Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
Miko die Brücke betrat, stand Keru hinter dem Steuer. Er drehte sich nicht um, aber Miko wusste genau, dass der Skria ihn erkannt hatte, lange bevor er eingetreten war. Vielleicht hatte er es aus seinen Schritten herausgehört oder ihn gewittert. Jedenfalls schien ihn sein Besuch nicht zu überraschen. Andererseits – wann hatte er Keru jemals überrascht gesehen?
    »Was willst du, Junge?«
    Miko zuckte zusammen, als er die mächtige Stimme hörte. »Ich, äh – ach, ist schon gut. Ich hab mich in der Tür geirrt.« Er machte Anstalten, wieder zu gehen. Doch im letzten Moment entschied er sich anders. »Keru, kann ich ... kann ich mit dir reden?«
    Der Skria gab ein Knurren von sich, das alles bedeuten konnte, von »Wenn’s sein muss« bis »verschwinde und mach die Tür hinter dir zu«.
    Miko setzte sich auf den Diwan rechts von der Konsole, darauf bedacht, dass seine Schuhe den gestreiften Leinenbezug nicht berührten. Vorsichtig betrachtete er Kerus Profil; er hatte noch nie sagen können, was in dem Bordingenieur vor sich ging (außer, wenn er wütend war – das konnte niemand falsch interpretieren), und es tröstete ihn nur wenig, dass es allen anderen an Bord genauso ging, Kapitän Naguun eingeschlossen.
    »Hast du jetzt genug gestarrt?«
    Miko zuckte zusammen. »Entschuldigung, ich wollte –!«
    »Reden, dachte ich.«
    »J-Ja.« Er hatte keine Ahnung, wie er die Gedanken, die ihn beschäftigten, in Worte kleiden sollte. »Die-Die Sache mit den Piraten ... sie geht mir nicht aus dem Kopf.«
    Keru hielt den Blick starr auf das Schneegestöber jenseits der Brücke gerichtet. »Und?«
    Mikos Handflächen waren klatschnass. Mit Keru zu sprechen war immer ein Kraftakt. »Sie ... du ... Ich meine, musstest du sie unbedingt –?«
    »Ja.«
    »Hätte es nicht gereicht, sie einfach bewusstlos –?«
    »Nein.«
    »Aber –!«
    »Man weiß nie, wann sie wieder aufstehen. Das Risiko konnte ich nicht eingehen.« Kerus Pranken drehten das Steuer, korrigierten den Kurs. »Du hast Angst vor mir.«
    »Nein«, sagte Miko und spürte, wie er bei der Lüge rot wurde. »Ja ... Manchmal schon.«
    Keru blieb stumm, als habe er nichts anderes erwartet.
    »Wie ... wie fühlt sich das an? Jemanden zu töten?«
    Nach wie vor sah ihn der Skria nicht an. »Ich versuche, überhaupt nichts dabei zu fühlen«
    Miko erinnerte sich, wie er gezittert und um sein Leben gebangt hatte, als er der Skria-Piratin gegenüber gestanden hatte. Wie konnte man das abstellen? »Heißt das, du ... machst es ganz automatisch, wie atmen, ohne nachzudenken?«
    »Das heißt, dass ich mir kein Gewissen leisten kann, wenn ich es tue«, erklärte Keru.
    »Und hast du gar keine Angst, einfach dein Leben für uns zu riskieren? Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob du uns überhaupt magst.«
    Keru blieb ihm die die Antwort schuldig.
    Mikos Schultern sanken herab. Sein Blick verlor sich in der Schwärze draußen. Schneeflocken, so dick wie Daunen, wehten gegen das Brückenglas, als wäre der Himmel ein dunkles Kissen, das jemand ausschüttelte. »Ich habe oft darüber nachgedacht, wie es wäre ... wenn jemand meinen Vater umbringt«, gestand er leise. »Damit meine Mutter und ich endlich vor ihm sicher sind. Ich hab mir eine Million Mal gewünscht, der Blitz würde ihn treffen. Oder ein Meteorit. Oder ein abstürzendes Drachenschiff, oder –
    Keru gab ein »Ist ja gut!«-Knurren von sich.
    »‘tschuldigung! I-Ich wollte auch nur sagen ... dass ich niemals dran gedacht habe, es selbst zu tun. Egal, was jemand getan hat, ich weiß nicht ... ob der Tod die richtige Antwort ist. Ich meine, es gibt schon so viel davon, es muss doch auch anders gehen.«
    »Keine Sorge: Beim nächsten Piratenüberfall halte ich Tee und Kuchen bereit.«
    »Das wollte ich damit nicht sagen!« Miko schob sich enttäuscht eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich –!«
    »Ich weiß , was du sagen willst. Nur ist es leider nicht so einfach, Junge. Sei froh, dass es Leute wie mich gibt und du deine Unschuld behalten kannst.«
    Entmutigt ließ Miko von weiteren Fragen ab. Nur eines lag ihm noch auf dem Herzen: »Auf jeden Fall: danke.«
    »Wofür?«
    »Dass du uns vorhin wahrscheinlich das Leben gerettet hast.«
    »Schon gut«, schnaubte Keru. Dann wandte er sich dem jungen Menschen zu. Sein Blick wirkte eine Winzigkeit weniger abweisend als üblich. »Und jetzt denk an was anderes.«
    Gemeinsam beobachteten sie den Schneefall. Miko konnte draußen weder Sterne noch Monde erkennen. »Glaubst

Weitere Kostenlose Bücher