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Ruby und Niall

Ruby und Niall

Titel: Ruby und Niall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Recht
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reagierte fluchend auf das ungeduldige Hupen des Autofahrers hinter ihnen. Mit einer Hand wischte er sich über das kurz geschnittene Haar, rückte die Brille zurecht, die er nur trug, um harmloser auszusehen.
"Michael hat sie direkt nach deinem Verschwinden in eine Klinik bringen lassen. Du hättest es uns sagen müssen, anstatt die Biege zu machen." Aber sein Gesichtsausdruck sagte etwas anderes. Er wusste, dass Michael nicht der Typ von falschen Versprechungen war. Er war aufbrausend und cholerisch und erinnerte sich sehr genau an ausgestoßene Drohungen, besonders, wenn es um seine Schwester ging.
"Du hättest von Anfang an die Finger von ihr lassen sollen."

Normalerweise fuhren sie die Strecke bis an den Upper Mystic Lake in knapp zwanzig Minuten, aber bei den vorherrschenden Wetterverhältnissen brauchten sie länger. Niall war das nur recht.
Niall konnte sich nicht damit rausreden, dass sie es beide gewollt hatten; er hatte von Anfang an gewusst, dass man von Michaels kleiner Schwester einfach die Finger ließ. Und Alice hatte ihn vermutlich benutzt, um ihrem Bruder eins auszuwischen. Was gründlich nach hinten losgegangen war.
Das Grundstück mit den beiden separat liegenden Häusern am Ende der Woodside Lane erreichten sie kurz vor Anbruch der Dunkelheit. Niall mochte diese Ecke von Boston, dort, wo die Straßen nicht wie mit dem Lineal gezogen von Ost nach West und von Nord nach Süd verliefen, wo es alte Baumbestände gab und der See in direkter Nähe lag.

Sean hielt den Ford vor dem Haupthaus, stellte den Motor ab. Bevor Niall ausstieg, klatschte Sean ihm freundschaftlich die flache Hand auf den Kopf.
"Du lässt mich reden, Okay? Wir schaffen das schon, wir bringen das wieder in Ordnung." Seine Stimme klang entspannt, aber Niall verwechselte es nicht mit Freundlichkeit. Sean war Familie, aber er hasste es, sich um solche Dinge kümmern zu müssen. "Ich hätte es merken müssen. Ich hab doch Augen im Kopf, verdammt, und ich hätte etwas unternehmen müssen, als ich gesehen hab, dass du ständig mit Alice unterwegs warst, anstatt deinen Job zu tun."
Sie stiegen aus, Niall krückte auf das Haus zu, Sean trug seine Tasche.
"Was hat der Boss dazu gesagt?", fragte Niall.
"Er hat nichts davon mitbekommen. Die meiste Zeit hat er geschrieben oder war mit Musikern unterwegs und es hat ihn nicht sonderlich interessiert, was bei uns los war. Er wird wissen wollen, wie du dir dein Bein gebrochen hast und sagen, dass du dir das Haar schneiden sollst."
"Ich war mit Schaustellern unterwegs." Niall versuchte ein kleines Grinsen. "In einer Kuriositätenausstellung."
"Als was bist du aufgetreten?", fragte Sean, "als Leprechaun von der IRA?"

Im Haupthaus herrschte Stille und nur der Küchengeruch zeugte davon, dass die letzte Mahlzeit noch nicht lange zurückliegen konnte. Niall humpelte in die Küche, die er verwaist vorfand, ging hinüber in den angrenzenden Gemeinschaftsraum, der so groß war, dass der Boss darin Pressekonferenzen und Meetings abhalten konnte. Auf dem großen polierten Holztisch standen noch Kaffee- und Teetassen, es lagen Zeitungen und Bücher herum. Jemand hatte dem ernst blickenden Gesicht auf dem Titelblatt der Bostoner Tageszeitung einen Schnurrbart und Schielaugen gemalt. Als Niall zurück in den Flur ging, um sich im Mud Room die Jacke auszuziehen, war Sean bereits in den oberen Stock verschwunden. Wenn der Boss zuhause war, hielt er sich meist in den oberen Zimmern auf, wo er sein Studio und seine Bibliothek eingerichtet hatte.

Michael und die anderen waren drüben im Nebengebäude, wenn sie nichts anderes zu tun hatten. Es gab keine strenge Trennung zwischen dem Boss und seinen Angestellten, aber das Haupthaus war für alle zu klein, nachdem der Boss das gesamte Obergeschoss für sich beansprucht hatte. Der Umbau hatte über ein Jahr gedauert, ebenso lange, wie das Nebengebäude für die Angestellten zu sanieren. Der Mann mochte es, wenn er sich Techniker, Assistenten, Hausangestellte und Gehilfen aller Art auf Abruf in der Nähe hatte. Ihm fiel mitunter morgens um drei Uhr ein, dass er ein komplettes irisches Frühstück brauchte, weil er die ganze Nacht an einem Manuskript gesessen und plötzlich Hunger hatte. Seit er nicht mehr trank, waren seine explosiven Stimmungsschwankungen nicht mehr ganz so explosiv, er hatte sich besser im Griff, aber manche behaupteten auch, seitdem seien seine Texte und seine Songs nicht mehr so kraftvoll. Und seit er trocken war, ging er mit Begeisterung in

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