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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Zuckerschlecken …!
    So daß ich, als ich bei Elsie aufkreuzte, nicht gerade Funken sprühte.
    - He, woran denkst du …? stieß sie unwirsch hervor.
    Ich zuckte zusammen. Wir waren gerade fertiggeworden, und ich vergnügte mich damit, meine Handkante zwischen ihre Beine zu schieben, mein Kopf ruhte auf ihrem Bauch, das Ohr auf das sanfte und geheimnisvolle Kullern in ihr gepreßt, das wie eine Lawine in den Bergen dröhnte. Nanu, was war passiert? Wichste ich sie verkehrt, war es nicht drin, eine Sekunde zu verschnaufen …?
    - Dan, du bist doch nicht etwa eingeschlafen …?
    Ich wollte sie gerade fragen, ob sie Witze mache, als ich spürte, daß meine Hand in ihrer Spalte festklebte und ein wenig getrockneter Speichel auf ihrer rasierten Möse schimmerte.
    - Meine Güte, Elsie, entschuldige … Glaub mir, ich hab nicht geschlafen, wo denkst du hin, aber stell dir vor, ich hab angefangen zu träumen, das ist nicht ausgeschlossen …
    - Trotzdem, du wirkst ein bißchen außer Form.
    Ich setzte ein lüsternes Lächeln auf und goß ihr im nächsten Moment eine halbe Flasche wohlriechendes Öl über den Bauch und verteilte es im Handumdrehen unter ihrem Jöppchen.
    - Weißt du, wenn du keine rechte Lust hast …. spreizte sie sich.
    -AH, AH …!!!
    - Oh Dan, mach schon! Mach schon!! MACH SCHON …!! Warum nur hatten sie sich nicht um mich geschlagen, als ich zwanzig war, als mein Körper Feuer und Flamme war, als mein unbefleckter Geist schnurrte?

4
    Mitte November erfaßte ein Kälteeinbruch das ganze Land. Die Leute auf der Straße redeten von ihrer Gasrechnung und vom Ende der Welt. Wenn ich mit dem Motorrad losfuhr, wurde ich ganz blau, meine Gelenke waren wie versteinert, und kaum kam ich irgendwo hin, flitzte ich zum erstbesten Heizkörper. Am liebsten war mir jener in Andreas Büro, ein altes gußeisernes Modell mit kunstvoll gearbeiteten Rippen, von dem ich nicht mehr abrückte. Ich ließ mich von den jungen Schriftstellern, die vorbeikamen und zwei, drei Worte mit mir wechselten, mit Kaffee versorgen, Typen, denen ich gerade durch meinen Opfergang das Leben rettete, die Wert darauf legten, sich bei mir zu bedanken und mich anzuspornen, und denen ich entgegnete, das sei nicht der Rede wert.
    Jedermann wußte, der gute Dan mußte bluten. Andrea hatte sie allesamt eingeweiht, und ich hatte keine Hemmungen, die Sache unauffällig aufzubauschen, indem ich einige Seufzer ins Gespräch einfließen ließ und auf die bloße Erwähnung des Namens Marianne Bergen lediglich mit einem desillusionierten Lächeln reagierte.
    - Meine Güte, das muß ja grausam sein, sagten sie zu mir. Sag mal, Alter, ich hoffe, du hast mein letztes Buch gelesen …?!
    Nein, aber ich hoffte, daß sie sich vollverausgabten und meine Anstrengungen nicht vergeblich waren. Ich hoffte aufrichtig, daß sie nicht alle verwelkten und daß wenigstens einer von ihnen ein Schriftsteller wurde. Was ich an ihnen mochte, das war die phantastische Hoffnung, die sie darstellten, und ich war der Ansicht, wenn man, wie es mir passiert war, auf halbem Weg zu Fall kam, dann mußte man zusehen, daß man die Fackel weiterreichte. Sicher, meine Hingabe gründete sich nicht ausschließlich auf ein solch lauteres Motiv, aber etwas von dem war trotz allem vorhanden, und ich bezog daraus einigen Trost.
    Als ich eines schönen Morgens von Paul kam, geriet ich in eine lausige Kälte, und während ich auf die Zufahrt zur Umgehungsstraße einbog, dachte ich daran zurück, was er mir eröffnet hatte. Es handelte sich um eine Idee, die ihn schon seit langem verfolgte, ein geheimes Verlangen, und er meinte, der Moment sei gekommen.
    - Dan, jetzt oder nie. Solange ich noch Kraft habe. Ich werde diese letzte Patrone abfeuern.
    - Hör mal, ich weiß nicht, ob das eine besonders tolle Idee ist …
    - Ah, wie soll ich’s dir sagen … Ich weiß, daß ich es tun muß.
    - Na schön. Aber auf mich brauchst du nicht zu zählen.
    Ich hatte die Szene noch vor Augen. Er hatte eine Flasche hervorgeholt, um die Sache eingehend mit mir zu besprechen, dieser Schweinehund kannte mich. Plötzlich spürte ich, daß ich in der Kurve von der Fahrbahn abkam, und auf solch grausame Art in die Wirklichkeit zurückgeholt, stellte ich fest, daß die Straße ungewöhnlich glänzte und daß ich wahrhaftig dabei war, auf die Fresse zu segeln.
    Der Sturz war nicht schlimm. Ich ließ das Motorrad los und sauste, auf dem Rücken liegend, davon, dabei kreiselte ich wie ein Weltmeister im Eiskunstlauf. Ich

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