Rückkehr nach St. Elwine
wollte wirklich nicht deine Gefühle verletzen“, stammelte er zögernd. „Hab mir eingebildet, du hast vielleicht genauso viel...“ Er schien nach einem passenden Wort zu suchen. „Lust?“ Josh sah ihr kurz in die Augen. „Genauso viel Lust wie ich. Aber, na ja. War wohl nicht so. Ich... ich möchte mich bei dir entschuldigen.“
Sie starrte ihn verblüfft an und blinzelte dann irritiert. Wenn sie alles erwartet hätte, aber das nicht. Joshua Tanner kniete hier nahezu vor ihr nieder und bat sie um Verzeihung. Das war süß. Das war sogar richtig süß. So etwas hätte sie ihm nie und nimmer zugetraut. Niemals.
„ Kann ... äh, darf ... ich dich vielleicht irgendwie zu ’nem Eis einladen?“
„ Das ist nicht nötig, Tanner. Ich bin okay. Mir geht’s gut. Es ist schließlich nichts passiert zwischen uns, nicht wahr?“
Wie man’s nimmt.
„ Na, dann vielleicht eine Tasse heiße Schokolade?“, fragte er leise und wich noch immer etwas ihrem Blick aus.
„ Du gibst wohl nie auf, was?“
„ Nein, nie.“
Sein altes, leicht spöttisches Lächeln zeigte sich bereits wieder um die Mundwinkel herum. Doch plötzlich senkten sich seine Lider. „Ich... ich muss noch etwas wissen, Liz.“ Er machte eine kurze Pause.
Sie nickte.
„ Das du gestern nicht wolltest, hat das etwas mit mir zu tun? Ich meine ...“ Wieder schien er nach Worten zu suchen. „Bin ich dir so zuwider, dass du dir nicht vorstellen kannst... niemals...“, er brach frustriert ab. „Ach verdammt. Ich bin völlig durcheinander.“
Außer Frust hörte Elizabeth jedoch eine Spur von Verletztheit aus seiner Stimme. Zutiefst gerührt ergriff sie deshalb, ohne nachzudenken, seine Hand. „Nein, nein. Das darfst du nicht denken! Ich weiß nicht, woher plötzlich diese... Panik kam.“ Lügnerin „Lass uns einfach nicht mehr darüber reden, okay?“
„ Einverstanden.“
„ Was ist nun mit der heißen Schokolade, die du mir versprochen hast?“ Sie grinste ihn an.
„ Versprochen? Na dann komm mit!“
Sie wusste nicht, dass er zum ersten Mal in seinem Leben gebechert hatte, was das Zeug hielt, nur um dieses furchtbare Gefühl hinunter zu spülen. Josh hatte den ganzen Tag noch nichts Essbares zu sich nehmen können. Er hatte nur literweise Wasser getrunken, um das trockene Kratzen in seiner Kehle zu stillen.
Sie verbrachten einen angenehmen Nachmittag zusammen, ohne sich in ihren Gesprächen auf heikle Themen einzulassen. Schließlich fuhr Josh sie mit dem Wagen zurück nach Hause. Hinter den Fenstern flackerte das Licht ganz merkwürdig. Elizabeth beugte sich sofort vor und starrte stirnrunzelnd zum Haus rüber.
„ Mein Gott“, stieß sie plötzlich hervor, und schon rannte sie hinaus.
Josh folgte ihr eilig. Frederick Crane saß in der Küche. Er hatte sich höchstwahrscheinlich irgendetwas warm machen wollen. Die Flammen am Gasherd mussten dann einen Topflappen entzündet haben und schlugen bereits ziemlich hoch. Da waren sie ja gerade noch rechtzeitig aufgetaucht, um Schlimmeres zu verhindern.
Liz drehte das Gas ab, warf den Topflappen ins Spülbecken und ließ Wasser darüber laufen.
Josh öffnete rasch das Fenster, um Rauch und Gestank hinaus zu lassen.
Ihr Vater saß zusammengesunken auf einem Küchenstuhl und lehnte sich schwer gegen die Tischplatte. Vor ihm stand eine leere Flasche Jim Beam.
„ Er hat wohl ein bisschen was getrunken“, meinte Josh überflüssigerweise. Bei Elizabeth brannte eine Sicherung durch. „Bisschen was getrunken?“, brüllte sie außer sich. „Der ist hackevoll.“ Sie schnappte sich den Topf aus der Spüle und schüttete seinen Inhalt kurzerhand über ihrem Vater aus. Der sah sich prustend um.
„ Warum Daddy? Warum machst du immer alles kaputt?“, schrie sie ihn an.
Mein Gott, sie war ja völlig hysterisch.
Bestürzt legte Josh ihr eine Hand auf die Schulter.
Sie schüttelte sie ab, wie eine lästige Fliege. Gleich darauf drehte sie sich ganz langsam um und hob ihren Blick, um Josh ins Gesicht sehen zu können.
Seine Augen sagten ihr alles, was sie wissen wollte. Er verabscheute das, was sich hier abspielte. Natürlich, wieso sollte er auch nicht. Ihm lag ein ganzes Imperium zu Füßen, und er lebte nahezu in einem Schloss - als das jüngste Kind einer perfekten Familie. Ihre Wangen brannten vor Scham. Er brachte sie dazu, ihren Vater und dieses armselige Zuhause zu hassen. Der Zwiespalt in ihr war auch ohne seine Anwesenheit schon groß genug. Da brauchte sie ganz sicher nicht
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