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Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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sich. »Bist du ... ich meine, hast du – geht es dir gut?«
    Xeah nickte. »Ich hatte einen langen und bösen Traum. Dann bin ich aufgewacht und habe dich gehört. Du hast geweint.«
    Endriel wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. »Es ist schon in Ordnung«, sagte sie. Es war nicht ganz gelogen: Zusammen mit Xeah war ein kleines Quäntchen Hoffnung zurückgekehrt.
    Die Draxyll sah zum Bullauge und blinzelte. »Wir sind nicht auf Kenlyn.«
    Endriel ließ sie los. Sie blickte zum pechschwarzen Himmel draußen, dann schüttelte sie schuldbewusst den Kopf. »Nein«, sagte sie.
    »Was ist passiert?«
    »Vielleicht solltest du dich lieber setzen«, sagte Endriel. Und sie erzählte, was geschehen war. Sie berichtete vom Angriff der Schatten im Wald, an den sich Xeah nur noch verschwommen erinnerte; von ihrer Gefangennahme und Xeahs Rettung durch Miko; wie sie das Portal im Norden durchquert hatten – und von Liyen hintergangen worden waren.
    Xeah schien zu erschöpft, um schockiert zu sein. Stattdessen schloss sie die Augen und schwieg eine lange Zeit.
    »Keru hat das Kommando übernommen«, sagte Endriel. »Und während wir hier sprechen, breiten sich die Schatten über den Planeten aus. Die Lage ist also gewohnt schlecht.« Sie versuchte ein Lächeln und kam sich dabei wie eine Heuchlerin vor.
    Xeah reagierte nicht auf ihren Aufmunterungsversuch. Sie hockte auf dem Sitzkissen und blickte zu Endriel auf. Ein verletzter Ausdruck lag in ihren tiefschwarzen Augen. »Du hast dein Versprechen gebrochen ...«
    Endriel wich ihrem Blick aus. »Ja.«
    »Warum, Endriel?«
    »Weil ich keine Wahl hatte!« Endriel hob die Hände. »Es blieb keine Zeit für einen Abstecher zum Sanktum. Und außerdem ...« Sie hockte sich zu ihr und fasste nach Xeahs Hand mit der dünnen, rauen Haut; sie fühlte sich erschreckend kühl an. »Ich brauche dich, Xeah – hier bei uns. Ich konnte dich nicht gehen lassen.«
    Xeah antwortete nicht. Sie saß da wie eine Draxyll-Puppe, ohne Kraft und Leben.
    »Hilf mir, Xeah! Sag mir, dass alles gut wird, so wie immer! Sag mir, dass wir das durchstehen werden! Bitte!«
    Dünne Lider glitten über Xeahs Augen. Sie schien kaum zu atmen.
    »Bitte!« Endriel drückte die kalte Hand fester. »Hilf mir!«
    Es dauerte lange, bis Xeah antwortete und als sie es tat, schien jedes ihrer Worte für sie selbst genauso schmerzhaft zu sein wie für Endriel: »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich ... ich muss über all das nachdenken. Allein.« Sie zog ihre Hand zurück.
    Endriel presste die Lider zusammen; etwas Heißes, Nasses glitt über ihre Wangen und tropfte von ihrem Kinn. »Es tut mir so leid!«
    »Das glaube ich dir«, sagte Xeah ohne hörbaren Vorwurf. Sie kämpfte sich hoch und hatte sich gerade zur Tür gewandt, als Endriel ihren Arm packte. »Warte! Geh nicht!«
    Xeah sah sie an.
    »Sprich mit mir, Xeah!«, flehte Endriel. »Du hast jedes Recht, wütend auf mich zu sein, also schrei mich an, schlag mich, egal was! Nur lass mich nicht allein, bitte!«
    »Das werde ich nicht, Endriel«, sagte Xeah. Und bitter fügte sie hinzu: »Wohin sollte ich auch gehen?«
    Sie nahm Endriels Hand von ihrem Arm; ihre Finger zitterten. Die Tür schloss sich leise hinter ihr, als sie ging.

23. Hochverrat
    »Hör nie auf dein Gewissen – es bringt dich nur in Schwierigkeiten.«
    – Sprichwort
    Er fühlte, wie sich seine Zähne aus den Kiefern lösten, während seine Haut in schwarzen Flocken zu Boden segelte, und er schrie, ohne einen Laut herauszubringen; schrie und schrie, und als er erwachte, lag er in Dunkelheit und sein Herzschlag übertönte selbst die Stimme des Schiffs. Hinter den Bullaugen sah er Schwärze und die blaue Aureole der Antriebsflammen.
    Auf ein Wort von ihm erwachte die Lichtkugel an der Decke zum Leben und vertrieb die Schatten – aber nicht die Träume. Telios traute sich kaum, seine Hände allzu genau zu betrachten, aus Angst, nur bleiche Knochen zu sehen.
    Die Uhr auf seinem Nachttisch verriet ihm, dass er keine drei Stunden geschlafen hatte; in dieser Zeitzone war es erst kurz nach Mitternacht. Natürlich hatte ihm der kurze, bleierne Schlaf keine Erholung gebracht, im Gegenteil: er fühlte sich wie gerädert. Die Strahlen der Lichtkugel brannten in seinen Augen und der Nachgeschmack des Weins lag ihm wie bittere Medizin auf der Zunge. Zwei Flaschen hatte er geleert, in der Hoffnung, wenigstens für ein paar Stunden den Erinnerungen an das Sanktum entfliehen zu können. Doch der Alkohol hatte

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