Rückkehr nach St. Elwine
modisch nicht ganz up to date ist. Sie verstehen schon. Also, hab ich mir gedacht, fahr mit dem Lift nach oben und sprich einfach mal mit den Chefs persönlich. Ältere Herren haben meist mehr Mitleid mit einer alleinerziehenden Mutter. Ich meine, sehen Sie sich doch nur mal um! Dies ist eine riesige Firma. Da muss es doch noch irgendeinen kleinen Aushilfsjob geben.“
„ Ältere Herren, wie meinen Sie das, Mrs. Usher?“ Joshs Mundwinkel zuckten leicht und auf Marcs Gesicht breitete sich ein amüsiertes Grinsen aus.
„ Na, für gewöhnlich sind in diesem Land die großen Chefs doch alle um die fünfzig, wenn nicht sogar älter. Mancher trägt auch bereits einen kultivierten kleinen Bauchansatz. Als ich noch zur Schule ging, da durfte ich immer Dallas oder Denver Clan im Fernsehen schauen. Bei Ihnen hieß Denver Clan, glaube ich Dynastie. Offiziell war natürlich kein Westfernsehen erlaubt. Aber geguckt haben’s wohl alle. Na wie auch immer. Jedenfalls Alexis, das Biest, die mir im Übrigen immer viel besser gefiel als diese langweilige, ach so brave Crystal, konnte man ja nun wirklich nicht mehr als ganz jung bezeichnen. Na, ist ja jetzt auch egal. Um noch mal auf diese kurz angebundene Personalchefin zu kommen, die zu mir sagte, sie könne zurzeit niemanden einstellen. Ich habe sie nämlich auf den Kopf drauf zu gefragt, wer dies denn angeordnet hat. Da schenkte sie mir über die Ränder ihrer Brille so einen Blick. Na Sie wissen schon. Bevor sie sich dann dazu herabließ mir zu antworten, Mr. Tanner und Mr. Cumberland natürlich. Haben Sie etwa das große Firmenschild am Hauptportal nicht gesehen? Hatte ich schon, nur habe ich nicht eben sonderlich darauf geachtet, was da so alles zu lesen war. Mein Fehler, hab ich der Dame zuckersüß geantwortet. Daraufhin hat sie unser Gespräch als beendet betrachtet. Den Rest kennen Sie ja bereits. Ich werde hier warten bis die beiden Chefs aufkreuzen. Die dehnen ihre Mittagspause wahrscheinlich nach Belieben aus, was? Na, das ist wohl überall das Gleiche.“
„ Wahrscheinlich.“ Marc grinste Josh an.
Die Frau konnte ja wirklich reden ohne Luft zu holen. Er hatte selten erlebt, dass jemand in so kurzer Zeit diese Unmenge von Wörtern ausspuckte. Die Kleine war der reinste Wasserfall. Sprudel, sprudel, sprudel . Er überlegte bereits etwas boshaft, ob er sie hier bis in alle Ewigkeit auf die älteren Herren warten lassen sollte. Doch Josh, der Gütige, mit dem großen Herzen, hatte längst seine schlechten Gedanken erraten. Ihm tat die Frau leid. War ja auch nicht anders zu erwarten. Er schüttelte jetzt fast unmerklich den Kopf in Marcs Richtung. Na schön, wenn es denn schon sein muss.
Doch die Frau kam ihm schon wieder zuvor.
„ Ich glaube im ROW, dass war ein großer Betrieb in meiner Heimatstadt. Brillen aus Rathenow, haben Sie vielleicht schon mal gehört?“ Floriane machte eine kurze Pause, wie um sich zu vergewissern, ob ihre Gesprächspartner ihr noch folgen konnten. Sogleich fuhr sie weiter fort: „Wohl eher nicht. Dachte ich mir ohnehin schon. Also im ROW und auch in den umliegenden LPG’n haben sich die Vorsitzenden ihre Zeit auch gern nach Belieben eingeteilt. Tja so sieht`s aus in der Welt, egal in welchem Land, egal in was für einer Gesellschaftsordnung. Chef bleibt eben Chef.“
Was faselte diese Quasselstrippe denn da bloß? Marc hatte nicht den leisesten Schimmer. Und beschloss, der Sache ein Ende zu machen.
Old Shatterhand hüstelte leicht und hob kurz die rechte Hand. Niedlich wie ein ABC Schütze in der Grundschule. Sie lächelte ihn an, bis ihr mit einem Mal aufging, dass er wahrscheinlich etwas zu sagen gedachte und jedoch viel zu höflich war, um sie zu unterbrechen. Flo hörte abrupt auf zu reden und blinzelte ihn erwartungsvoll an.
„ Ehm, Mrs. Usher, Sie brauchen nicht länger zu warten.“
„ Häh?“
„ Auf die älteren Herren, meine ich. Die werden nicht kommen. Da bin ich mir sogar ziemlich sicher.“
Old Shatterhand versuchte zwar sehr sachlich zu klingen, doch Floriane hörte, wie er am Ende kaum ein kleines Kicksen unterdrücken konnte. Der edle Häuptlingssohn verbarg sein Grinsen immerhin hinter vor gehaltener Hand und fuhr sich hastig über die Nase.
„ Oh, schade. Auf Dienstreise oder etwas in der Art?“ Ihre Frage hing im Raum wie schlecht abziehende Luft.
Am liebsten hätte Marc „ja“ gesagt. Fing aber bereits Joshs vorwurfsvollen Blick aus den sanftbraunen Augen auf. Er räusperte sich rasch und nutzte
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