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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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der Welt verschloß, öffnete sich ihr Hermann. Und ich hatte nicht die Absicht, mich dem zu widersetzen oder ihn zu verlassen, um meines Weges zu ziehen. Spaß machte mir das allerdings nicht.
     
    Diesen Gips mit mir rumzuschleppen machte mir auch keinen Spaß. Als Gladys’ nächstes Match anstand, schwitzte ich Blut und Wasser, während ich auf die oberen Ränge klomm. Ohne Richard und Hermann, die mich links und rechts packten und ihre Kräfte nicht schonten, hätte ich es nicht geschafft. Es war ein herrlicher Tag, frisch, aber voller Licht, und für ein Viertelfinale war einiges los. Kaum hatten wir Platz genommen, kaufte ich mehrere Flaschen Bier sowie Orangensaft für Sarah, und wir grüßten Max, indem wir sie in den Himmel reckten, als er uns endlich erblickte, als er uns zuwinkte. Marianne Bergen war mit uns gekommen.
    Ich hatte sie angerufen, um sie davon in Kenntnis zu setzen, daß ich heute nicht auf der Matte stehen würde, ich hatte ihr von Gladys’ Spiel erzählt, das ich auf keinen Fall verpassen dürfe, aber sie solle sich nicht aufregen, dafür würden wir uns am nächsten Tag doppelt ins Zeug legen.
    - Ach du je, jetzt ist mein Tag im Eimer …. hatte sie geseufzt. Könnte ich nicht mitkommen?
    Ich wußte beim besten Willen nicht, weshalb sie nicht hätte mitkommen können.
    Sie saß neben den beiden Jungen, und im Sonnenlicht wirkte ihre Haut noch heller als sonst. Hermann und Richard verschlangen sie mit Blicken, und ich erinnerte mich bei dieser Gelegenheit, daß mich, als ich ungefähr in ihrem Alter war, diese kränklich aussehenden Mädchen ebenfalls angezogen hatten, weshalb, hätte ich jedoch nicht erklären können. Ich flüsterte Sarah diesen Gedanken ins Ohr, und sie anwortete mir, das sei ganz simpel, ich hätte Lust gehabt, eine Tote zu besteigen.
    - Für einen jungen Kerl, der noch nie eine Frau geliebt hat, dürfte das wohl das Einfachste sein, oder täusche ich mich …? Zum Ausprobieren ist das schließlich gar nicht so schlecht …
    Ich nickte bedächtig, bevor ich mich voll und ganz auf mein Bier konzentrierte, das schlicht und einfach schäumte.
    Unten rückte Max seine Hose zurecht, das Spiel mußte bald beginnen, überdies schwenkten die größten Vollidioten bereits ihre Fähnchen mit den Farben der beiden Teams. Kaum betraten die Mädchen das Spielfeld, stand Marianne auf und fragte, wo das stille Örtchen sei. Es gibt Leute, die sind so. Es gibt Mädchen, die gehen einem mitten auf einer Beerdigung pinkeln, um nur ja nicht so zu sein wie alle anderen. Im allgemeinen sind das solche, deren Eltern Geld haben, solche, die ein leichtes Leben haben und aus diesem Grund hartnäckig bemüht sind, es sich zu komplizieren.
    Der Weg war nicht ganz eindeutig zu beschreiben, man mußte erst wieder runter und dann durch eine ganze Reihe von Gängen. Ich fragte sie, ob das nicht warten könne, aber Richard bot an, sie zu begleiten. Sie hatte Glück. Sie stieg mit einer Entschuldigung über meinen Gips hinweg, während unten das Spiel begann.
    - Komisches Mädchen …. murmelte Sarah.
    - Hmm … Ich hab’s dir ja gesagt. Ich glaube, alles in allem kotzt sie mich an.
    - Ach, du übertreibst, ich find sie nett …. entrüstete sich Hermann.
    - Na klar ist sie nett, aber wir beide, wir sehen sie nicht mit gleichen Augen. Ich bin für ihre Reize nicht empfänglich …
    Ich wußte haargenau, daß er erröten würde. Jedesmal, wenn ich den kleinen Jungen wachkitzelte, der noch in ihm steckte, erinnerte mich das daran, daß ich mit einer Frau zusammengelebt hatte, doch ich empfand bei diesen Anlässen keinerlei Bitterkeit, sondern im Gegenteil ein ganz besonderes, einfach undefinierbares Glück, das ich keineswegs zu zerrupfen suchte. Doch je mehr die Tage vergingen, um so seltener wurden diese Augenblicke, deshalb kostete ich sie unendlich behutsam mit einem seligen Lächeln aus, um auch das geringste Tröpfchen in mich aufzunehmen. Ah, und er wurde größer und größer, und wenn die Erinnerung an seine Mutter nachts an mir nagte und ich sein Zimmer betrat, um ihn im Schlaf zu betrachten, wurde mir klar, wie sehr uns alles zwischen den Fingern zerrann, wie sehr sein Körper in die Länge geschossen war, sich sein Geruch verändert hatte, und die Mähne, die er sich gegenwärtig leistete, die erstaunte mich am allermeisten, dichte und kräftige Haare, dick wie Eisendrähte, und sie wurden von Tag zu Tag dunkler, ich merkte, bald würde mich Franck endgültig verlassen haben.
    Ich hatte

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