Rückgrad
konnte es kaum erwarten, den Baum endlich aufzubauen.
Ich schob Marianne ins Wohnzimmer.
- Ich war schon lang nicht mehr hier …. bemerkte sie. Oh, dein Aquarium kenne ich ja noch gar nicht …
Ich erklärte ihr, daß sie mit der Zeit ihre Farbe verlieren konnten, selbst wenn man achtgab, daß der pH-Wert des Wassers nicht zu tief lag. Danach strich ich mir übers Kinn und baute mich mitten im Zimmer auf, ich fragte mich, wo wir anfangen sollten.
- Wenn es dich nicht stört, würde ich mich lieber in einen normalen Sessel setzen …. meinte sie sanft zu mir.
Ich nickte und wappnete mich mit einem hollywoodreifen Lächeln.
- Aber sicher …. sagte ich.
Ich hob sie im Handumdrehen hoch. Sie schlang einen Arm um meinen Hals – was die Verwirrung, die mich sogleich ergriffen hatte, nur verstärkte, eine Verwirrung, die ich auf die große sexuelle Einöde schob, die ich durchquerte und die mich hypersensibel für jeden weiblichen Kontakt machte –, während ich sie fragte, ob sie einen bestimmten wünsche.
Sie wählte den, der in der Nähe des Fensters stand. Das war mein Lieblingssessel, alle Welt suchte ihn sich aus, ohne daß ich so recht verstand, weshalb eigentlich. Ich legte sie also darauf ab, nicht ohne jedoch auf mein Kreuz achtzugeben und auf eine - wie ich einräumen muß - lächerliche Weise in die Hocke zu gehen, aber ich brauchte mir nichts mehr zu beweisen und mied auf diese Art jedweden Fallstrick. Danach fuhr ich schleunigst den Rollstuhl hinaus, ich parkte ihn im Eingang, wo er unseren Blicken entzogen war. Ich sah sie wieder durch dieses Zimmer eilen oder von ihrem Stuhl aufspringen, ich erinnerte mich, als sei es gestern gewesen.
Das war das erste Mal seit ihrem »Unfall«, daß wir unter vier Augen beisammensaßen. Ich war angenehm überrascht, mit welcher Leichtigkeit wir diesen Schritt getan hatten und wieviel Vergnügen es mir bereitete, mit ihr zusammen zu sein. Ich hatte sie weiß Gott zum Kotzen gefunden, als wir gemeinsam an diesem verdammten Drehbuch bosselten, und oft genug schier unerträglich, sie war weiß Gott nicht der Typ Mädchen, um den meine Gedanken Tag und Nacht kreisten. Erst später, als die Monate verstrichen und wir uns hier und dort begegneten, hatte ich allmählich meine Meinung geändert, durch meine Weigerung indes, in der Stiftung zu arbeiten, hatte sich ein Graben zwischen uns aufgetan, und seither begnügte ich mich damit, gewisse Details zu verzeichnen, die mein Interesse weckten. Überdies war ich nicht der einzige, der fand, sie blühe auf, so unglaublich dies auch erscheinen mag.
Sie hatte begonnen, aus Garn ein System anzufertigen, an dem die Kugeln aufgehängt werden konnten. Ich befestigte einige an der Decke, um mich einzustimmen, dann prüfte ich, ob die elektrischen Kerzen auch alle funktionierten. Während wir miteinander plauderten, hatte ich Gelegenheit, sie nach Belieben zu beobachten. Man konnte sagen, daß sie sich verdammt nochmal gemacht hatte, wenn man das von einem Mädchen sagen kann, das auf immer an einen Rollstuhl gefesselt ist. Diese Stiftung zu leiten, trug bestimmt einiges dazu bei, Paul war voller Bewunderung, ihm zufolge konnte ich mir gar nicht vorstellen, wieviel Arbeit sie sich machte:
- Danny, du wirst es mir nicht glauben, aber dieses Mädchen ist eine Heilige …!
Ohne gleich soweit gehen zu wollen, räumte ich gern ein, daß sie anziehender geworden war, jedenfalls in gewisser Hinsicht, und ich fand sie durchaus gefällig an diesem Nachmittag und ganz und gar nicht zum Kotzen.
Als wir darauf zu sprechen kamen, womit ich – von Tannenbäumen abgesehen – meine Tage verbrachte, gestand ich ihr, daß ich seit einiger Zeit überhaupt nichts mehr tat, daran aber noch nicht gestorben sei.
- Machst du Witze …?! fragte sie mich.
- Beileibe nicht, ich fürchte, das ist alles andere als ein Witz … Plötzlich fühlte ich mich in einer mitteilsamen Stimmung. Ich setzte sie von meinen Problemen in Kenntnis. Aber das Tageslicht war so weich, daß ich außerstande war, alles in düsteren Farben zu schildern, und sehr schnell beruhigte ich sie, es bestehe kein Anlaß, sich den Kopf zu zermartern.
- Das ist nichts, rein gar nichts, verglichen mit dem großen Geheimnis des Lebens …. monologisierte ich.
- Dan … Du weißt, ich bin bereit, dir zu helfen … Naja, du weißt es sehr gut, und nicht erst seit heute …
- Hmm, ich danke dir … Ach, ich weiß nicht … Ich hab noch keinen Entschluß gefaßt. Und außerdem, als was
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