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Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Junge hervor und lockerte den Schal, der wie eine Würgeschlange um seinen Hals lag. »Aber – wenn das stimmt, was Liyen gesagt hat, schwirrt da draußen eine ganze Flotte von Schatten herum. Wie sollen wir an denen vorbei kommen, nur mit zwei popligen Sonnenaugen und ohne Kraftfelder?«
    »Gar nicht«, brummte Keru. Er sah hinaus zum schwarzen Himmel über dem schwarzen Meer. »Besser, du gewöhnst dich an die Aussicht, Junge!«
    Nelen ignorierte ihn. »Wir müssen es eben versuchen!« Endriel fragte sich, ob sie die Einzige war, die die Verzweiflung aus ihren Worten heraushörte. »Auf jeden Fall hilft es uns nicht weiter, rumzuheulen und uns gegenseitig anzubrüllen!« Letzteres sagte sie mit einem Seitenblick zu Keru. »Wenn Xeah wach wäre, dann würde sie sagen, dass ... dass man erst verloren ist, wenn man die Hoffnung aufgibt – jedenfalls so was in der Art. Und wisst ihr was? Sie hätte Recht!« Nelens Blick wanderte von einem zum anderen. »Noch haben uns die Schatten nicht! Noch haben wir das Schiff und Zeit, uns was zu überlegen! Vielleicht kann Kai uns helfen, wenn wir ihn finden! Kommt schon, es muss irgendeine Möglichkeit geben – ich weiß , dass es sie gibt!«
    Schweigen schlug ihr entgegen. Nelen ließ die Schultern sinken. »Bitte!«, flüsterte sie. »Endriel!« Der violette Blick der Yadi flehte ihre Freundin an.
    So ist es , hätte Endriel ihr gerne gesagt. Aber sie wollte Nelen nicht belügen. Sie war zutiefst verwirrt, als Keru die Worte aussprach:
    »Du hast Recht.«
    Alle Blicke lagen auf ihm, als er sich vom Boden aufstemmte. Sein Löwengesicht wirkte wie versteinert. »Eine Möglichkeit gibt es.«
    »Welche?«, fragte Miko. Er schien zu ahnen, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde.
    Kerus Stimme hatte ihre alte Kraft zurück, als er antwortete: » Ich übernehme das Kommando!«
    » Was? « Nelen wäre beinahe aus der Luft gestürzt.
    Keru sah Endriel an. Überraschend gefasst knurrte er: »Wir können dir nicht mehr vertrauen, Kapitän . Wenn wir hier wieder rauskommen wollen, dann brauchen wir jemand mit klarem Verstand.«
    »Fein!«, sagte Nelen. »Kennst du da zufällig wen?«
    »Werd’ erwachsen! Wir sind auf uns allein gestellt. Diesmal gibt es keinen lieben Weißmantel-Onkel, der uns aus der Scheiße zieht, keine Klosterbrüder, die uns die Ärsche streicheln. Nur uns und die Schatten. Das hier ist Krieg, und keiner von euch ist dafür ausgebildet. Also übernehme ich das Kommando.«
    »Aber das geht nicht!«, protestierte Nelen. »Du kannst doch nicht –!«
    »Doch, er kann« sagte Endriel, kaum hörbar. Alle sahen sie an. »Er hat Recht«, erklärte sie mit tonloser Stimme. »Ich kann mir selbst nicht mehr trauen. Und wir haben gesehen, wohin uns das gebracht hat.« Sie blickte zu Keru auf. »Das Schiff gehört dir.«
    Ohne seine Erwiderung abzuwarten, stand sie auf und ging Richtung Tür.
    »Endriel!«, rief Nelen ihr hilflos nach.
    Doch ihre Freundin drehte sich nicht um.
    Sie sank in einer Ecke ihres Quartiers zusammen; ihre Arme um die Beine geschlungen saß sie da und ihr Schluchzen ging im Kreischen der wieder erwachten Antriebe unter. Sie hatte keine Ahnung, wohin Keru fliegen würde – vielleicht weiter nach Shannashai, vielleicht auch nicht.
    Ihre besten Freunde, ihre einzige Familie – und sie hatte sie vielleicht zum Tode verurteilt, weil sie sich von einer Fremden hatte täuschen lassen. Weil sie zu gutmütig war, zu naiv, zu dumm, um zu sehen, dass Liyen sie die ganze Zeit getäuscht hatte.
    Endriel wünschte sich, so stark, so verzweifelt wie nie zuvor, dass Kai bei ihr wäre, um sie zu halten, doch plötzlich kam er ihr vor, wie ein ferner Traum, der immer mehr verblasste, je mehr sie versuchte, nach ihm zu greifen. Nun kannte sie die Wahrheit: sie würde ihn niemals finden. Sie hatte die Reise umsonst gemacht. All die Mühen, die Tränen und die Kämpfe waren vergebens; sie und die anderen – sie würden auf diesem Planeten sterben. Allein, fernab von Zuhause. Sie würde Kai nie wiedersehen. Sie würde –
    Ein Klopfen an der Tür ließ sie aufschrecken.
    Endriel antwortete nicht. Dann hörte sie eine vertraute Stimme ihren Namen sagen.
    Sie fuhr auf. »Xeah!«
    Die Tür öffnete sich und die alte Heilerin trat ein. Ihre Augen wirkten matt, ihre Bewegungen waren träge.»Xeah! Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht! Ich dachte schon ... ich dachte ...!« Ohne den Satz zu beenden, ging Endriel zu ihr, nahm sie in die Arme und drückte sie fest an

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