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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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vorstellen, dass einer aus dem Club so wütend auf den alten Mann war, dass er ihm etwas angetan hätte?«
    »Nach so langer Zeit? Nein. Die waren zwar ganz schön stinkig auf ihn, vor allem weil sie befürchteten, dass sie das Geld zurückzahlen müssten, aber etwas antun … Wie kommst du darauf?«
    Ich erzählte ihr, dass Heinz Wachowiak gestorben war.
    »Und du vermutest einen Mordfall? Also, ich weiß nicht. Du, ich muss zur Konferenz, lass uns doch die Tage noch mal telefonieren.«
    »Warte, Ines, eins noch.« Gerade war mir ein Gedanke gekommen. »War der alte Herr vielleicht in den letzten Tagen bei euch in der Redaktion?«
    »Nein, ich hab ihn schon ewig nicht mehr gesehen. Ciao.«
    Als ich auflegte, kehrte Christina zurück. Sie reichte mir eine Tasse Kaffee. Direkt hinter ihr betraten Jonas und Andreas den Raum. Natürlich, hier war jetzt auch Konferenz.
    Ich nahm den Kaffee und trank einen Schluck, obwohl er mir nicht schmeckte. Christina ging an ihren Schreibtisch, Jonas lehnte sich an die Fensterbank hinter mir. Andy blickte mich irritiert an, begann jedoch mit der Konferenz, ohne auf meine Anwesenheit einzugehen.
    Es war eine absurde Szene, wie ich hilflos meinen angestammten Platz beanspruchte, das war mir bewusst. Natürlich musste spätestens jetzt allen auffallen, dass ich keinen Auftrag bekam, dass Andreas so tat, als sei ich nicht da.
    Als die Besprechung vorbei war, lächelte er mich an und signalisierte mir, mit ihm zu kommen. Ich nickte, ging allerdings zuerst zu Christina, klärte sie mit zwei Sätzen auf.
    »Ja, das hat die Gerüchteküche schon verbreitet. Ich hatte gehofft, du wärst wieder zurück, als du hereinkamst.«
    »Nein, dazu muss ich mich wohl erst noch ein bisschen in der Produktion bewähren.« Ich zog eine Grimasse und ging zu Andy.
    »So kriegen wir dich nicht hierhin zurück«, sagte er.
    »Ich brauchte einfach nur ein Telefon.«
    »Hast du die Gewerkschaft angerufen?«
    »Nein.«
    Er schüttelte den Kopf. »Kirsten, ich weiß nicht, was mit dir los ist. Du bist völlig verändert.«
    »Es ist nichts – nichts Schlimmes. Lass uns am Wochenende in Ruhe reden. Jetzt würde ich gerne von hier aus noch einmal telefonieren – meinetwegen auch mit der Gewerkschaft, aber erst mit Hantzsche.«
    »Der Opi.« Sein Tonfall klang unwillig.
    Ich nickte.
    »Also, in Gottes Namen.« Er wies auf seinen Stuhl. »Ich muss sowieso weg. Tu mir bloß einen Gefallen und nimm keinen Anruf der Chefetage entgegen, während du hier sitzt.«
    Ich umarmte ihn und gab ihm einen Kuss. »Versprochen. Wie wäre es, wenn wir heute Abend wie Jugendliche in einen Club gehen?«
    Andy drückte mich fest. »Gerne, aber du scheinst in der Konferenz nicht aufgepasst zu haben: Ich muss zu einer außerordentlichen Stadtratssitzung.«
    Sobald er zur Tür hinaus war, wählte ich die Nummer des Kriminalhauptkommissars, dessen Wege wir bei etlichen Gelegenheiten in den vergangenen drei Jahren gekreuzt hatten. Selten war das Verhältnis wirklich harmonisch gewesen, dazu saßen seine Vorbehalte gegenüber Journalisten zu tief – und vor allem Andreas hatte sie wiederholt bestätigt, dennoch gab er mittlerweile zu, dass wir einige Male den richtigen Riecher gehabt hatten. Zum Glück war er an seinem Platz.
    »Frau Bertram. Wo liegt die Leiche?«
    »Ich schätze, sie soll heute oder am Montag beerdigt werden.«
    »Und Sie wollen vermutlich, dass ich das verhindere.« Ich konnte sein Lächeln hören.
    »Ja«, sagte ich nur und war erleichtert, als er ernsthaft nachfragte, was passiert war. Ich berichtete so knapp und plausibel wie möglich.
    Hantzsche reagierte äußerst skeptisch.
    »Sie haben noch nicht einmal einen konkreten Verdacht«, hielt er mir vor.
    »Nein«, sagte ich kleinlaut. »Aber es heißt doch immer, dass Morde an alten Menschen selten aufgedeckt werden, weil jeder von einer natürlichen Todesursache ausgeht.«
    »Alte Menschen sind dem natürlichen Tod auch sehr nah, meinen Sie nicht?«
    Es gab keine Möglichkeit, ihn zu überzeugen. Frustriert legte ich schließlich auf und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Ich war schon fast eine Stunde hier oben. Hoffentlich war Sylvia inzwischen selbst zu Tisch gegangen. Schnell wählte ich die Nummer der Gewerkschaft, erreichte jedoch nur einen Anrufbeantworter, der mich darüber informierte, dass das Büro ab Montag früh um acht wieder besetzt sei.
    *
    Ich mochte es nicht, allein in einem Club zu sein. Ich hatte noch versucht, Ines zu überreden, mich zu

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