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Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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schmettern.
    »Kailin Derra!«
    Endriel runzelte die Stirn. »Wer soll das sein?«
    »Ein Mädchen aus seiner Schulzeit.« Liyen zuckte mit den Achseln. »Er war lange in sie verliebt.«
    Auch das brachte kein Ergebnis.
    »›Reiseführer durch die Welt der Archäologie‹ – das Buch, das sein Vater geschrieben hat.«
    Nichts.
    »Was ist mit Pali? Das war der Hund seiner Nachbarn. Kai hat als Kind immer mit ihm gespielt.«
    Endriel probierte es – und schüttelte den Kopf.
    Liyen schreckte auf. »Ah, ich weiß! Versuch es mit – verdammt, wie hieß er noch? Er war sein bester Freund, bis er zehn war ... Gellas? Rellas? Tellas! Tellas Inor!«
    Keine Reaktion.
    »Verfluchtes Sha Yang-Scheißding-Mistblechgerät!«, zischte Endriel die Armschiene an.
    »Bleib ruhig«
    »Ich bin ruhig!«
    »Soll ich es vielleicht mal versuchen?«
    »Nein!« Endriel zog das Artefakt dicht an sich heran. »Weiter! Was fällt dir noch ein?«
    Liyen zögerte. »›Mein Herz.‹«
    »Bitte?«
    Sie sah zu Boden. »So hat er mich manchmal genannt, in gewissen ... Situationen.«
    Bemüht, sich nichts von dem Stich in ihrer Brust anmerken zu lassen, schloss Endriel die Augen und versuchte sich auf diese beiden Worte zu konzentrieren. Kai hatte ihr nie einen Kosenamen gegeben, doch wenn – wie hätte er sie genannt? Oder benutzte er ein und denselben für alle seine Frauen? »Nichts«, sagte sie dann, heimlich erleichtert.
    »Du bist müde«, sagte Liyen unvermittelt. »Du solltest versuchen zu schlafen, bevor du dich verrückt machst.«
    »Ich gebe nicht auf«, stellte Endriel klar.
    Ihre Wut prallte an Liyens sanftem Lächeln ab. »Du bist wirklich hartnäckig.«
    »Ist meine hervorstechendste Eigenschaft.«
    »Und das gefällt mir. Ich hoffe nur, Kai weiß es auch zu schätzen.«
    Du streust gern Salz in anderer Leute Wunden, was?, dachte Endriel. Dann erkannte sie die Schwermut in Liyens Blick. Auch für sie war die Erinnerung an Kai nicht schmerzfrei. Andererseits, überlegte Endriel, durfte sie auch ruhig ein bisschen leiden.
    »Wie seid ihr euch überhaupt begegnet?«, fragte Liyen. »Ich meine, falls ich als Gefangene das wissen darf.«
    »Ist eine lange Geschichte.« ... und geht dich überhaupt nichts an.
    »Hat er ... viel von mir gesprochen?« Der Versuch, beiläufig zu klingen, scheiterte.
    Endriel zog ihr Schweigen in die Länge. Dieses Gespräch brauchte sie jetzt nicht. »Nein, eigentlich nicht.«
    »Dachte ich mir.« Liyen unternahm den jämmerlichen Versuch zu überspielen, wie sehr es sie verletzte. Und als sie das große, rothaarige Mädchen so dasitzen sah, hatte Endriel auf einmal Mitleid mit ihr. Ein Nuance sanfter fügte sie hinzu: »Er hat mir nur erzählt, wie ihr euch in Tian-Dshi kennen gelernt habt. Und natürlich von der Sache mit Yu Nan und dem Zeitlosen Sarkophag.«
    Liyen sah auf. »Sonst nichts?«
    »Doch ...« Endriel brachte es nur mit Mühe über die Lippen. »Dass du der einzige Mensch warst, von dem er dachte, dass er ihn wirklich kennt. Dass ihr gemeinsam auf euren Reisen erwachsen geworden seid. Und dass er dich geliebt hat. Wirklich geliebt.«
    Liyens Augen glänzten feucht, als sie lächelte. »Danke.«
    »Ansonsten wusste ich rein gar nichts von dir. Die Weißmäntel haben keine Aufzeichnungen über dich, und außer Kai schien dich niemand jemals gesehen zu haben. Manchmal hatte ich schon befürchtet, du wärst nur eine Erfindung von ihm.«
    »Möchtest du meine Geschichte hören? Vielleicht hilft es dir damit .« Liyen deutete auf die Armschiene.
    Zu ihrer eigenen Überraschung nickte Endriel. »Alles andere scheint uns ja nicht weiter zu bringen ...«
    »Also gut ...« Liyen lehnte sich gegen die Schiffswand, die Hände gefaltet und in den Schoß gelegt. Während sie noch überlegte, wo sie beginnen sollte, setzte sich Endriel kerzengerade hin, die linke Hand auf den Kristallen. Sie hörte aufmerksam zu, bemüht, jedes mögliche Schlüsselwort im Gedanken zu wiederholen.
    »Ich wurde in Lorsha geboren, einem winzigen Fischerdorf am Großen Meer«, begann Liyen schließlich. »Die Zeit ist da oben stehen geblieben. Es gibt nur ein paar windschiefe Hütten auf grauen Klippen, direkt über dem grauen Meer; die Dächer sind manchmal löchriger als die Fangnetze. Wir hatten meistens Nebel, und wenn wir keinen Nebel hatten, dann gab es Eisregen, und wenn es keinen Eisregen gab, dann schneite es.
    Ich bin nur unter Menschen aufgewachsen – was ziemlich langweilig war, wie du dir sicher vorstellen

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