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Rueckkehr ins Leben

Rueckkehr ins Leben

Titel: Rueckkehr ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ishmael Beah
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zu gewinnen oder mitzunehmen, was immer wir finden konnten.

    139
    »Wir haben gute Nachrichten von unseren Informanten
    erhalten. Wir ziehen in fünf Minuten los, töten ein paar Rebellen und nehmen ihnen die Vorräte ab, die eigentlich sowieso uns zustehen«, verkündete der Lieutenant. Sein Gesicht strahlte Zuversicht aus, sein Lächeln aber verschwand, bevor es richtig zum Vorschein gekommen war. Wir banden uns
    die grünen Tücher um die Köpfe, die uns von den Rebellen
    unterschieden, und wir Jungen führten den Trupp an. Es gab keine Karten, und Fragen wurden ebenfalls keine gestellt.
    Uns wurde lediglich gesagt, dass wir dem Pfad folgen sollten, bis wir Anweisungen erhielten, was als Nächstes zu geschehen hatte. Wir marschierten lange Stunden und machten nur halt, um Sardinen und Corned Beef mit Gari zu essen, Kokain und Brown Brown zu schnupfen und ein paar weiße Kapseln zu schlucken. Die Kombination dieser Drogen verlieh uns Energie und machte uns stark. Der Gedanke an den Tod kam mir
    gar nicht in den Sinn, und Töten war so leicht geworden wie Wassertrinken. In meinem Gehirn hatte sich nicht nur ein
    Schalter umgelegt, als ich das erste Mal jemanden getötet hatte, sondern ich hatte auch jeden Gedanken daran, jegliches Schuldgefühl ausgeschaltet – oder zumindest schien es so.
    Nachdem wir gegessen und Drogen eingeworfen hatten, ruh-
    ten sich die Erwachsenen ein bisschen aus, während wir über die Umgebung wachten. Ich teilte mir einen Posten mit Alhaji, und wir stoppten gegenseitig die Zeit, um festzustellen, wie schnell wir ein Magazin herausnehmen und neu einsetzen konnten.
    »Irgendwann nehme ich ein ganzes Dorf alleine ein, genau
    wie Rambo«, behauptete Alhaji und lächelte wegen des neu-
    en Ziels, das er sich gesetzt hatte.
    »Ich hätte gerne ein paar Bazookas, wie die in Das Phantom-Kommando. Das wäre toll«, sagte ich und wir lachten.
    Kurz bevor wir ein Rebellenlager erreichten, verließen
    wir den Pfad und schlichen uns in den Wald. Befand sich das Lager in Sichtweite, umstellten wir es und warteten auf den Befehl des Lieutenants. Die Rebellen schlenderten umher,
    einige saßen an Wände gelehnt und dösten, andere Jungen in unserem Alter hielten Wache und reichten Marihuana he-140
    rum. Immer wenn ich bei Angriffen Rebellen sah, erfüllte
    mich eine noch größere Wut, weil sie genau so aussahen wie die Rebellen, die in den Ruinen des Dorfes, in dem ich meine Familie verloren hatte, Karten gespielt hatten. Wenn der Lieutenant den Befehl gab, erschoss ich so viele ich konnte, fühlte mich deshalb aber nicht besser. Nach dem Schusswechsel stürmten wir das Rebellenlager und töteten alle, die wir verwundet hatten. Dann durchsuchten wir die Häuser und
    nahmen Benzinkanister, unglaubliche Mengen an Marihuana
    und Kokain, bündelweise Kleidung, Turnschuhe, Uhren,
    Reis, getrockneten Fisch, Salz, Gari und vieles mehr mit. Wir versammelten die Zivilisten – Männer, Frauen, Jungen und
    Mädchen –, die sich in den Hütten und Häusern versteckten und ließen sie unsere Beute zu unserem Stützpunkt tragen.
    Bei einem dieser Überfälle nahmen wir nach einem langen
    Schusswechsel, bei dem viele Zivilisten getötet wurden, einige Rebellen gefangen. Wir zogen sie aus und fesselten jeden Einzelnen so, dass sein Brustkorb zum Zerreißen gespannt war.
    »Wo habt ihr die ganze Munition her?«, fragte der Corpo-
    ral einen der Gefangenen, einen Mann mit einem fast schon dreadlockartig verfilzten Bart. Er spuckte dem Corporal ins Gesicht, und der Corporal verpasste ihm sofort einen Kopf-schuss aus geringster Entfernung. Er fiel zu Boden, und Blut sickerte aus seinem Kopf. Wir jubelten voller Bewunderung für die Entschlossenheit des Corporals und salutierten, als er an uns vorbeiging. Plötzlich wurde Lansana, einer von uns Jungen, von einem Rebellen, der sich im Gebüsch versteckt hatte, in die Brust und in den Kopf geschossen. Wir suchten die Umgebung des Dorfes nach dem Schützen ab. Als wir
    den kräftigen jungen Rebellen gefangen hatten, schlitzte ihm der Lieutenant mit dem Bajonett die Kehle auf. Der Rebell rannte noch kurz umher, fiel dann zu Boden und blieb re-gungslos liegen. Wieder jubelten wir, hoben die Gewehre in die Luft, schrien und pfiffen.
    »Wenn jemand Mätzchen macht, erschießt ihr ihn!« Der
    Lieutenant beäugte die Gefangenen. Wir setzten die strohgedeckten Dächer in Brand und verschwanden, nahmen die
    Gefangenen mit. Die Flammen auf den Dächern winkten

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