Rückkehr nach Wedenbruck
Schicht Folie abgedeckt, die für Zottel kein Hindernis darstellte. Vorsichtig zog er sie mit den Zähnen beiseite und näherte seine Nase schnuppernd der duftenden Köstlichkeit.
Ein Geräusch von schleichenden Schritten ließ ihn aufhorchen. Zottel spitzte die Ohren. Da näherten sich wispernd mehrere Zweibeiner dem Ort seiner heimlichen Wonnen. Zottel verharrte regungslos an seinem Platz.
„Soll ich die Taschenlampe anmachen?“, flüsterte Kilian und schob sich durch die halb geöffnete Tür.
„Spinnst du?“ Das war Ottos Stimme. „Höchstens ein Streichholz, wenn wir drin sind. Die Sachen stehen da rechts auf der Anrichte. Aber Vorsicht, dass ihr ja keinen Lärm macht!“
Einer nach dem anderen betrat den Raum und tastete sich Zentimeter für Zentimeter behutsam an der Wand entlang.
Zottel verlagerte sein Gewicht ein wenig nach hinten, um sich zurückzuziehen, und schnaubte ärgerlich.
„Was war das?“, piepste Mette ängstlich.
„Ach, sicher der Sturm“, flüsterte Otto, obwohl auch ihn eine Gänsehaut überlief bei dem seltsamen Ton. „Ist da wer?“, zischte er ins Dunkel.
Wieder ertönte dieses Geräusch, begleitet von einem seltsamen Schleifen und Rascheln. Zottels Hinterteil hatte die Schranktür gestreift. Sie quietschte schauerlich.
Kilian, in einem Anfall von Todesmut, entzündete ein Streichholz. Es verlosch sofort. Auch ein zweites und ein drittes. „Okay, schnappen wir uns den Kram und hauen ab!“, schlug er mit mühsam unterdrücktem Beben in der Stimme vor.
„ Hohoho “, kam es dumpf aus der Ecke.
„Verdammt noch mal, ist da wer?“
Otto, Kilian und Mette standen ängstlich an die Wand gepresst in der Nähe der Tür, nicht sicher, ob sich da jemand einen Scherz mit ihnen erlaubte oder ob ... Aber nein, das konnte doch nicht sein! Kilian verdrängte den Gedanken an den Zorn des Junkers Erasmus energisch und versuchte es mit einem weiteren Streichholz.
Mette quiekte. „Da! Ich hab was gesehen! Augen ... da sind Augen in der Luft!“
„ Pssst ! Du spinnst ja total!“, murmelte Otto, ohne sich von der Stelle rühren zu können. Seine Beine fühlten sich an, als seien sie aus Schaumgummi. Trotzdem.
Jetzt bloß keine Schwäche zeigen, sonst war sein Ruf im Eimer! „Gib her!“ Damit entriss er Kilian die Streichhölzer und zündete gleich zwei auf einmal an. Sie schossen ihm wie kleine Raketen aus den Fingern und verloschen.
Zottel war gewarnt. Besser er verschwand hier. Aber vielleicht konnte er wenigstens von dem Stollen etwas mitgehen lassen. Der lag direkt vor ihm. Seine Nase senkte sich in den Blechbehälter. Eine Wolke von Puderzucker geriet ihm in die Nüstern. Zottel schnaubte heftig. Verstärkt von der Blechröhre, in der seine Nase steckte, glich der Ton den Trompeten von Jericho. Entsetzt riss er den Kopf hoch. Die Blechdose machte einen Salto durch die Luft und landete an Kilians Kopf. Der ergriff schreiend die Flucht. Doch jemand wollte ihn offenbar daran hindern, er geriet mit den Beinen in ein Hindernis, trat in Panik nach allen Seiten und beförderte die Thermoskannen, die Lisa auf dem Boden zurückgelassen hatte, nun seinerseits in hohem Bogen durch die Luft. Eine traf Otto in den Magen, die andere zerschellte splitternd am Schrank.
Zottel, in die Enge getrieben, wieherte entsetzt auf, doch das hörten die drei Helden schon nicht mehr. Begleitet von einer weiteren überirdischen Erscheinung, nämlich unheimlich aufflackerndem Licht, rasten sie aus dem Stall.
„Sieh mal an, der Strom kommt wieder“, sagte Johnny der Indianer angesichts der flackernden Lampen zu Watzek . „Das haben sie ja schnell hingekriegt. Hätt ich gar nicht gedacht. Ich geh mal nachsehen, ob alles in Ordnung ist.“
Billes heimlicher Liebling
Kein Mensch erfuhr etwas davon, dass Otto, Kilian und Mette dem Stallgespenst persönlich begegnet waren. Die Zerstörungen in der Kaffeeküche schrieb Johnny Zottel zu. Doch da die Schuld für das Ausbrechen des Ponys bei Watzek lag, nahm er es ihm nicht übel. Der Schaden war schnell behoben, neuer Glühwein war bald beschafft, und zu essen gab es ohnehin mehr als genug. So sorgte Zottels Streich am Abend noch für andauerndes Gelächter. Man beschloss allerdings, Stillschweigen darüber zu bewahren. Am Ende kamen die Fünftklässler noch auf die Idee, das Pony mit Lebkuchen und Stollen zu füttern, und das war wirklich das Letzte, was Bille ihrem vierbeinigen Freund wünschte - auch wenn Zottel das vermutlich ganz anders sah.
So kam
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