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Rückkehr nach Wedenbruck

Rückkehr nach Wedenbruck

Titel: Rückkehr nach Wedenbruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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Taschenlampe mit.“
    „Ach was!“ Lisa lachte. „Ich hab Augen wie ’ne Katze. Außerdem brauch ich beide Hände zum Tragen.“ Damit machte sie sich auf den Weg.
    Oben in einem der Jungenzimmer, von einem Teelicht nur unzureichend beleuchtet, stand Otto am Fenster. Kilian und Mette, ein rundliches Mädchen mit großen braunen Augen, die sie auch im Dunkeln anhimmelnd auf Otto richtete, hockten am Tisch.
    „Was für ein Sturm! Ein geniales Wetter!“, lobte Otto das Brausen der Parkbäume und das Klappern der Fenster. „Und alles dunkel, das dauert noch Stunden, bis sie den Schaden repariert haben, wetten? Leute, mir kommt gerade eine super Idee ...“ Langsam wandte er sich zu den anderen beiden um und legte bedeutungsvoll den Finger an die Nasenspitze.
    „Was denn für eine, Otto?“, hauchte Mette schmachtend. Ihre Bewunderung für den stattlichen Jungen war grenzenlos.
    „Keiner kann uns in der Dunkelheit kontrollieren, richtig?“
    „Richtig“, bestätigten Mette und Kilian im Duett.
    „Ich weiß nicht, ob es eurer Aufmerksamkeit entgangen ist, dass in der Kaffeeküche im Schulstall jede Menge Dosen mit Weihnachtsgebäck stehen.“ Ottos Stimme klang salbungsvoll. Ein Prediger in der Wüste, der seinem Volk das Paradies verheißt. „Muss ich noch mehr sagen?“
    „Echt? Plätzchen und so?“ Kilian rieb sich erwartungsvoll den Bauch.
    „Plätzchen, Stollen - und jede Menge anderes Zeug. Na, was ist? Gehn wir?“
    „Klar doch. Nichts wie hin!“, jubelte Mette, die nach jeder Art von Süßigkeiten süchtig war.
    „Das ist eine Nachricht, die törnt einen echt an!“, fand auch Kilian.
    Kurz darauf tauchten drei vermummte Gestalten im Dunkel des Parks unter. Genau in diesem Augenblick fiel Watzek ein, dass er die Zeit, bis der Kaffee fertig war, dazu nutzen könnte, sein Werkzeug aus der Box zu holen. Er ging ohne Licht die Stallgasse hinunter und suchte in der Futterkrippe der Box seine Sachen zusammen. Das Ganze dauerte nur zwei Minuten. Die Boxentür ließ er offen.
    Nun war es einer mehr, der das leckere Angebot in der Kaffeeküche im Visier hatte. Einer, der bereits seit geraumer Zeit seine Nase in die Richtung der verlockenden Düfte gereckt hatte, tief betrübt, weil er keine Möglichkeit sah, aus seinem Gefängnis zu entwischen. Gnädiges Schicksal, das seine sehnsüchtigen Wünsche erhört hatte!
    Wenn ein Vierbeiner die Kunst des lautlosen Gehens beherrschte, dann war es Zottel! Schließlich macht Übung den Meister. Die Tür zur Kaffeeküche war nur angelehnt. Mit sanftem Druck schob Zottel sie auf. Das leise Quietschen der Scharniere übertönte der Sturm. Behutsam betrat das Pony den kleinen Raum und schob sich bis zur Anrichte vor, auf der alles für die abendliche Feier bereitstand.
    Da man nie wissen konnte, ob man nicht urplötzlich in seinem Vergnügen gestört wurde, befasste Zottel sich zunächst mit dem Einfachsten: dem Korb mit den Äpfeln. Der stand auf dem Fensterbrett. Da der Rand des Korbes hoch war und er Mühe hatte, an den Inhalt zu kommen, schubste Zottel ihn mit der Nase hinunter. Nun rollte die Pracht um seine Hufe, er konnte sich die besten Exemplare aussuchen.
    Genießerisch vertilgte Zottel vier Äpfel - dann hob er erschrocken den Kopf. Da näherten sich Schritte. Zottel wich in die Ecke zurück und erstarrte zur Statue. Jetzt tastete sich jemand durch die Tür, betrat den Raum und kam näher. Zottel schnaubte nervös. Seine Hufe begruben ein paar der am Boden liegenden Äpfel unter sich.
    Es klang hohl aus der Ecke, fremd und unwirklich, fand Lisa, deren Hände sich um den Korb mit den Kannen krampften. Das war mit keinem irdischen Geräusch zu vergleichen, dieses verhaltene Drohen, gemischt mit einem Ton, den man nur als ein feuchtes Zischen bezeichnen konnte. Junker Erasmus !, fuhr es Lisa durch den Kopf. Leichenblass und am ganzen Körper zitternd setzte das Mädchen die Kannen auf den Boden und ergriff, sich ihren Weg durch das Dunkel tastend, die Flucht.
    Zottel senkte den Kopf und schnupperte an dem Apfelbrei zu seinen Füßen. Er beschloss, sich erst mal den anderen Genüssen zuzuwenden. Sie schienen jedoch alle verpackt zu sein. Ärgerlich! Aber sich deshalb entmutigen lassen? Das kam für Zottel nicht in Frage!
    Unter einem Tuch befand sich ein Korb mit Honigkuchen. Na also! Zottel probierte einen und dann gleich noch einen zweiten. Köstlich! Die große, runde Blechdose daneben, in der in Scheiben geschnittener Stollen lag, war nur mit einer dünnen

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