Rueckkehr nach Connemara
miteinander schliefen, spürte Kathleen deutlich, dass es auch ihm nicht nur um Sex ging.
Es ist möglich, dass er über seine Gefühle nicht reden kann, überlegte sie und hoffte, er würde im Lauf der Zeit aus sich herausgehen und endlich die Worte aussprechen, nach denen sie sich sehnte.
Trotzdem befürchtete sie, dass sie sich nur Illusionen machte und er ihr am Ende das Herz brechen würde.
10. KAPITEL
Als Kathleen ihr Brautkleid in dem großen Schlafzimmer anprobierte, beobachtete sie eine Bachstelze, die im Garten im Regen herumhüpfte. Dabei fiel ihr der kleine Vogel mit dem gebrochenen Flügel ein, den sie gesund gepflegt hatte.
Nachdenklich stellte sie sich vor den Spiegel. War es richtig, sich an einen Mann zu binden, der nicht über seine Gefühle reden konnte oder vielleicht gar nicht so tief empfinden konnte wie sie? Als ihr bewusst wurde, was sie im Begriff war zu tun, erbebte sie.
Lorcan hatte ihr aus Boston eine Auswahl Brautkleider kommen lassen, und sie hatte sich für dieses entschieden. Sie betrachtete sich und ließ die Hände über das eng anliegende Oberteil aus weicher Seide gleiten. Ihre schmale Taille wurde durch den weiten Rock betont, der ihr in losen Falten auf die Füße fiel.
Während sie versuchte, sich zu überzeugen, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, drehte sie sich in den Schuhen mit den ungewohnt hohen Absätzen im Kreis. Noch drei Tage, dachte sie nervös, am vierten Oktober ist es so weit.
Plötzlich schrie sie entsetzt auf. Heute war der erste Oktober!
"Nein", stöhnte sie. "Das darf nicht wahr sein."
Lorcan telefonierte gerade, als sie wie von Furien gehetzt die Treppe hinunterlief. Rasch beendete er das Gespräch und sah sie im Haushälterinnenzimmer verschwinden.
"Kathleen!" Betroffen eilte er hinter ihr her. Dann hörte er sie verzweifelt weinen.
Sekundenlang zögerte er vor dem Zimmer, ehe er die Tür vorsichtig öffnete.
Sie saß auf dem Boden und wiegte sich schluchzend hin und her. Dabei drückte sie einige Fotos fest an die Brust.
"Mein Liebling, was ist los?" fragte er alarmiert und kniete sich neben sie.
Weinend wandte sie sich ab. Lorcan wartete. Und schließlich wurde seine Geduld belohnt, denn sie fing an, ruhiger zu atmen.
Auch die Tränen hörten allmählich auf zu fließen.
Trotz ihrer Proteste umfasste er ihr Gesicht und zwang sie, ihn anzusehen. "Du musst mir sagen, weshalb du dich so aufregst", sagte er sanft.
"Das kann ich nicht", schluchzte sie.
"Doch. Wir dürfen keine Geheimnisse voreinander haben, wenn wir heiraten wollen."
Ihre gequälte Miene konnte er kaum ertragen. Während er darauf wartete, dass sie sich ihm anvertraute, malte er sich alles Mögliche aus. Es musste mit dem Brautkleid oder der Hochzeit zusammenhängen, wie er vermutete.
Er bemerkte, dass sie sehr verletzlich und hinreißend schön aussah, jedoch seltsam verschlossen wirkte. Ein heftiger Schmerz durchdrang ihn, und er hatte sekundenlang das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
"Du siehst bezaubernd aus in dem Kleid, Kathleen", versuchte er, zu ihr durchzudringen.
Mit einer Hand ließ sie die Fotos los und berührte die weiche Seide. Lorcan entspannte sich, denn in ihren Augen leuchtete es auf. Das konnte nur bedeuten, dass ihr das Kleid und alles, was damit zusammenhing, etwas bedeutete.
"Es bringt Unglück, dass du mich vor der Hochzeit darin gesehen hast", sagte sie leise und zitterte so heftig, dass er ihr seine Jacke um die Schultern legte.
"Das ist alberner Aberglaube. Willst du mir jetzt erzählen, was du hast?"
Sie nickte und reichte ihm die Fotos.
Er betrachtete sie. "Conor?"
"Nein."
Er sah genauer hin. Das Kind hatte Kathleens Augen, aber ...
Hatte es etwa noch einen anderen Mann in ihrem Leben gegeben? Hatte sie ihn so sehr geliebt, dass sie ein Kind von ihm hatte? Damit würde ich nicht zurechtkommen, schoss es Lorcan durch den Kopf. Aber warum nicht? Warum wäre das so
schlimm?
"Wer ist es?" fragte er.
Kathleen stand auf und setzte sich aufs Bett. "Kieran, mein erster Sohn", sagte sie leise.
Lorcan entspannte sich; "Harrys Kind, nehme ich an."
"Nein."
Ihm verkrampfte sich der Magen, und er hätte am liebsten die nächste logische Frage laut hinausgeschrien. Die Eifersucht, die ihn erfasste, machte ihn fast wahnsinnig.
"Gab es noch einen anderen?" stieß er schließlich mühsam beherrscht hervor.
Sie schüttelte den Kopf. Dabei lösten sich einige Strähnen aus ihrer Hochfrisur, und sie sah bezaubernd aus.
Ärgerlich
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