei mir zu Hause.«
Sie bremsten vor Tony’s ab – dem Edelfriseur am Twinford Square.
»Und was machen wir hier?«, fragte Clancy.
»Eine Information einholen. Folge mir einfach, aber sag nichts. Du weißt schon – Klappe halten!«
»Ay ay, Sir«, murmelte Clancy.
»Hallo, Ruby!«, rief Marcia zur Begrüßung. »Was machst du hier? Gehst du nicht mehr zur Schule, oder was?« Rubys Mutter war Stammkundin bei Marcia, und Ruby war oft mitgekommen, als sie noch klein war.
»Ihnen fällt nichts mehr ein, was sie mir noch beibringen könnten, deshalb habe ich heute frei bekommen.«
Marcia zwinkerte ihr zu. »Ah, verstehe – aber keine Angst, Schätzchen, ich bin keine Petze.« Sie musterte Clancy. »Was ist dir passiert, mein Junge? Kleines Handgemenge mit ’nem Zahnarzt?«
Clancy verdrehte die Augen.
»Und?«, fragte Marcia. »Was kann ich für euch tun?«
»Ich hätte da eine Frage: Kennen Sie zufällig eine Frau namens Carla Lopez?«
»Natürlich, sie ist Stammkundin hier – warum fragst du?«
»Als sie das letzte Mal hier war, war sie da irgendwie komisch?«
»Komisch? Inwiefern?«
»War sie etwas … anders als sonst, nervös oder so?«, fragte Ruby.
»Hm, ehrlich gesagt hatte sie es auf einen Schlag so eilig, dass sie mit ein paar unserer beheizbaren Lockenwickler auf dem Kopf davonrannte, deshalb kann man schon sagen, dass sie irgendwie komisch war. Aber da fragst du besser Sandy – sie hat Carlas Nägel gemacht.« Marcia deutete auf eine große junge Frau, die im Hintergrund die Nägel einer pummeligen Frau mit blaustichigen Haaren feilte. »Hey, Sandy, das Mädchen hier möchte dich etwas fragen.«
Ruby ging in die Ecke, in der sich das Nagelstudio befand, und setzte sich auf den freien Hocker neben Sandy. Sandy feilte weiter.
»Ich wollte nur etwas wissen: Vor einigen Wochen haben Sie eine Freundin von mir bedient – erinnern Sie sich zufällig noch daran? Carla Lopez, lange schwarze Haare, hübsch, Mitte dreißig.«
»O ja«, schnaubte Sandy und feilte noch eifriger weiter. »Sie ist mir noch das Trinkgeld schuldig!«
Die Frau mit den blaustichigen Haaren hustete – es war aber kein richtiges Husten, sondern mehr ein Hüsteln, in dem der Vorwurf mitschwang: Würden Sie sich vielleicht bitte auf mich hier konzentrieren?
Ruby ignorierte sie.
»Wie? Sie lief davon, ohne zu bezahlen?«
»Ja, ich war noch mit ihren Nägeln beschäftigt, hatte sie gerade gefeilt und alles, und während ich den roten Nagellack auftrug, habe ich ihr von der prunkvollen Hochzeit meiner Cousine in einem pompösen Hotel erzählt. Und da sprang sie plötzlich wie von der Tarantel gestochen auf und sagte, sie brauche ein Telefonbuch. Ich sagte: ›Aber Lady, ich bin doch noch gar nicht mit dem Nagellack fertig.‹ Ich war noch immer an der linken Hand, aber das war ihr plötzlich völlig egal. Sie lief zu dem Telefon dort drüben, blätterte das Telefonbuch durch, und schwupp rannte sie aus der Tür – ich dachte mir noch, huch, jetzt spinnt sie aber.«
»Danke, Sie haben mir sehr geholfen, Sandy«, sagte Ruby, sprang auf und rannte ebenfalls zum Telefon.
»Wenn du sie siehst, sag ihr, dass sie mir noch etwas schuldet!«, rief Sandy ihr nach.
Ruby schlug das Telefonbuch auf, das mit einer Kette an der Wand befestigt war, und blätterte es hastig durch.
»Wonach suchst du?«, fragte Clancy.
»Nach etwas, das mit S beginnt«, erklärte sie ihm.
Ruby überflog eine Seite: Saverio’s Autowerkstatt, Schneiderei Schwarz, Schreibwaren Salomon, Schreinerei Sonnenschein, Springbrunnen-Hotel .
VOLLTREFFER!
Und wie zum Beweis, dass sie wirklich auf der richtigen Spur war, entdeckte sie noch einen kleinen roten Kleckser Nagellack neben dem Namen.
Ruby holte ihr gelbes Notizheft aus ihrer Tasche und schrieb Adresse und Telefonnummer des Hotels auf die Umschlaginnenseite.
»Könntest du mir vielleicht verraten, was das soll?«, fragte Clancy.
»Wir müssen irgendwohin – außerhalb der Stadt.«
»Wohin genau?«, bohrte Clancy nach.
»Everly«,
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