Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rueckkehr ins Leben

Rueckkehr ins Leben

Titel: Rueckkehr ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ishmael Beah
Vom Netzwerk:
Nachrichten kommt.« Ich sah den Mann an, der lächelte, was mich ein
    bisschen wütend machte.
    »Hast du noch was zu sagen?«, fragte er.
    »Nichts, außer dass ich mich frage, weshalb Sie lächeln.«
    Ich lehnte mich in dem weichen Ledersessel zurück.
    »Du kannst jetzt gehen«, sagte der Mann, immer noch lä-
    chelnd.
    Ich stand auf und verließ den Raum, ließ die Tür hinter
    mir auf. Ich ging auf den Kasten zu und blieb davor stehen.
    Ich stand da und wartete mehrere Minuten, aber nichts passierte. Ich wusste nicht, was man tun musste, damit der Kasten nach oben kam. Die Jungen, die auf ihre Gespräche warteten, lachten. Dann kam der Mann, der hinter dem Schreibtisch saß, zu mir und drückte auf einen Knopf in der Wand.
    Sofort öffnete sich die Tür, und ich ging hinein. Der Mann drückte auf den Knopf mit der Nummer 1 und winkte mir,
    als sich die Türen schlossen. Ich suchte nach etwas, an dem ich mich festhalten konnte, aber der Kasten war schon wieder im Erdgeschoss angelangt. Ich verließ das Gebäude, blieb
    draußen stehen und betrachtete die Struktur. Wenn ich Mo-
    hamed das nächste Mal sehe, muss ich ihm unbedingt erzäh-
    len, wie es in diesem wunderbaren Gebäude von innen aus-
    sieht, dachte ich.

    217
    Ich ging an jenem Nachmittag langsam nach Hause, beo-
    bachtete die vorbeifahrenden Autos. Ich dachte kaum noch
    an das Bewerbungsgespräch, nur fragte ich mich immer wie-
    der, weshalb der Mann, der das Gespräch geführt hatte, gelä-
    chelt hatte. Mir war es ernst mit dem, was ich gesagt hatte, und das Thema war nicht witzig. Unterwegs fuhr ein Autokonvoi an mir vorbei, Militärfahrzeuge und mehrere mit Na-tionalflaggen geschmückte Mercedes. Die Fensterscheiben
    waren getönt, deshalb konnte ich nicht sehen, wer darin saß, außerdem fuhren die Autos sowieso viel zu schnell. Als ich nach Hause kam, fragte ich Allie, ob er einen mächtigen
    Mann kannte, der so durch die Stadt paradierte. Er erzählte mir, dass das Tejan Kabbah sei, der neue Präsident, der im März 1996, also acht Monate zuvor, die Wahlen für die Sierra Leone People’s Party (SLPP) gewonnen hatte. Ich hatte noch nie von diesem Mann gehört.
    An jenem Abend brachte mein Onkel eine Tüte Erdnüsse
    mit nach Hause. Tante Sallay kochte die Erdnüsse und breitete sie auf einem großen Tablett aus. Wir setzten uns alle um das Tablett, mein Onkel, seine Frau, Allie, Kona, Matilda, Sombo und ich, aßen die Erdnüsse und hörten eine Aufnahme mit Geschichten von Leleh Gbomba. Er erzählte die Ge-
    schichte, wie er sich mit einem Jungen angefreundet hatte –
    noch bevor beide geboren waren. Ihre Mütter waren Nach-
    barinnen und wurden gleichzeitig schwanger, deshalb begegneten sie sich schon, als sich beide noch in den Bäuchen ihrer Mütter befanden. Der Geschichtenerzähler beschrieb die
    Landschaft ihres vorgeburtlichen Lebens sehr lebhaft: die Jagd, auf die sie gingen, die Spiele, die sie spielten, wie sie in unsere Welt hinaushorchten … Es war eine sehr lustige Geschichte mit unglaublichen Drehungen und Wendungen, und
    wir hörten gebannt zu. Mein Onkel, meine Tante und mein
    Cousin und meine Cousinen lachten so sehr, dass sie stun-
    denlang nicht mehr aufhören konnten, selbst als die Ge-
    schichte längst zu Ende war. Auch ich fing an zu lachen, weil mein Onkel etwas sagen wollte und er so von Lachkrämpfen
    geschüttelt wurde, dass er kein einziges Wort herausbekam, ohne erneut einen Lachanfall zu bekommen. »Das sollten wir 218
    öfter machen. So zu lachen ist gut für die Seele«, sagte mein Onkel und lachte immer noch ein bisschen. Wir wünschten
    einander eine gute Nacht und gingen zu Bett.
    Eines Morgens tauchte Mister Kamara in einem Wagen
    der Children Associated with the War (CAW) vor dem Haus
    meines Onkels auf. Ein paar Tage zuvor hatte er mir gesagt, dass ich ausgewählt worden war und die Vereinten Nationen besuchen sollte, aber ich hatte nur Mohamed davon erzählt, weil ich nicht glauben konnte, dass ich wirklich nach New York fahren würde. Es war kurz vor Mittag, als Mister Kamara eintraf, mein Onkel war noch bei der Arbeit. Meine Tante stand in der Küche, und ihr Gesichtsausdruck sagte mir, dass mein Onkel auf jeden Fall von Mister Kamaras Besuch erfahren würde. Da wusste ich, dass ich ihm selbst von der Reise erzählen musste.
    »Guten Morgen«, sagte Mister Kamara und sah auf die
    Uhr, wie um sicherzugehen, dass es noch Morgen war.
    »Guten Morgen«, erwiderte ich.
    »Bist du bereit, mit in die Stadt

Weitere Kostenlose Bücher