Rückkehr nach Kenlyn
– sie fand keine einzige Seele. » Ich war allein, zum ersten Mal in meinem Leben allein. «
Es dauerte lange Zeit, bis sie anhand von Geisterkubus-Aufzeichnungen und den Protokolldaten des Regenerators das Geschehen rekonstruieren konnte: Die Schatten, drauf und dran, ihren Krieg zu verlieren, hatten offenbar in ihrer Verzweiflung ihre letzte Geheimwaffe ins Spiel gebracht.
Doch was als Machtdemonstration geplant war, entglitt der Kontrolle des Kults. Rokor gehorchte ihnen nicht länger, breitete sich unkontrolliert aus und verschlang dabei Städte und Kontinente – und letztlich den ganzen Planeten.
Selbst die Sha Yang sahen sich außerstande, der Plage Einhalt zu gebieten.
» Also waren sie geflohen. Und sie hatten mich hier zurückgelassen. «
Alátu war Hals über Kopf evakuiert worden, während Rokor durch den Nexus eindrang und das Leben aus der Stadt saugte. Und die ganze Zeit über lag Ahi Laan vergessen in dem Regenerator; um das Leben ihrer Patientin zu retten, hatte die Maschine beschlossen, sie in ein Zeitloses Feld einzuhüllen, bis Hilfe von außen kam. Was natürlich niemals geschah; und sie würde noch heute und vielleicht bis zum Ende der Ewigkeit in dem Regenerator liegen, wäre dessen Energieversorgung nicht im Laufe der Jahrhunderte zusammengebrochen.
Ahi Laan hatte keine Chance, den Rest ihrer Leute auf Kenlyn zu erreichen. Und so wanderte sie durch die Ruinen von Te’Ra, drei Jahre lang, ständig auf der Suche nach Artefakten, die sie aus dieser Grabwelt fortbringen konnten – und anderen Lebewesen, die das Massaker überlebt hatten.
Endriel hatte die Welt dort draußen gesehen; sie war unfähig sich vorzustellen, wie man drei Jahre durch diese Einöde wandern konnte, ohne den Verstand oder sein Leben zu verlieren. Und ohne dass sie es wollte, wuchs ihr Respekt vor der hochmütigen Sha Yang, auch wenn sie sich nicht ganz sicher war, ob es mit Ahi Laans geistiger Gesundheit wirklich zum Besten stand.
»Und wovon hast du dich denn die ganze Zeit ernährt?« Nelen verzog skeptisch die breiten Augenbrauen.
» Von dem bisschen Sonne, das durch die Partikel in der Atmosphäre drang. «
»Bitte?«
»Sha Yang essen nicht, Nelen«, klärte Kai sie auf. »Sie haben ihre Haut so verändert, dass sie Sonnenlicht in Energie umwandelt.«
»Oh ... Praktisch!«
Keru bleckte die Zähne. »Ja, aber sperr sie lange genug in einen dunklen Raum, und sie gehen ein wie eine Primel.«
»Keru«, tadelte Xeah.
» Darf ich jetzt fortfahren? « Ahi Laan zuckte wieder ungeduldig mit den Flügeln; Endriel hörte deutlich den Sarkasmus in ihrer Gedankenstimme. » Danke. «
Sie verließ Alátu und kämpfte sich durch die kalten Wüsten und die Stürme, immer weiter Richtung Norden. Zwar gab es hier und da noch unbeschädigte Artefakte, jedoch keine, die ihr weitergeholfen hätten. Dann, vor nicht ganz einem Monat, fand sie in einem ehemaligen Lufthafen ein halbwegs funktionierendes Drachenschiff. Der Zahn der Zeit hatte ihm ordentlich zugesetzt, und es dauerte mehr als drei Wochen, bis Ahi Laan die Maschine wieder repariert hatte. Wie sich zeigte, würde es nur ein kurzer Flug werden:
» Kurz vor Shannashai versagte der Antrieb. Ich konnte den Absturz nicht aufhalten. Der Mensch« , sie zeigte mit einem langen, blauen Finger auf Kai, » fand mich. Den Rest der Geschichte kennt ihr. «
»Wir sind noch in der selben Nacht nach Shannashai zurückgekehrt«, vollendete Kai. »Ahi Laan wollte eigentlich weiter nach Norden, über die Landbrücke zum anderen Teil des Kontinents. Aber ich konnte sie überzeugen, hier zu bleiben und auf euch zu warten.«
»Gutes Timing«, sagte Nelen.
» Ich hätte es auch allein geschafft «, erklärte Ahi Laan.
»Vielleicht«, sagte Kai mit deutlicher Skepsis.
Die Sha Yang hielt es nicht für nötig, darauf zu reagieren – oder, überlegte Endriel, sie sendete mit ihrer Gedankenstimme auf einem »privaten Kanal«. Sie suchte den Blick aus Bronzeaugen. »Und was gibt es so Interessantes im Norden?«
» Antworten. «
»Auf welche Frage?«
» Wie ich diesen Planeten verlassen kann. «
»Und wer oder was kann das wissen?«, fragte Miko.
Ahi Laan sah den Jungen an. » Syl Ra Van «, antwortete sie.
Das Schiff schwebte der grauen Wüste entgegen; seine Schubdüsen waren auf ein Minimum gedrosselt, um den Staub unter dem Rumpf nicht aufzuwirbeln. Auf seiner glänzendschwarzen Außenhülle spiegelte sich das fahle Glühen des Sichelmondes wider. Langsam, ganz langsam sank es
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