Rückkehr nach Wedenbruck
kleine Nachfeier im Unterrichtsraum des Schulstalls zu veranstalten. Abends sollte sie stattfinden, wenn die Schüler auf ihren Zimmern waren und im Stall Ruhe herrschte. Billes Mutter hatte zugesagt, für den kulinarischen Teil des Festes zu sorgen, und in der Schulküche hatte man sich bereit erklärt, gegen Bezahlung eines Sonderpreises die Getränke zur Verfügung zu stellen. Schon am Nachmittag stand in einem Nebenraum, der teils als Abstellkammer, teils als Kaffeeküche diente, alles bereit: Leuchter und Kerzen, eine Tannengirlande und rotbackige Äpfel für die Tischdekoration, Teller, Gläser und Bestecke sowie Behälter mit Essen aller Art, vom Heringssalat bis hin zu Stollen und Lebkuchen. Nur die Getränke fehlten noch.
Es war ein verhexter Tag. Im Schulstall reparierte der Pole Watzek , ein Freund von Johnny aus Zirkustagen und genialer Handwerker, einige defekte Tränken in den Boxen. Das brachte eine Reihe von Unbequemlichkeiten mit sich, denn die betroffenen Vierbeiner mussten für die Dauer der Reparatur anderswo untergebracht werden. Auch wenn die Aktion nicht lange dauerte, es war ein ständiges Hin und Her.
Zu allem Unglück war in der Nacht zuvor Sturm aufgekommen, der sich von Stunde zu Stunde verstärkte. Am späten Nachmittag, es war gerade dunkel geworden, passierte es dann: Ein umstürzender Baum traf den Mast einer Überlandleitung, die Stromzufuhr war unterbrochen. Im Umkreis von mehreren Kilometern versank alles in Dunkelheit. Aus war es mit Unterricht, Hausaufgaben und sonstigen Pflichten. Die Reiter, die noch in der Halle waren, wurden aufgefordert, ihre Pferde in die Boxen zurückzubringen. Eine schwache Notbeleuchtung, von einem hofeigenen Aggregat gespeist, wies ihnen den Weg. Im Internat ließ man die Schüler in ihre Zimmer hinaufgehen. Dort sollten sie warten, bis der Strom wieder da war.
Im Büro und in der Küche verteilte man Taschenlampen. Achmed und Frieder, die Stallhelfer, machten früher Feierabend. Johnny lud Watzek zu einem Tee mit einem kräftigen Schuss Rum ein. Er besaß einen Spirituskocher, auf dem er Wasser erhitzen konnte.
Ärgerlich, die Unterbrechung, meinte Watzek , wo er doch mit seiner Arbeit fast fertig gewesen sei. Nur die eine Tränke in der hintersten Box fehlte noch! Aber da konnte man nun nichts machen.
„Morgen ist auch noch ein Tag“, sagte Johnny. „Komm, setz dich! Du hast für heute genug geschuftet.“ Watzek brummte. Er hasste es, eine angefangene Arbeit nicht zu Ende bringen zu können. Auch wenn die letzte Box leer stand und heute Abend sicher nicht benötigt wurde.
In der Reithalle kümmerte Bille sich darum, dass alle Schüler und ihre Pferde heil nach draußen kamen, ohne über die Stangen und Autoreifen auf dem Boden zu stolpern. Mini, die ihr auf Zottel assistiert und die Aufgaben vorgeritten hatte, verließ die Halle als Letzte.
„Ich stell Zottel erst mal in eine Box im Schulstall“, schlug sie vor. „Oder soll ich ihn zu Black Arrow bringen?“
„Nein, über den stockdunklen Hof jetzt, das muss wirklich nicht sein. Nach unsrer kleinen Party kann ich ihn mit rübernehmen, dann wird hoffentlich der Strom wieder da sein. Ich muss jetzt erst mal ins Schloss, zu einer Besprechung im Lehrerzimmer.“
„Über die Zwischenzeugnisse?“, fragte Mini lauernd. Bille schmunzelte. „Nein, über die Weihnachtsfeier. Mit den Zeugnissen habe ich ja nicht direkt was zu tun.“
„Schade. Ich hab gerade gedacht: So eine Zeugniskonferenz bei Kerzenlicht stimmt alle sicher wunderbar romantisch und milde.“
„Na, du hast doch nichts zu fürchten, Mini, oder?“
„Stimmt auch wieder. Okay. Bis später.“ Im schwachen Lichtschimmer der Notlämpchen brachte Mini Zottel in den Stall, schob ihn mit einem liebevollen Klaps in die leere Box und schloss die Tür sorgfältig. In der Sattelkammer tastete sie in ihrem Schrankfach nach ihrer Taschenlampe. Die Batterie war fast leer, typisch, dass man an so eine Möglichkeit nie rechtzeitig dachte! Gleich morgen würde sie eine neue besorgen. Für diesmal musste der schwache Schimmer reichen. Mini eilte hinter den anderen her durch den dunklen Park zum Schloss zurück.
Zur gleichen Zeit schickte Selma, die Köchin des Internats, Lisa mit einem Korb voller Thermoskannen zum Schulstall hinüber. „Während wir hier warten, dass der Strom wiederkommt, kannst du den Glühwein schon mal in die Kaffeeküche bringen. Der muss später drüben sowieso noch mal heiß gemacht werden. Hier, nimm die
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