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Rueckkehr ins Leben

Rueckkehr ins Leben

Titel: Rueckkehr ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ishmael Beah
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davon, wie viele Lichter da waren, ohne dass man das Geräusch eines Generators hörte. Ich bestaunte die glit-zernde Stadt, als der Laster von der Straße abbog und wir so heftig durchgeschüttelt wurden, dass wir alle bebten, als hätte man uns in einen Vibrationstrainer gespannt. Das dauerte
    einige Minuten, dann hielten wir an. Die MPs forderten uns auf, vom Laster zu steigen und den vier strahlenden Männern in den UNICEF-T-Shirts zu folgen.
    Wir betraten einen eingezäunten Bereich mit mehreren
    Häuserreihen. In den Häusern brannte Licht, und Jungen in unserem Alter, fünfzehn oder auch älter, saßen auf den Veranden und Treppenstufen. Sie ignorierten uns, denn auch sie wirkten ratlos, schienen nicht zu wissen, weshalb sie überhaupt hier waren. Der libanesisch aussehende Ausländer
    machte uns mit glühendem Gesicht Zeichen, ihm in ein Haus zu folgen. Dort befand sich ein überdachter Saal mit zwei Reihen von Doppelstockbetten. Aufgeregt zeigte er jedem
    Einzelnen sein Bett und sein Schrankfach, in dem Seife,
    Zahnpasta, eine Zahnbürste, ein Handtuch, ein sauberes
    Hemd und T-Shirts lagen. Die Kissen und Decken auf den
    Betten waren frisch bezogen. Keiner von uns interessierte sich auch nur annähernd so sehr für die Sachen, die er uns zeigte, wie er selbst. »Wir haben viele neue Turnschuhe für euch.
    Morgen könnt ihr euch ein Paar in eurer Größe aussuchen.«
    Er ließ uns in dem Raum zurück und ging hinaus, wobei er

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    eine Melodie pfiff. Wir standen einfach nur da, stierten die Betten an, als hätten wir so etwas noch nie im Leben gesehen.
    »Kommt mit in die Küche, da gibt’s was zu essen«, sagte
    der Mann aus Sierra Leone mit den Stammesmalen. Wir folg-
    ten ihm, vorbei an den neugierigen Gesichtern der Jungen, die vor uns eingetroffen waren. Sie hatten die gleichen roten Augen wie wir, denselben harten Gesichtsausdruck, und obwohl sie Zivilkleidung trugen, wirkten sie schmutzig. Ich konnte den Wald an ihnen noch riechen.
    In der Küche setzten wir uns an eine Seite eines langen
    Esstischs. Der Mann ging in einen kleinen Raum am Ende
    der Küche, wo er einen bekannten Song summte, Reis auf
    viele Schalen verteilte und diese auf einem Tablett heraustrug. Wir nahmen jeder eine Schale und fingen an zu essen.
    Er ging wieder in den kleinen Raum und holte sich ebenfalls eine Schale, um mit uns zu essen, aber bei seiner Rückkehr waren wir bereits fertig. Erschrocken sah er sich um, ob wir etwas anderes mit dem Essen angestellt hatten, fing sich aber wieder. Gerade, als er den ersten Bissen nehmen wollte, betraten die beiden Ausländer mit den glücklichen Gesichtern den Speisesaal und baten ihn mitzukommen. Er nahm seine
    Schale Reis und folgte den Ausländern, die bereits aus der Küche gingen. Wir saßen eine Minute still da, bis Alhaji fragte, ob jemand Marihuana oder Koks dabei hatte. Einer der
    Jungen hatte ein bisschen Marihuana, das wir herumgehen
    ließen, aber es war nicht genug. »Wo kriegen wir denn hier gute Drogen her?«, fragte einer den Jungen.
    Als wir über die Frage nachdachten, kehrte der Mann, der
    uns in die Küche geführt hatte, zurück und brachte eine weitere Gruppe von über zwanzig Jungen mit. »Das sind die
    Neuankömmlinge«, sagte er zu uns. Zu den neuen Jungen
    gewandt sagte er: »Ich bringe euch was zu essen, aber lasst euch bitte Zeit damit. Es gibt keinen Grund, schnell zu essen.« Die Jungen saßen auf der anderen Seite des Esstischs und aßen genauso schnell wie wir. Der Mann schnupperte in die Luft und fragte: »Wer hat hier Marihuana geraucht?« Aber niemand beachtete ihn, also setzte er sich hin und war still.
    Wir starrten die neuen Jungen an und sie uns.

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    Alhaji brach das Schweigen. »Wo kommt ihr her?«, fragte
    er. Die Jungen rissen die Augen auf und starrten Alhaji an, als hätte er ihnen die falsche Frage gestellt. Einer der Jungen, der ein wenig älter wirkte und keine Haare auf dem Kopf hatte, stand auf und ballte die Faust.
    »Und wer zum Teufel bist du? Sehen wir aus, als würden
    wir Fragen von einem Bastard wie dir beantworten?« Er
    beugte sich über den Tisch und sah auf Alhaji herunter. Alhaji stand auf und schubste ihn. Der Junge fiel, aber als er wieder aufstand, zog er ein Bajonett, sprang auf den Tisch und auf Alhaji zu. Wir standen nun alle, waren zu kämpfen bereit.
    Der Mann schrie: »Hört auf, Jungs!«, aber niemand hörte auf ihn. Ich zog meine Handgranate heraus und steckte meinen
    Finger durch den Splint.
    »Soll das eure

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