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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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sogar daran, aufzustehen und das Telefon auszuhängen, als Elsie meinen Garten betrat. Fast wären mir die Beine weggeknickt. Sie schmiß ihre Tasche auf den Rasen und warf sich mir so an den Hals, daß wir unter meine Rosenstöcke purzelten.
    - O Dan …! hauchte sie mir ins Ohr. Entschuldige, daß ich dich allein gelassen habe! O mein Schatz, versprich mir, daß du mir nicht böse bist …!
    - Herrgott nochmal …! jaulte ich.
    Sie nahm mein Gesicht mit beiden Händen und bewunderte es mit einem zärtlichen Lächeln, während ich wütend Grasbüschel zwischen meinen Fäusten zerquetschte und vergeblich meinen Kopf zu schütteln versuchte. Dann preßte sie mein Gesicht gegen ihre Brust und fuhr mit den Händen durch meine Haare.
    - Danny, wir kommen so selten dazu, einen ganzen Tag zusammenzusein! flüsterte sie und umarmte mich wie eine Puppe.
    - Herr im Himmel, morgen ist doch Sonntag …! knurrte ich durch die Zähne.
    - Ah, ich bin wirklich schwer von Begriff …! Ich habe nicht geschaltet, als du sagtest, du kämst nicht mit … Sei nett, ich will nicht wissen, was du gedacht hast, du irrst dich, Dan, schau mich an … Du, ich bin so schnell ich konnte zurückgekommen …!
    Ich schaffte es nicht, sie anzusehen, denn sie hatte uns aus dem Schatten geschleudert, und jetzt hatte ich die Sonne in den Augen. Ich spürte, wie sich ihre Zunge in meinen Mund bohrte. Darauf beschloß ich, an nichts mehr zu denken, und ich ließ mich vorsichtig, auf meinen Rücken achtend, nach hinten fallen, mit ihren Lippen, die an meinen klebten, und ihrem ganzen Körper, der hinterherkam.
    Als wir damit fertig waren, stand ich hastig auf und versuchte meine schlechte Laune runterzuschlucken.
    - Komm, mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung … Es war alles in bester Ordnung, sagte ich und klopfte mich ab.
    - Ja, aber wir haben im Moment soviel Arbeit, daß ich das Gefühl habe, wir sehen uns gar nicht mehr, murmelte sie.
    - Pah, weißt du, ich hatte dermaßen Kopfschmerzen …
    - Hast du etwas dagegen genommen? Fühlst du dich besser?
    - Mmm, es ist noch spürbar … Nein, ich wollte nur sagen, daß es in solchen Augenblicken keine helle Freude ist, mit mir zusammen zu sein, und ich will dich nicht zwingen …
    - Aber ich fühle mich nicht gezwungen, fiel sie mir ins Wort.
    - Nein, aber … Ich finde, das ist doch dumm … Weißt du, mir würde es keinen Spaß machen, den Nachmittag mit einem Typen zu verbringen, der nur schlecht gelaunt ist …
    Ich spürte sehr gut, daß ich mich vergeblich bemühte, als sie mit engelgleichem Lächeln auf mich zukam, erst recht, als sie sich an meine Taille klammerte.
    - Na und, Pech für mich, antwortete sie.
    Manchmal verblüffte sie mich, und das sogar recht häufig, seit wir wieder zusammen waren. Für meine Begriffe war das nur ein Strohfeuer, ich mußte darauf gefaßt sein, eines schönen Tages allein aufzuwachen, aber mitunter war ich mir unschlüssig. Ihre Anstrengungen, uns einander näherzubringen, trugen allmählich Früchte, und obwohl ich weiter in der Defensive verharrte, hatte unser Verhältnis ein anderes Ausmaß angenommen, hin und wieder hatte ich fast den Eindruck, wir lebten zusammen. Was mich nun doch verwunderte.
    Sie hatte sich neben mich gesetzt, während ich meine Schrauben anzog. Das war nicht die tiefe Einsamkeit, die ich mir gewünscht hatte, aber sie hatte sich Tokyo Montana Express geholt, ein Buch, das ich ihr am Vortag geschenkt hatte, und ich fand ein wenig die Ruhe wieder, aus der sie mich gerissen hatte, es gibt nämlich Bücher, die verschlagen einem die Sprache.
    Ich vermied es, sie anzusehen, denn sie hatte sich ihres Rocks entledigt, um die Beine in die Sonne zu legen, ihr Hemd war reichlich aufgeknöpft, und ich hörte, wie sie in ihrem Liegestuhl hin und her rutschte. Ich versicherte ihr, daß ich wirklich nichts brauchte und daß diese verflixte Migräne unweigerlich mit ein wenig Schweigen einhergehe, aber ich sei bester Hoffnung. Ich wählte keinen unangenehmen Ton, ich gab ihr bloß zu verstehen, daß ich mich im Moment nicht um sie zu kümmern gedachte. Ich brauchte nur einer einzigen Falle auszuweichen, um doch noch in den Genuß einer relativen Ruhe zu kommen: Ich mußte mir verkneifen, sie anzuschauen. Ein kurzer Seitenblick hatte gereicht, um mir der Gefahr bewußt zu werden. Außerdem hatte ich mich schon immer gefragt, ob sie ihre Slips nicht zwei, drei Nummern zu klein trug.
    Es war zwar nicht gerade einfach, aber ich schaffte es, mich von

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