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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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meiner Nase gebumst und immer noch gesagt: Oh, du irrst dich … Ach, ich hin so unglücklich … ! Herrgott nochmal, ich muß an mich halten, daß ich ihm nicht einfach eine knalle, im Ernst, Dan …!
    Ich war nicht gut drauf. Mir lag immer noch diese Sache mit dem Präservativ im Magen, denn während meiner schlaflosen Stunden hatte ich lange über das Problem nachgedacht, und ich hatte gewisse Schwierigkeiten, mich davon zu erholen. Ehrlich gesagt hatte ich mir darüber bis zu diesem Tag keine großen Gedanken gemacht, und jetzt wurde mir mit einem Schlag klar, daß die Gefahr direkt vor meiner Tür lauerte und daß ich sie nicht mehr ignorieren konnte. Ich war also schlechter Laune, und ich fand, in dieser heutigen Zeit taten die beiden auch gut daran, zusammenzubleiben. Das war es nun wirklich nicht wert, daß wir allesamt über die Klinge sprangen.
    - Ich sag dir, du hättest dieses Mädchen mal sehn sollen …! Sie hatte sich vor mir aufgebaut und guckte kopfschüttelnd an die Decke.
    - Das Parfüm, das sie hatte, war auf hundert Meter Entfernung zu riechen, ungelogen …!
    Sie trug einen Trainingsanzug statt ihres Strumpfhaltergürtels, und ihre Haare waren brav zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie wirkte dermaßen jugendlich, daß ich es nicht schaffte, sie ernst zu nehmen, sie mir mit den Problemen einer Frau vorzustellen. Ich wußte zwar, daß ich mich täuschte, aber ich konnte nichts dafür, ich verdrehte unauffällig den Hals, um das Ende des Kampfes mitzubekommen.
    - Oh, du kannst mir glauben, das wird er bereuen …! zischte sie durch die Zähne. Außerdem red ich sowieso kein Wort mehr mit ihm.
    - Naja, weißt du, er ist wirklich nicht ganz auf der Höhe. Heute morgen ist er losgezogen, ohne einen Bissen zu sich zu nehmen.
    - Ach du je, wenn du wüßtest, wie egal mir das ist …! Ich werd ihn bestimmt nicht bedauern!
    - Jaja, das merke ich schon. Aber ihr solltet euch beide ‘ne gute Erklärung ausdenken, dann könntet ihr Zeit sparen.
    - Ah, misch du dich bloß nicht ein! Und behalt deine dummen Ratschläge für dich, tu mir den Gefallen.
    - Puh, das war doch nur Spaß, sagte ich.
    Sie verstand keinen Spaß. Die Tage vergingen, doch sie ließ ihn weiter zappeln und weigerte sich, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln, während er im Haus herumlungerte wie einer, der aus einem Sanatorium ausgebrochen war. Und niemand wußte, was in ihrem Schädel vorging, niemand durfte sich in ihre Angelegenheiten mischen, ich nicht, Richard nicht, Sarah nicht.
    - Schließlich ist sie deine Tochter … Du müßtest doch was wissen …!
    - Hör mal … Ich kann es schlecht aus ihr rausprügeln …! Was soll ich dir sagen …? Sie weigert sich, darüber zu reden, Punkt, Schluß aus. Dan, ich kann es nicht ändern …!
    - Jaja, dir kann es schließlich egal sein …! Du hast ja auch nicht so eine Art Zombie im Haus. Zerbrich dir bloß nicht den Kopf …
    Hermann und ich waren sämtliche Techniken durchgegangen, wie man eine Frau zurückerobert, aber es nutzte alles nichts, all unsere Pläne fielen regelmäßig ins Wasser und ich war alles andere als stolz auf meine Unfähigkeit, den Weg zu finden, der zum Herzen einer Sechzehnjährigen führte, ich fragte mich, wozu das alles gut war, was ich gelernt hatte.
    Die Sache zog sich schon vierzehn Tage hin, und Hermann schien entschlossen, sein Kreuz bis zum bitteren Ende zu tragen. Im Gegensatz zu dem, was Gladys behauptete, hatte er mir hundertmal geschworen, er habe dieses Mädchen nicht geküßt, aber ich war mir nicht sicher, ob er mir die Wahrheit sagte, außerdem weiß man nie so genau, was man anstellt, wenn man zu vorgerückter Stunde tief in der Nacht versinkt. Eine Sekunde der Verwirrung, und schon steckt man bis zum Hals in Schwierigkeiten. Kaum wird man von einem etwas überspannten Mädchen ein wenig geknufft, ist man reif, und irgendwas zu erklären, dazu kommt man nicht. Ich hatte bei diesem Thema eine ganz präzise Erinnerung, ich wußte, im Grunde interessiert sie die Wahrheit nicht, es zählt einzig und allein, was sie glauben gesehen zu haben. Bei Lichte besehen hatte ich keinen Anlaß, mich zu wundern, es gab nicht den geringsten Grund, warum sich die Dinge geändert haben sollten. Vielleicht hatte sie sich vorgenommen, ihn bis zu den ersten Wintertagen im Regen stehen zu lassen. Ich selbst hatte wegen einer ähnlichen Sache kurz vor Hermanns Geburt eine Woche lang auf dem Sofa geschlafen. Eine Woche, das war damals schon eine ganze Menge. Ich

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