Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
Vom Netzwerk:
mußte.
    - Na komm, sagte er zu mir. Gehen wir rein.
     
    Andrea wartete drinnen auf uns. Auch sie wirkte aufgeregt. Ich küßte sie, dann machten wir uns unverzüglich an die Besichtigung, ohne auch nur einen Augenblick zu verschnaufen, ohne einen Happen zu essen oder wenigstens einen Schluck zu trinken. Paul rannte kreuz und quer, er hetzte die Treppen rauf und wieder runter, um mich zu holen, er fand, ich ginge nicht schnell genug, und jedesmal, wenn er eine Tür aufmachte, meinte er, hier kommt das rein, und das da, das ist ein Büroraum, komm schon, Dan, und die Mauern hier, die reißen wir raus, das da ist auch ein Büro, wenn ich mich recht entsinne, hm, stimmt’s, Andrea?, naja, jedenfalls haben wir das vor, und erneut düste er mit Volldampf durch die Flure, verschwand, tauchte wieder auf, atemlos, mit roten Ohren und glückselig verklärtem Gesicht, Dan, kannst du dir das vorstellen, meinte er zu mir, bist du nicht auch vom Zauber dieser Räume überwältigt …?
    In Wirklichkeit fühlte ich mich eher niedergeschmettert durch diesen Eindruck der Leere und Verlassenheit, und die staubige Luft griff meine Nasenlöcher an.
    - Ehrlich gesagt, Paul, ich glaube, du bist dir nicht ganz im klaren … Allein die Bauarbeiten dürften ein Vermögen kosten.
    Er erstarrte mitten auf der Treppe, die in den letzten Stock führte, und nach einem sekundenlangen Zögern stieg er langsam zu mir zurück. In diesem Moment kapierte ich, nichts würde ihn mehr aufhalten.
    - Hör mir zu, Danny … Als ich zum erstenmal hier war, hatte ich nicht einmal Geld, um den Teppichboden zu ersetzen, und trotzdem ist mir dieser Gedanke nicht eine Sekunde lang gekommen, nein, ich wußte, hörst du, ich wußte, daß das klappen würde, das war eine Art Rendezvous mit dem Schicksal. Als ich dir davon erzählt hab, hatte ich keinen blassen Schimmer, wie man eine solche Summe zusammenkratzen sollte, ich wollte nicht einmal darüber nachdenken. Dan, noch vor ein paar Tagen hättest du denken können, ich sei verrückt, aber heute sieht die Sache anders aus, wer von uns beiden ist hier der Narr …? Wenn du mir nicht glaubst, frag doch Andrea, sie hat die Verträge in meinem Schreibtisch gesehen …!
    - Es stimmt, Dan. Und die Arbeiten werden nächste Woche losgehen, Monsieur Bergen hat grünes Licht gegeben.
    - Hörst du …? In einigen Monaten öffnet die Marianne-Bergen-Stiftung ihre Pforten, also frag mich nicht, was das wohl kosten wird, denn das kratzt niemanden. Wenn die Ärmste durchkommt, ist sie bestimmt für den Rest ihres Lebens gelähmt, versetz dich mal in die Lage ihres Vaters. Anscheinend war das das letzte, worüber sie mit ihm gesprochen hat … Herrgott nochmal, Dan, raff dich auf, oder machst du das mit Absicht, kapierst du denn nicht, was vorgeht …?! Wir können uns wahrhaftig nützlich machen …!!
    Ich bin kein zynischer Kerl, also sah ich sie alle drei an, ohne ihnen zu sagen, was ich wirklich davon hielt, dann eröffnete ich den Rückzug in den großen Saal im Parterre, während Paul hinter mir palaverte, von wegen wir hätten ein unvergleichliches Glück, absolut, eine neue Herausforderung sei das, er werde mich, solange er lebe, nicht mehr in Ruhe lassen.
    Wir teilten uns zwei Flaschen Bier und ein Päckchen Kekse, die er bei einer früheren Visite liegengelassen hatte und die nichts Knuspriges mehr an sich hatten.
    - Das Beste ist, verriet er mir, daß ich Marianne Bergen nur ein einziges Mal von diesem Projekt erzählt habe, und ich hatte den Eindruck, sie hört mir gar nicht richtig zu …
    - Aber der Himmel, er hat dich gehört, willst du mir das damit verklickern …?
    - Naja, du mußt zugeben, das grenzt an ein Wunder!
    - Und daß dieser Typ über sie herfiel, ist das auch wundersam …?
    Sein Blick schweifte über meine Schulter in die Ferne. Lautlos trank ich meine Flasche aus.
    - Alles fügt sich, verkündete er mir schließlich. Jedes Ding hat seinen Platz.
    Ich erschauderte in meiner Ecke.
     
    Die Arbeiten begannen tatsächlich eine Woche darauf. Die Kälte war unmerklich zurückgekommen und erstreckte sich wie ein unsichtbarer Fluch über das ganze Land, der Himmel war grau, und der Leib schmerzte, wenn man nur versuchte, die Nase zur Tür raus zu halten.
    Paul verbrachte ganze Tage auf der Baustelle, und wie man hörte, fiel er dabei allen auf den Wecker, die Jungs beklagten sich, daß er ihnen ständig zwischen den Beinen rumtanze, zumal er von nichts ΄ne Ahnung habe, der habe sein Lebtag noch keinen

Weitere Kostenlose Bücher