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Rudernde Hunde

Rudernde Hunde

Titel: Rudernde Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich
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Wein von außen zusammengehalten. Kaum hatten wir sie entfernt, drohte es, in sich zusammenzufallen. Alles brach, sprang, bröselte, geriet aus den Fugen, riß, rieselte, Schimmel trat zutage, Mäuseskelette kamen zum Vorschein. Und der eiligst vom dörflichen Stammtisch herbeigeholte Architekt, ein eifriger und ehrgeiziger ehemaliger Maurerpolier, der für die von uns so gehaßten »Häuser mit den Schießschartenfenstern und Garagen-mäulern« verantwortlich zeichnete, sprach nicht mehr von Renovierung, sondern von »Entkernung«. Ein harmlos anmutender Begriff für den, der arglos ist, ein folgenschwerer für den Betroffenen.
    Am Ende des Entkernungsvorgangs glich das Haus einer Ruine.
    Wir hätten neu bauen können, dachte ich des öfteren. Doch die Schwarzarbeiter des Dorfes bekamen alles in den Griff. Endlich waren die Wände wieder verputzt und gekalkt, o welcher Genuß, was für ein Geruch! Die neuen Thermopane-Fenster waren eingesetzt, die Türen ebenfalls. Alles erstrahlte in vorwiegendem Mattweiß, und die Böden zierte ein Buche-Schiffsboden-Fertig-parkett, das allerdings von selbsternannten Kennern als »Laminat«
    denunziert wurde, was mich ärgerte, denn ich mußte mir eingestehen, daß es zu billig gewesen war und darum mit Recht danach aussah. Klara störte außerdem, daß die Böden federten und man einen leicht trunkenen Gang anzunehmen gezwungen war.
    »Darum heißt es ja Schiffsbodenparkett«, sagte Joe, ein ehemaliger Theaterwissenschaftler mit Schreinerausbildung, dem ich ob seiner entnervenden pseudointellektuellen Daseins-diskussionen nur zögernd unsere Bodengestaltung überlassen hatte.
    Mein Sparwille - meist zu spät und oft an falscher Stelle eingesetzt - wurde von einer fatalen Großzügigkeit abgelöst. Teure Teppiche aller orientalischen Länder - Klara suchte zwei Wochen lang in halb Deutschland nach den richtig gemusterten Stücken -
    kaschierten das allzu Billige. Und unversehens bekam das Klare wieder Müsterchen, zierten die geraden, sachlichen Linien, die mich mit solchem Stolz erfüllt hatten, wieder Girlanden. Blumen wuchsen aus dem Boden, stilisierte Tiere wälzten sich im Wohnzimmer, Farben erschlugen sich gegenseitig. Flora und Fauna krochen über unser Schiffsbodenparkett, ich wurde schon vom bloßen Hinsehen seekrank. Aber Klara war so sehr gewillt, sich ihrem Zauber hinzugeben, und sie war so selig, weil wir bis jetzt völlig ohne das beliebte schwedische Möbelhaus ausgekommen waren, daß sie - nach einem Jahr zum ersten Mal wieder - auf unserer nepalesischen Wohnzimmersommerwiese,
    »garantiert nicht in Kinderarbeit hergestellt«, wie sie immer wieder betonte, mit mir schlief. Es war das letzte Mal, so viel kann ich jetzt schon sagen. Es war bereits November, und uns war kalt, weil die Heizung nicht richtig funktionierte, womit ich nun zum eigentlichen Drama unseres neuen Lebens komme.
    An die Heizung, die völlig zu erneuern war, wollte ich die Schwarzarbeiter nicht ranlassen. Da würde man gegebenenfalls Nachbesserungen, Beanstandungen, Gewährleistungsansprüche haben. Zuviel hatte ich bei Freunden mitbekommen, zu oft die Schauergeschichten nie enden wollender Ausfälle der Heizung an kalten Wintertagen gehört. Ich beauftragte die ortsansässige Firma
    »Breuer - Heizung - Klima - Sanitär«, deren Inhaber Hans Breuer mir vom Stammtisch und in seiner Funktion als Feuerwehr-hauptmann der freiwilligen Feuerwehr bekannt war, der ich als stilles, nichtspritzendes, gelegentlich aber mittrinkendes Mitglied angehörte. Breuer sagte zu, aber er ließ sich Zeit, denn er hatte eigentlich keine Zeit. Als schließlich nach Wochen eine täglich wechselnde Kombination von Breuer-Handwerkern an die Arbeit ging, blutete mein Herz. Sie rissen die Wände wieder auf, bohrten Löcher, schlugen Schlitze, verlegten Unmengen von Rohren, stellten alles noch einmal auf den Kopf, um unserem Wunsch entgegenzukommen, Gas mit Solar umweltfreundlich zu nutzen.
    Siggi, ein gerade mal 22 Jahre alter Mann, blond, langmähnig, bodybuildingfeist, hielt die Fäden in der Hand. Er war Breuers Springer von Baustelle zu Baustelle. Mit Handy bewaffnet sprang er aus dem Auto, ließ den Motor laufen, kontrollierte kurz seine Kollegen, gab Anweisungen, brachte Material, telefonierte mit Breuer, war immer in Eile und begegnete unseren bohrenden Fragen mit der unbekümmerten Feststellung, alles gehe seinen Gang, und bald würde es warm in der Bude. Die nächsten drei Tage brauche er die Männer zwar auf einer

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