Rückkehr nach St. Elwine
Weiß sie, wie verliebt du damals in sie warst?“
Josh hörte abrupt auf zu kauen. „Nein.“
„ Warum hast du es ihr nicht gesagt?“, hakte sie interessiert nach.
„ Ich habe es versucht. Aber sie hätte mir wohl ohnehin nicht geglaubt“, gab er zu.
„ Und, hast du vor, wieder mit ihr anzubändeln?“
Sie ließ einfach nicht locker.
„ Was für ein blödes Wort.“ Missbilligend rümpfte er die Nase.
„ Hast du oder hast du nicht?“, wollte Angelina wissen.
„ Ich weiß es nicht.“
„ Sag schon!“
„ So einfach ist die Sache nicht. Inzwischen ist eine Menge geschehen.“
Er fühlte sich unbehaglich unter ihrem forschenden Blick und wich ihm aus.
Seine vorsichtigen Antworten ließen Angelina jedoch erst recht aufhorchen. Er hatte dieses Mädchen von jeher gewollt. Warum nur konnte Liz das denn nicht sehen? Natürlich hatte Josh Recht. Es war viel passiert. Vor allem aber, war er sehr vorsichtig geworden, was gewisse Dinge anging und sie verstand ihn nur zu gut. Einerseits war Angelina sehr froh darüber, da sie von klein auf wie eine zweite Mutter über ihn wachte. Sie konnte so eine Glucke sein, das wusste sie selbst. Doch andererseits, versetzte es ihr jedes Mal einen kleinen Stich, wenn sie bemerkte, wie er sich innerlich zurückzog, sobald in den vergangenen Jahren die Sprache auf Elizabeth Crane gekommen war.
„ Hallo, Onkel Josh.“ Leah rannte quer durch die Küche und stürzte sich in seine Arme.
Er zog sie zärtlich an sich und drückte ihr ein Küsschen auf die Wange. „Hallo, Prinzessin!“
„ Ich bin keine Prinzessin. Ich bin ein richtiges Mädchen.“
Sie zog missbilligend ihr Näschen kraus und schaute zu ihm auf, den Kopf weit in den Nacken gelegt. Josh kam ihr entgegen und kniete sich vor seiner Nichte nieder.
„ Tatsächlich? Keine Prinzessin?“ Er tat, als inspiziere er eingehend ihr wunderhübsches Gesicht.
„ Nein, ein richtiges Mädchen“, wiederholte sie, wobei sie dem Wort richtiges eine ganz besondere Betonung gab.
„ Entschuldige bitte! Ich vergesse das jedes Mal, wenn ich dich ansehe.“ Josh verzog rasch sein Gesicht zu einer leicht zerknirschten Grimasse.
Die Kleine kicherte und linste zu ihrer Mutter hinüber.
Angelina lächelte zurück. Doch es versetzte ihr immer einen Stich, wenn Josh ihre Tochter so unendlich liebevoll anschaute. Wie konnte er nur diesen Schmerz ertragen? Er hatte sein Leben, gottlob, wieder in den Griff bekommen. Sie bewunderte ihn dafür. Natürlich traten zwangsläufig immer wieder Momente auf, in denen der Schmerz gnadenlos auf ihn einhämmerte. Das wusste sie genau. Wie könnte sie selbst wohl jemals weiterleben, wenn Leah etwas Schlimmes zustoßen würde? Bereits der Gedanke war kaum zu ertragen und ein kalter Schauer lief ihr über das Rückgrat, obwohl er nur einen Hauch einer angedeuteten Vorstellung von dem war, was man dann tatsächlich fühlte. Vielleicht war es auch ganz gut so, dass ihr Gehirn ihr jene Funktion verweigerte und sie so vor etwas schützte, dass zu durchleben sie nicht einmal ihrem ärgsten Feind wünschte. Ihr Bruder hatte dieses Unglück erlebt, ohne dass sie ihm wirklich hatte helfen können. Von einem solchen Schlag erholte man sich nie, überlegte sie und bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Doch dieses Gefühl verschwand so rasch, wie es über sie hergefallen war.
„ Ich habe Hunger.“ Leah biss arglos in den Apfel ihres Onkels.
„ Danke, möchtest du vielleicht einen Happen von meinem Apfel?“ Josh lächelte.
„ Du weißt, dass man das nicht einfach macht!“ Angelina sah ihre Tochter streng an.
„ Du hilfst mir jetzt den Tisch decken! Wir essen draußen auf der Terrasse.“
Leah verzog ihren Mund zu einer Schnute, besann sich aber anscheinend und zog die Schublade mit dem Besteck auf. Mit Gabeln und Messer beladen, trottete sie davon.
„ Du lässt ihr zu viel durchgehen, Josh.“
Angelina legte ihrem Bruder sanft eine Hand auf die Wange. In ihren melancholischen Augenblicken hatte sie stets das Bedürfnis ihn zu berühren. Da er es meist anstandslos zuließ, wusste sie, wie sehr er sich nach körperlicher Wärme sehnte.
Ja, er war sehr vorsichtig geworden, was seine Beziehungen zu Frauen anbelangte. Nur oberflächlichen Sex, darüber hinaus gab es nichts. Natürlich sprach er nicht darüber, jedenfalls nicht mit ihr. Aber Angelina wusste es, obwohl er ziemlich diskret vorging. Sie fand, einige der Frauen, mit denen er ins Bett ging, hätten ebenfalls gut daran getan.
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