Rueckkehr nach Glenmara
Katherine Hepburn.«
»Sie stellen da nicht gerade über meinen Laptop Pornos ins Netz, oder?« Er sah ihr über die Schulter.
»Nein, einen Geschäftsplan.«
»Aha.«
»Neue Entwürfe der Spitzenklöpplerinnen.«
»Verstehe. Sie mischen sie ein bisschen auf, was?«
»Ich versuche nur zu helfen. Würde es Ihnen was ausmachen, ein wenig wegzurutschen?« Sie konnte nicht arbeiten, wenn er so nah bei ihr stand.
»’tschuldigung. Ich wollte Sie nicht stören.« Er begann ein Gespräch mit dem Mann hinter der Theke und sah nur ab und an zu ihr herüber. Sie schaute jedes Mal weg, wenn ihre Blicke sich trafen, und wieder hin, sobald er ihr den Rücken zuwandte.
Kate versuchte, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, nämlich Bilder von der Unterwäsche an die unterschiedlichen
Fremdenverkehrsämter zu schicken. Sie spielte mit dem Gedanken, auch eine Auswahl an Ella zu senden. Halt mich auf dem Laufenden, wie es dir geht. Wenn du mir das nicht versprichst, lasse ich dich nicht in den Flieger , hatte sie am Flughafen zu Kate gesagt. Am Ende entschied Kate sich gegen eine Nachricht an Ella. Sie wollte warten, bis sie eine genauere Vorstellung davon hatte, wohin alles führen würde.
Dann loggte sie sich bei Hotmail ein, um eventuell eingegangene E-Mails zu überprüfen, und fand außer einem Angebot zur Penisverlängerung eine Botschaft von Ella: Hier regnet’s schon seit Tagen. Wahrscheinlich nicht viel anders als in Irland! Von Ethan, von dem sie sich insgeheim eine Nachricht erhoffte, natürlich kein Wort.
»Kate?«
»Was?« Sie hob den Blick. Sullivan. Sie schloss hastig das Fenster.
»Alles in Ordnung?«
»Ja«, log sie.
Er hob eine Augenbraue, bohrte aber nicht weiter nach. »Lassen Sie sich von mir auf ein Ale einladen?«, fragte er. »Das bin ich Ihnen schuldig, so oft, wie ich Sie schon auf den Arm genommen habe.«
»Sie schulden mir gar nichts, und offen gestanden, mag ich Ale nicht besonders.«
»Sind Sie sicher, dass Sie irische Vorfahren haben?« Er schob ihr ein Glas hin. »Wollen Sie’s nicht noch mal probieren? Vielleicht schmeckt’s Ihnen ja doch. Außerdem hätte ich nichts gegen Gesellschaft, und Sie vermutlich auch nicht.«
Wann sie wusste, dass sie mit ihm schlafen würde? Möglicherweise gleich am Anfang. Sie hatte es nicht sofort an diesem Tag gewollt, doch er bot ihr Gelegenheit, sich in den Berührungen eines anderen Menschen zu verlieren. Er schob ihr Fahrrad zu seinem Lieferwagen, um sie zu Bernies Haus zurückzubringen.
»Ich komme schon zurecht, danke.« Sie legte die Hand auf den Sitz. Betrunken war sie nicht, nein, nur beschwipst – bei ihr reichte dazu ein Glas. In dem Zustand erschien ihr die Aussicht, mit dem Rad zurück nach Glenmara zu fahren, als eine Herausforderung, und die, weiter mit ihm zusammen zu sein, als deutlich attraktiver.
»Machen Sie Scherze?« Er lachte. »Sie können doch nicht mehr gerade gehen. Wie wollen Sie da noch Fahrradfahren?«
Dann folgte ein spielerischer Kampf um das Rad und die Richtung, in die sie aufbrechen würden. Sie ließ ihn gewinnen.
Er hievte den Drahtesel mit einer einzigen fließenden Bewegung auf den Lieferwagen und zurrte ihn am Dachträger fest. »Sehen Sie«, sagte er. »Schon passiert.«
Im Lieferwagen roch es nach Ton und Farbe; die Luft war feucht und stickig. Sie spürte die Sprungfedern durch den Sitz, aber das störte sie nicht. Im Moment störte sie überhaupt nichts, weil sie sich warm und behaglich fühlte wie schon Wochen nicht mehr. Er schaltete das Radio ein und summte einen Song von den Frames mit, den Kate nicht kannte. – Eine Melodie, die in den folgenden Tagen immer wieder in ihrem Kopf erklingen und sie an ihn, an diese Nacht, erinnern würde.
Er kurbelte das Fenster herunter, so dass der Wind durch ihre Haare wehte.
Die erste Berührung kam von ihr. Sie wünschte sich eine kurze Zeit des Vergessens; vielleicht legte sie deshalb die Hand auf seinen Oberschenkel. Und er fragte sie, ob sie sicher sei, bevor er den Wagen an einer verlassenen Straße abstellte. Sie wusste später nicht mehr, ob sie ihm eine Antwort gab oder ihn nur einfach stumm küsste. Anfangs bemerkte sie noch die Kisten mit zerbrechlichen Gefäßen im Van, die von ihm gefertigten Vasen, Schalen und Teller und die Tölpel, die kreischend ins Meer hinabstießen, wenn sie einen Fisch entdeckten, und den Wind, der am Wagen rüttelte und einen Wetterwechsel ankündigte. Blauen Himmel konnte es in Irland immer nur kurze Zeit geben. Doch
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