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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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selbst abzulenken und zu beruhigen.
    »Ja«, log ich. »Ich wollte dir nur eine gute Nacht wünschen. Ich gehe jetzt auch schlafen. Und morgen früh komme ich zu dir.«
    »Vergiss den Sekt nicht!«
    »Schluckspecht«, sagte ich und legte auf.
    Ich kochte mir einen Kräutertee, der Beruhigung und Entspannung versprach, fragte mich, seit wann Dale so etwas im Haus hatte, und kuschelte mich damit auf die Wohnzimmercouch. Ich fand eine Talkshow im Fernsehen, die mich ein wenig von meinen Grübeleien ablenkte. Ich wollte auf Dale warten, ich musste wissen, dass er wohlbehalten zurück war. Irgendwann fielen mir jedoch die Augen zu und ich fuhr, zu Tode erschrocken, hoch, als ich eine Berührung wahrnahm. Dale stand vor der Couch, in einer Wolke von kaltem Rauch, er wirkte erschöpft.
    »Alles in Ordnung«, sagte er. »Geh ins Bett.«
    Im Fernsehen lief eine Quizshow. Ich blinzelte auf meine Armbanduhr. Es war halb zwei.
    *
    Als ich am nächsten Morgen wach wurde, strahlte die Sonne. Es war bereits nach zehn. Schnell zog ich mich an und ging nach unten. Dale saß in der Küche vor dem gedeckten Frühstückstisch, wo sogar schon frische Brötchen dufteten. Er hatte den Lokalteil der Zeitung neben seinem Teller liegen.
    »Morgen«, grüßte ich. »Du hättest mich ruhig wecken können. Ich hab geschlafen wie eine Tote.«
    Er erwiderte die Begrüßung und goss mir Tee ein. Seine Augen wiesen tiefe Ringe auf, er konnte nicht gut geschlafen haben.
    Erst als wir beide angefangen hatten zu essen, begann er mit müder, aber wütender Stimme: »Ihr seid doch komplett wahnsinnig, das hier so zu bringen.« Er deutete auf den Aufmacher.
    Ich schluckte einen Bissen herunter. »Davon ist jedes Komma juristisch abgesichert. Da kann uns keiner etwas!«
    »Alles, was euch passiert, ist, dass Andreas noch im Hyazinthus-Krankenhaus liegt, und dann eure Namen über dem Text. Das ist Selbstmord!« Er hatte seine Brötchenhälfte abgelegt.
    »Du spinnst doch.« Ich schaute aus dem Fenster in den sonnigen Vormittag. »Hast du mir gestern nicht zugehört? Die Kripo ist jedem wichtigen Mitglied des ›Sturmtrupp‹ zumindest hart auf den Fersen. Die haben jetzt anderes zu tun, als Journalisten zu verprügeln.« Ich ließ es mir weiter schmecken, realisierte nebenbei glücklich, dass dies schon der fünfte Tag ohne Morgenübelkeit war.
    »Ich spreche nicht von den wichtigen Mitgliedern«, sagte Dale.
    »Ja, ich weiß, dass es immer noch genügend Fußvolk gibt. Aber von dem kann man sich doch nicht tyrannisieren lassen.«
    »Ronnie.«
    »Was?« Nun legte auch ich mein Marmeladenbrötchen hin.
    »Ronnie Meyersfeld ist kurz vorm Durchdrehen. Seine Geliebte hat ihm den Laufpass gegeben, nachdem die Affäre bekannt wurde, und der neue Freundeskreis wird auseinandergenommen. In seinen Augen seid ihr beide für alles verantwortlich.«
    Ich starrte ihn an, ohne etwas zu verstehen. »Woher weißt du das?«
    »Ich bin ihm auf den Fersen geblieben.«
    »So viel zu dem anderen Job. Du hast sein Alibi nicht geglaubt.«
    »Ich war mir nicht sicher, bin ich auch immer noch nicht. Aber eins weiß ich mittlerweile mit Gewissheit: dass der Junge eine tickende Zeitbombe ist. Und wenn er jetzt mitbekommt, dass ihr euch damit brüstet, seine Freunde der Polizei in die Arme getrieben zu haben …«
    »Wir brüsten uns mit gar nichts.« Ich trank einen Schluck Tee. »Und ich glaube kaum, dass Freund Ronnie Zeitung liest.«
    »Vielleicht nicht«, gab Dale zu, »trotzdem würde ich dich am liebsten aus der Stadt schaffen.«

15 . KAPITEL
    »Und was ist mit Andreas? Nein!« Dale war einfach der übervorsichtige Cop, stand für mich fest. Ich nahm meine Brötchenhälfte wieder auf und biss hinein. »Außerdem, wie lange willst du mich verstecken? Bis Ronnie sich beruhigt hat?«, hakte ich mit vollem Mund nach.
    Dale hob die Augenbrauen. »Du bist jetzt nicht nur für dich allein verantwortlich«, erinnerte er mich.
    Das war unfair. »Schlag etwas Sinnvolles vor«, forderte ich.
    Er goss sich noch einen Kaffee ein, stand auf und nahm seine Zigaretten vom Büfett, signalisierte, dass er nach draußen gehen würde: »Nachdenken.«
    Als er verschwunden war, nahm ich mir noch eins der leckeren Brötchen. Ronnie. Musste man vor ihm Angst haben? Davonlaufen?
    Unberechenbar war er bestimmt. Und Dale hatte immer noch Zweifel an seinem Alibi …
    Wenn man ihn provozierte, aus der Reserve lockte? Klar war schließlich, dass Weglaufen auf Dauer nichts brachte. Wir sollten zusehen, dass

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