Rueckkehr ins Leben
gerade erst
begonnen worden. Dies gehörte zu den ersten Lektionen, die sie lernen mussten.
Als die Jungen auf uns zukamen, warf ich die Handgranate
zwischen sie, aber die Explosion verzögerte sich. Wir sprangen aus unserer Deckung neben den Stufen, die auf die Ve-
randa führten und rannten auf den offenen Hof, wo wir zu
kämpfen begannen. Einige von uns hatten Bajonette, andere nicht. Ein Junge ohne Bajonett packte mich von hinten am
Hals. Er drückte mir die Kehle zu, und ich konnte mein Bajonett nicht benutzen, also stieß ich ihn mit aller Macht mit den Ellbogen, bis er endlich meinen Hals losließ. Er hielt sich den Bauch, als ich mich umdrehte. Ich stach ihm in den Fuß.
Das Bajonett blieb stecken, also zog ich es mit Gewalt heraus.
Er fiel hin, und ich trat ihm ins Gesicht. Als ich ihm den To-desstoß versetzen wollte, kam jemand von hinten und schlitzte mir die Hand mit dem Messer auf. Es war ein Rebellen-
junge, und er wollte mich gerade niedertreten, als er mit dem Gesicht zuerst zu Boden fiel. Alhaji hatte ihm in den Rücken gestochen. Er zog sein Messer heraus, und wir traten den
Jungen, bis er sich nicht mehr bewegte. Ich war nicht sicher, 155
ob er bewusstlos oder tot war. Es war mir egal. Niemand
schrie oder heulte während des Kampfes. Schließlich hatten wir so etwas jahrelang gemacht und waren noch immer alle
auf Drogen.
Die drei MPs und die beiden Einheimischen, die uns in
das Center gebracht hatten, kamen wenige Minuten nach
Ausbruch des Kampfes auf den Hof gerannt. »Hört auf, hört auf«, schrien sie, rissen die Jungen auseinander und trugen die Verletzten an die Seite. Das war eine schlechte Idee. Wir stürzten uns auf die MPs und nahmen ihnen die Gewehre ab.
Die Armeejungen, also wir, hatten eins, die Rebellen ein
anderes. Dem dritten MP gelang es wegzurennen, bevor ihn
eine der beiden Gruppen erwischte.
Mambu hatte das Gewehr genommen. Noch bevor der
Rebellenjunge, der das andere Gewehr an sich gerissen hatte, es entsichern konnte, hatte ihn Mambu bereits erschossen. Er fiel hin, ließ das Gewehr fallen. Andere Rebellenjungen versuchten es zu packen, aber Mambu erschoss jeden, der das
versuchte. Er tötete einige und verletzte ein paar mehr. Aber die Rebellenjungen waren hartnäckig, und schließlich erwischte einer von ihnen das Gewehr und erschoss zwei Jun-
gen auf unserer Seite. Der zweite Junge, der aus nächster Nä-
he erschossen wurde, rammte dem Rebellenjungen noch im
Fallen sein Messer in den Bauch. Der Rebellenjunge ließ das Gewehr los und sank selbst zu Boden.
Weitere MPs kamen jetzt durch das Tor auf das Kampfge-
schehen zugerannt. Wir hatten fast 20 Minuten lang ge-
kämpft, uns gegenseitig und auch die Männer, die versuch-
ten, uns auseinander zu treiben, abgestochen und mit Messern verletzt. Die MPs feuerten ein paar Schüsse in die Luft, damit wir aufhörten, aber wir kämpften trotzdem weiter, und sie mussten uns mit Gewalt auseinanderreißen. Einigen von uns hielten sie Gewehre vor die Nase und traten andere mit Fü-
ßen auseinander. Sechs Menschen starben: Zwei von uns und vier Rebellen. Mehrere wurden verletzt, darunter auch zwei der Männer, die uns hergebracht hatten. Die Militärkranken-wagen fuhren los, die Sirenen heulten in der stillen, noch jungen Nacht. Von dem Blaulicht wurde mir schwindlig. Ich 156
hatte eine Wunde an der Hand. Ich versteckte sie, weil ich nicht ins Krankenhaus gebracht werden wollte und es nur
eine kleine Wunde war. Ich wusch das Blut ab, streute etwas Salz darauf und band ein Stück Stoff darum. Bei dem Kampf hatte Mambu einem Jungen das Auge ausgestochen. Später
hörten wir, dass der Junge zur Operation außer Landes ge-
bracht worden war und sein Auge durch ein Katzenauge oder so etwas ersetzt werden sollte. Nach dem Kampf lobten wir Mambu wegen seiner Unerbittlichkeit. Ich hätte ihn gerne in meiner Einheit gehabt, dachte ich.
Da MPs Wache standen und aufpassten, dass wir nicht er-
neut zu kämpfen begannen, gingen wir, die Armeejungen,
auf der Suche nach etwas Essbarem in die Küche. Wir aßen
und redeten über den Kampf. Mambu erzählte, der Junge,
dem er das Auge ausgestochen hatte, sei auf ihn zugestürzt, um ihn zu schlagen, doch er hatte Mambu nicht sehen können, war gegen eine Mauer gerannt, hatte sich heftig den
Kopf gestoßen und war bewusstlos liegen geblieben. Wir
lachten und nahmen Mambu auf die Schultern, hoben ihn
hoch in die Luft. Nach diesem Tag mit seiner drögen, langen
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