Rueckkehr nach Glenmara

Titel: Rueckkehr nach Glenmara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Barbieri Sonja Hauser

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schaute mit strenger Miene heraus.
    »Wo ist Bernadette?«, fragte er und musterte sie kühl aus grauen Augen.
    »Ich heiße Kate, Kate Robinson und bin seit Samstag im Ort …« Sie beendete den Satz nicht, weil sein Blick ihr das Gefühl vermittelte, etwas falsch gemacht zu haben.
    »Ich bin Pfarrer Byrne«, stellte er sich vor und fügte hinzu: »Im Gottesdienst habe ich Sie am Sonntag nicht gesehen.«
    Der Gottesdienst, ja. Sie hatte verschlafen und sich als Heidin geoutet. Zählte zu langes Schlafen auch zu den Todsünden? Als Nächstes würde er sie sicher fragen, wann sie das letzte Mal gebeichtet hatte.
    »Was führt sie nach Glenmara?« Er trat nicht über die Schwelle und streckte ihr nicht die Hand hin, sondern stand da, als hätte er einen Besenstiel verschluckt, während sie vom Weg aus mit ihm redete, die Finger um den Lenker. Am liebsten wäre sie weitergefahren, aber so unhöflich wollte sie dann doch nicht sein.
    »Ich reise durch Irland.«
    Eine solche Antwort führte normalerweise zu Fragen über ihre Herkunft und die Orte, die sie bereits besucht hatte, doch nicht bei ihm. »So, so, Sie reisen durch Irland«, wiederholte er nachdenklich, als wollte er den verborgenen
Sinn ihrer Aussage ergründen. »Und das Schicksal hat Sie hier stranden lassen.«
    »Ja.« Sie hatte das Gefühl, ins Kreuzverhör genommen zu werden und den Karren mit jeder Äußerung noch tiefer in den Dreck zu fahren.
    »In dieser Gegend gibt es kaum öffentliche Verkehrsmittel«, bemerkte er. »Wie sind Sie hergekommen?«
    »Auf dem Planwagen eines Reisenden.« Sie beschloss, ihre Antworten genauso kurz zu halten wie er seine Fragen, weil er sich bereits eine Meinung über sie gebildet zu haben schien – offenbar keine gute. Vielleicht lag es an ihrem zerzausten Aussehen nach dem Sturz. Sie glättete ihren Rock und strich sich die Haare aus dem Gesicht, ohne erkennbare Wirkung.
    »Aha.«
    »Er heißt William. Kennen Sie ihn?« Es ärgerte sie, dass sie sich von ihm einschüchtern ließ, doch sie war außerstande, das Kräfteverhältnis zwischen ihnen zu verändern.
    »Nein. Er gehört nicht zu meiner Gemeinde.« Pfarrer Byrne kniff kurz die Augen zusammen. »Vermutlich sind bei Ihrer Art des Reisens keine Gottesdienstbesuche vorgesehen. Oder sind Sie nicht katholisch?«
    Der Himmel war an diesem Nachmittag stahlgrau wie die Augen des Geistlichen. »Ich habe verschlafen, weil ich so lange unterwegs gewesen bin …«
    »Ja, kann ich mir denken.«
    Sie begann zu frösteln.
    »An unser Klima muss man sich gewöhnen«, sagte er, ohne sie hineinzubitten.
    »Ich komme aus Seattle; da regnet es oft«, erklärte sie und versuchte es mit einem charmanten Lächeln.

    Es funktionierte nicht. »Auch eine Qualifikation.«
    Schweigen, nur eine Saatkrähe rief von einer Rotbuche vor dem Haus. Der Geistliche hatte aufgrund seiner aufrechten Haltung, seiner schmalen, steifen Glieder und der Falten an Stirn und Mund Ähnlichkeit mit dem Baum. Beide schienen drohend über Kate aufzuragen. Seine Kälte verwunderte sie; sie wusste nicht, was sie falsch gemacht hatte. »Freut mich, Sie kennengelernt zu haben«, sagte sie schließlich. »Ich muss jetzt zurück zu Bernie. Sie erwartet mich …«
    »Ja, natürlich.« Er hob die Zeitung vom Boden auf und klopfte damit einmal, zweimal gegen seine Handfläche. »Ich wusste schon, dass sie einen Übernachtungsgast bei sich aufgenommen hat.«
    Ihm entging nichts, wirklich nichts, schienen diese grauen Augen zu sagen.

BILD ACHT
    Eine Tasse Tee und Eifersucht
    A ileen besuchte Bernie immer am Montagnachmittag um zwei zum Tee, zu dem diese auf dem herrlichen Carlton-Porzellan mit dem Mikadomuster in Kobaltblau, das sie mit Aileen in einem Laden in Galway entdeckt hatte, Ingwerkekse oder Shortbread, manchmal auch beides, reichte. Ihr und Bernie mangelte es nie an Gesprächsthemen.
    Weißt du noch, wie wir damals ein Floß bauen wollten, damit abgesoffen sind und dachten, wir ertrinken? Richie Greene hat uns gerettet. Wir haben erst hinterher gemerkt, dass das Wasser nur knietief war!
    Wie peinlich!
    Richie Greene hatte immer eine Schwäche für dich, Ailey.
    Ach, das ist lange her.
    Wenn du meinst …
    Weißt du noch, wie du deinem Bruder ein Schlammsandwich ins Lunchpaket geschmuggelt hast, Ailey, und er reingebissen hat, weil er dachte, es ist Schokolade?
    Ich hätte auch noch einen Wurm reinpacken sollen. Er war damals wirklich ein Ekel.
    Weißt du noch, wie wir mal, als alle schliefen, mitten in der Nacht