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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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wenn er es verdient hatte – sein Blinzeln in Richtung Richard hatte mir gereicht –, ich gebe zu, daß ich recht brutal vorgegangen war, aber das hatte er Sarah zu verdanken -pah, ich würde niemals eine Frau würgen –, daß ich so nervös war, so kitzelig in diesem Punkt und beinahe hitzköpfig.
    Fast hätte ich an diesem Abend mit Richard geredet. Ich lieh ihnen für die Rückfahrt meinen Wagen, und ich ging mit ihm nach draußen, um Werkzeuge aus dem Kofferraum zu holen. Ich wolle das Wochenende dazu nutzen, ein paar Kleinigkeiten an der Triumph zu überprüfen, klärte ich ihn auf, während ich an seiner Seite zu dem Fiat schritt, mmmm, ich hab ständig Probleme mit dem Leerlauf, verstehst du. Plötzlich fiel mir auf, daß wir allein auf dem Bürgersteig standen, daß uns aus irgendeinem obskuren Grund niemand gefolgt war. Ich hörte auf, meine Motorprobleme herzuleiern, und ich guckte ihn an, während er sich wortlos streckte, den Oberkörper zurückgeneigt, die Hände ins Kreuz gepreßt.
    In diesem Moment hatte ich Lust, mit ihm zu reden. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, und ich hatte Lust, ihm zu sagen, daß ich Bescheid wußte, daß ihn das mir gegenüber nicht zu stören brauche, denn diese Sache sei mir gleichgültig, es schere mich wenig usw. Trotzdem sagte ich keinen Ton. Ich beobachtete ihn weiter, und ich erwiderte sein Lächeln, und er fing an zu gähnen:
    - Aahuaa … Was treiben denn die da drinnen …?! Ich schaute ihn immer noch an.
    - Hey … Soll ich dir dein Werkzeug geben …?
    Ich musterte ihn noch einen Moment, dann senkte ich den Blick, damit er mich nicht für bescheuert hielt. Ich nickte, dann tauchten Gladys und Hermann auf.
     
    Im Laufe des Nachmittags dachte ich mehrmals an diesen Augenblick zurück. Über mein Motorrad gebeugt, ließ ich meinen Geist frei schweifen, und von Zeit zu Zeit nistete sich die Szene in meinen Gedanken ein, und ich unterbrach mein Hantieren, blieb auf meinen Fersen sitzen und nahm dann friedlich meine Arbeit wieder auf. Ich war froh, daß ich allein war, nichts drängte mich, und die Straße war ziemlich still. Im Grunde konnte ich es kaum fassen, daß ich eine solche Ruhe genießen durfte, denn was mir einst reichlich vergönnt war, hatte sich plötzlich in einen wahren Jammer verwandelt, seit ich den Fuß in ein Büro gesetzt hatte. Wieviel zarte und milde Vormittage hatte ich nicht erlebt, wieviel lange und gefühlvolle Nachmittage hatte ich mir nicht geleistet, als ich noch frei war, war ich mir dessen wenigstens bewußt gewesen …?! Wahrscheinlich nicht so, wie es hätte sein müssen, befürchtete ich, aber wie hätte ich damals ein Wunder feiern können, in dem ich von morgens bis abends schwelgte, hatte ich mir überhaupt vorstellen können, daß es noch eine andere Welt gab, daß es eine außergewöhnliche Gunst war, einen ruhigen Nachmittag zu verbringen?
    Wie jedes Jahr hatte Gladys ihr übliches Basketballturnier, aber diesmal, zumal es sich nur um das Halbfinale handelte, hatte ich unversehens ein elendes Kopfweh an mir entdeckt, als wir gerade losgehen wollten. Wieder einmal strebte das Mädchenteam unaufhaltsam dem Titel zu, und wie jedes Jahr keimte, der regelmäßigen Finalschlappe zum Trotz, am Gymnasium Hoffnung auf. Das war zwar kein Sport, der mich besonders langweilte – nur Fußball geht mir richtig auf die Eier –, ich fand es auch keineswegs unangenehm, all diese jungen Frauenkörper dort in Bewegung zu sehen und von Saison zu Saison gewisse Veränderungen festzustellen, aber vor allem war mir nach Ruhe zumute, ich wünschte mir nichts mehr als völlige Bewegungslosigkeit um mich herum und wollte im Umkreis von fünfzig Metern, wenn möglich, keine Menschenseele sehen, also drückte ich mich, als alle Welt aufstand, begleitete sie mit einer leichten Grimasse lediglich zur Tür und machte diese hinter ihnen zu.
    Diese ersten Augenblicke der Einsamkeit taten mir unglaublich gut. Die Sonne war da, aber ich hatte mich im Schatten niedergelassen, um an meiner Mühle zu basteln, und ein leichter Hauch strich durch die Gegend und trug jenen Pflanzenduft herbei, auf den ich so stehe. Wenn ich Glück hatte, würden sie nach dem Spiel noch ein Glas trinken, und wenn sie in Form waren, konnte mein Glück bis zur Abenddämmerung dauern, ich wünschte es mir von ganzem Herzen. Allein die Aussicht machte mich fröhlich.
    Und mein Geist sauste, wie gesagt, umher, ich war hingerissen und fühlte mich wie ein spiegelglattes Meer. Ich dachte

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