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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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einen lüsternen Blick, der sie zumindest so sehr amüsierte, daß sie mich entschlossen um die Taille packte und stante pede ins Wohnzimmer führte.
    Eine Menge Leute nahmen am Festmahl der Bartholomis teil. Ein rascher Blick aufs Büffet bestätigte mir, daß ich noch einmal Glück gehabt hatte, zumal in der Küche noch eine gewisse Aktivität zu verzeichnen war. Ich verzichtete darauf, sämtliche Leute zu grüßen, schüttelte lediglich die ersten Hände, die sich mir entgegenstreckten, küßte einige parfümierte Frauen und wartete, daß mir jemand ein Glas brachte. Paul erdrückte mich geradezu an seinem Herzen:
    - Danny, meine Güte …! Altes Haus …! gluckste er und guckte mich an, als hätte er mich für tot gehalten. Ah, für ihn würde ich stets ein wenig wie ein Sohn sein, auch wenn das letzte meiner Bücher längst eingestampft wäre.
    - Sag ehrlich, Andrea … Wie findest du ihn …?! fuhr er mit vor Freude krauser Stirn fort, ohne meine Arme loszulassen. Wie lang hab ich dich jetzt nicht gesehn …?!?
    Ich küßte Andrea, die hinter ihm mit einem Glas für mich aufgetaucht war.
    - Oh, naja, vielleicht einen Monat …. sagte ich. Aber lange hätte ich es nicht mehr ausgehalten …
    Die Art, wie sie sich beide anguckten, entlockte mir ein richtiges Lächeln. Als ich sie kennengelernt hatte, war ich nur ein junger, etwas nervöser Typ mit einem Manuskript unter dem Arm gewesen, und sie hatten mich auf den Gipfel getragen, sie hatten keine Mühe gescheut. Und als ich Franck geheiratet hatte, war Paul mein Trauzeuge gewesen. Unsere Wege liefen schon seit langem parallel. Mein Leben vom Erfolgsautor zum Serienschmierer barg nicht viel Geheimnisse für sie. Sie waren stets dabeigewesen. Es tat mir aufrichtig leid, daß sich ihr Schützling mitten im schönsten Schwung kaputtgemacht hatte, ich schätzte, das hatten sie nicht verdient.
    - Na denn, frohe Weihnachten …. sagte ich und hob mein Glas.
    Wir stießen alle drei mit den Gläsern an. Ich wußte nicht, wie lange die beiden schon da waren, aber Paul schien mir bereits recht angeheitert zu sein, da er sein Glas fast an meinem zertrümmert hätte.
    - Ach, Danny …!
    Dann, plötzlich von einem Schwall von Zuneigung übermannt, legte er mir einen Arm um die Schultern. Ich ließ alles bereitwillig über mich ergehen, dachte jedoch, in dem Trott würde er das Fest auf meinen Knien beenden, bevor es überhaupt begonnen hatte.
    Nun, ich hatte noch nicht die Absicht, mich zu setzen. Ich hatte gerade meinen ersten Tequila Sunrise ausgetrunken, und an den Boxen schien mir ein fürchterliches Gedränge zu herrschen. Ich hatte bereits einige ernstzunehmende Ellenbogenrempler erblickt, und Herbert Astringart, einer der stellvertretenden Direktoren der Stiftung, hatte das Heft in die Hand genommen, und bei der Geschwindigkeit, mit der er die Gläser füllte, war abzusehen, daß mir keine Zeit zum Luftholen bleiben würde, wenn ich nicht ins Hintertreffen geraten wollte.
    - Rühr dich nicht fort, Paul. Ich bin gleich wieder da …. murmelte ich.
    Ich versuchte mich zur Bar vorzukämpfen, aber Sarah versperrte mir den Weg und zog mich erbarmungslos auf eine kleine Tuschelrunde zur Seite.
    - Ich hoffe, du benimmst dich nicht wie ein Idiot …. sagte sie.
    - Hmm, das ist ein immerwährender Kampf …
    - Oh, verdirb mir bitte nicht den Abend …! Versuch nur einmal nett zu sein …
    - Aber, meine Liebe, ich bin von Natur aus nett, was redest du denn für einen Unsinn …?!
    Sie konnte mir ruhig in die Augen blicken, ich hatte ein reines Gewissen. Ich war sogar in einer geradezu engelhaften Stimmung, wenn sie es genau wissen wollte, und hegte keinerlei Groll gegen wen auch immer inmitten dieser sympathischen Runde. Natürlich war ich darauf gefaßt, daß sie mir einen dieser Typen hinter einem Schrank hervorzauberte, aber welch Pech, ich hatte mich im Laufe des Nachmittags darauf vorbereitet. Sie regte sich unnötig auf. Es sei denn, der Betreffende wäre schlimmer noch als die anderen, und sie gedächte mich weich zu stimmen, indem sie mich auf diese Weise davon in Kenntnis setzte.
    - Beruhige dich …. fügte ich hinzu. Ich habe nicht die Absicht, irgendwem irgend etwas zu verderben, ich habe nicht die geringste Lust dazu.
    - Schön, paß auf … Elsie ist da.
    - Sehr gut, ich haue ab …!
    Tatsächlich hielt ich bereits nach einer Ecke Ausschau, um mein Glas abzustellen, aber ihre Hand schloß sich prompt um meinen Arm. Einige Sekunden lang sahen wir uns stumm an, nur

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