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Rueckkehr ins Leben

Rueckkehr ins Leben

Titel: Rueckkehr ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ishmael Beah
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Lieutenant Jabati war ebenfalls gekommen und an jenem Abend
    ziemlich gut aufgelegt. Die meisten seiner Kollegen, Staff Sergeant Mansaray und Corporal Gadafi waren tot, aber dem Lieutenant war es auf wundersame Weise geglückt, völlig
    unversehrt zu überleben. Auch hatte er es geschafft, seine toten Kollegen durch andere starke und disziplinierte Männer zu ersetzen. Ich wollte mit dem Lieutenant über Shakespeare sprechen, aber er war damit beschäftigt, durch die Menge der Versammelten zu gehen und jedem die Hand zu schütteln.
    Als er schließlich vor mir stand, hielt er meine Hand ganz fest und sagte: »Macbeth wird nie besiegt, bis einst hinan der gro-
    ße Birnams-Wald zum Dunsinan feindlich emporsteigt.« Er
    nickte mir zu und sagte laut zu allen: »Jetzt will ich Abschied von euch nehmen, edle Herren«, verneigte sich und winkte
    im Gehen. Wir hoben die Gewehre in die Luft und jubelten.
    Nachdem der Lieutenant gegangen war, sangen wir die Na-
    tionalhymne » High we exalt thee, realm of the free, great is the love we have for thee …« * , marschierten, rauchten und schnupften Kokain und Brown Brown, das es in Bauya im Überfluss gab.
    Wir redeten die ganze Nacht, hauptsächlich darüber, wie gut die Drogen waren.
    Aber noch vor dem Morgen zogen Jumah und einige an-
    dere zum Überfall los. Alhaji, Kanei und ich schüttelten ihm die Hand und versprachen ihm, bis zum nächsten Besuch
    aufzuholen. Jumah lächelte, packte sein Maschinengewehr
    und rannte in die Dunkelheit davon.
    Einige Stunden später kam ein Laster ins Dorf. Vier Män-
    ner in sauberen Bluejeans und weißen T-Shirts mit der Auf-

    * Hoch zu verherrlichen bist Du, Land der Freien, groß ist unsere Liebe für Dich.

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    schrift UNICEF sprangen herunter. Einer von ihnen war
    weiß und ein anderer ebenfalls hellhäutig, vielleicht ein Liba-nese. Die anderen beiden waren Landsleute, einer trug das Mal seines Stammes auf der Wange, der andere hatte Zeichen auf den Händen, so wie die, die ich von meinem Großvater
    zum Schutz gegen Schlangenbisse bekommen hatte. Die
    Männer waren alle viel zu sauber, als dass sie im Krieg hätten gewesen sein können. Sie wurden zum Haus des Lieutenants
    geführt, der sie bereits erwartet hatte. Von dem Mangobaum aus, unter dem wir hockten und unsere Gewehre reinigten,
    beobachteten wir, wie sie sich auf der Veranda unterhielten.
    Nach einer Weile schüttelte der Lieutenant den beiden Aus-ländern die Hand und rief dem Soldaten, der das Treffen bewachte, etwas zu. Der Soldat kam auf uns zugerannt und wies uns an, eine Reihe zu bilden. Er lief im Ort umher und versammelte alle Jungen und rief laut: »Das ist ein Befehl des Lieutenants!« Wir waren es gewohnt, Befehle entgegenzu-nehmen und taten, wie uns geheißen. Wir bildeten eine ge-
    rade Linie und warteten.
    Der Lieutenant stellte sich vor uns hin. Wir salutierten und erwarteten, etwas über den nächsten Angriff auf ein Rebellenlager zu erfahren. »Rührt euch, Jungs«, sagte er. Er ging langsam und lächelnd die Reihe ab, die Besucher nur wenige Schritte hinter ihm.

    »Wenn ich auf euch zeige, dann tretet ihr vor und stellt euch hinter dem Soldaten auf, verstanden?« Der Lieutenant erteilte seine Befehle vom hinteren Ende der Reihe aus. »Ja, Sir«, schrien wir und salutierten. Das Lächeln auf den Gesichtern der Besucher verschwand. »Rührt euch.«
    »Du und du …« Der Lieutenant ging die Reihe ab und
    zeigte auf einige von uns. Als der Lieutenant mich heraus-pickte, starrte ich ihm ins Gesicht, aber er ignorierte mich und fuhr mit der Selektion fort. Alhaji wurde ebenfalls ausgewählt, aber Kanei blieb, vielleicht weil er älter war. Fünfzehn von uns wurden ausgewählt. Dann befahl der Lieute-
    nant: »Nehmt die Magazine raus, sichert die Waffen und legt sie auf den Boden.« Wir legten unsere Waffen ab und die

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    Besucher, besonders die beiden Ausländer, lächelten wieder.
    »Achtung! Vorwärts, marsch«, befahl uns der Soldat, und wir folgten dem Lieutenant zum Laster, in dem die Besucher eingetroffen waren. Als sich der Lieutenant umdrehte und uns ansah, blieben wir stehen. »Ihr seid großartige Soldaten gewesen, und ihr wisst alle, dass ihr zu uns gehört. Ich bin sehr stolz, dass ich meinem Land zusammen mit euch Jungs dienen durfte. Aber eure Arbeit hier ist getan, und ich muss euch wegschicken. Diese Männer bringen euch zur Schule und
    ermöglichen euch ein anderes Leben.« Das war alles, was er sagte: Dann lächelte er und ging weg,

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